Köln | Report-k.de sprach mit Dr. Matthias Welpmann, MdR, der sich bei den Grünen um ein Bundestagsmandat bewerben will und sich einen aussichtsreichen Listenplatz erhofft. Sein Credo ist, dass er mit Fachkompetenz das Kernthema der Grünen, die Umweltpolitik voranbringen will. Lesen Sie spannende Thesen zur Müllverbrennung und Kreislaufwirtschaft, Artenvielfalt und zum Thema Mineralwasser.

report-k.de: Herr Welpmann, Sie interessieren sich für einen aussichtsreichen Listenplatz für die Bundestagswahl 2013. Was qualifiziert Sie?
Dr. Matthias Welpmann: Ich bin Umweltexperte. Nach dem Studium der Geografie mit den Nebenfächern Biologie und Geologie habe ich zum Thema lokale Klimaforschung promoviert. Seit 15 Jahren arbeite ich im angewandten Umweltschutz, zunächst in einem Ingenieurbüro,dann in der kommunalen Umweltverwaltung und heute in einer Stadtentwicklungsgesellschaft. Seit über sieben Jahren bin ich in der Kommunalpolitik in Köln aktiv und seit drei Jahren Mitglied im Kölner Rat. Dort arbeite ich unter anderem im Umweltausschuss. Schwerpunkte meiner politischen Arbeit sind der Klimaschutz, der Arten- und Naturschutz und der Schutz des Bodens, aber auch das Thema Flächenverbrauch – wie wir es aktuell wieder in Widdersdorf Süd als Negativbeispiel erleben. Mit meinen substantiellen Kenntnissen und Erfahrungen traue ich mir zu, mit anderen Fachpolitikern, Umweltverbänden und Lobbygruppen vertieft zu diskutieren und im ökologischen Sinne gute gesetzliche Lösungen zu finden.

Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Köln hatte bislang immer zwei Grüne Mandate im Bundestag. Seit 1994 besetzen diese beiden Mandate Volker Beck und Kerstin Müller, die aber 2013 nicht mehr antritt. Diese beiden Plätze werden immer paritätisch von einer Frau und einem Mann besetzt.

Dann pitchen Sie also sozusagen gegen Volker Beck?
Ja und Nein. Ich möchte mich mit einem klaren umweltpolitischen Profil um einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste bewerben und auch einen Diskussionsprozess bei den Grünen anstoßen. Derzeit ist es so, dass der regionale Proporz auch bei den Grünen einen erheblichen Einfluss hat. Das kann dazu führen, dass die regionale Herkunft bei der Zusammenstellung der Liste schwerer wiegt als fachliche und politische Kompetenz. Ich glaube, wir müssen den Kompetenzfaktor gegenüber der regionalen Herkunft stärken. Bei der jetzigen Ausgangslage, dass die Kölner Grünen also genau eine Frau und einen Mann in den Bundestag entsenden, kommt es für mich zwangsläufig zu einer Konkurrenz mit Volker Beck.

Gibt es im Bundestag in der grünen Fraktion zu wenig Kompetenz?
Nein, die grüne Bundestagsfraktion ist in vielen Themen und auch im Umweltbereich kompetent besetzt. Dennoch glaube ich, dass die Grünen ihr Profil gerade im klassischen Umweltschutz durch eine größere Zahl entsprechend qualifizierter Abgeordneter schärfen müssen. Bei Umfragen bekommen wir schließlich regelmäßig gesagt, dass uns 2/3 der Menschen in Deutschland in diesem Bereich die höchste Kompetenz zuschreiben. Ich glaube, wir haben im Umweltschutz noch Luft nach oben – das gilt übrigens auf der Länderebene wie auch im Bund. Genau in diesem Politikfeld möchte ich mich dafür einsetzen, dass wir Grüne unserem ökologischen und umweltbewussten Anspruch auch gerecht werden.

Vorausgesetzt Sie schaffen es in den Bundestag, wo würden Sie Ihre Schwerpunkte setzen?
Drei Themen bewegen mich besonders. Das ist zum einen der Artenschutz und die Artenvielfalt. Das ist ein globales Thema, aber auch in Deutschland beschleunigt sich der Verlust der Artenvielfalt besonders durch die Agro-Industrie. Hier müssen wir dringend auf Bundesebene umsteuern, denn die aktuelle Praxis Großbetriebe zu fördern beschleunigt massiv die Verschlechterung der Situation. Viele Menschen denken bei diesem Thema nur an den Regenwald, aber der Rückgang der Artenvielfalt spielt sich auch hier vor unserer Haustür ab. Die industrielle Landwirtschaft zerstört kleinteilige Landschaftsstrukturen und greift damit massiv in Flora und Fauna ein.

Mein zweiter Schwerpunkt ist die Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Ganz konkret geht es aktuell um die Müllverbrennung. Damit meine ich nicht die, wie sie in Niehl in der Müllverbrennungsanlage stattfindet, sondern die Mitverbrennung von Müll in Ersatzbrennstoffanlagen. Eine der bundesweit größten dieser Anlagen steht übrigens in Hürth-Knapsack.

Wo liegt das Problem?
In Zementfabriken und Kraftwerken darf in Deutschland derzeit Müll als sogenannter Ersatzbrennstoff mitverbrannt werden. Diese Anlagen verfügen aber nicht über geeignete Filtersysteme, sondern pusten die Schadstoffe weitgehend ungefiltert in die Umgebung. Dabei werden unter anderem hochtoxische Stoffe wie Dioxine, Furane und Quecksilber freigesetzt. Ich nenne das einen Skandal, denn diese Anlagen erzeugen großflächige Belastungen und damit die Altlasten von morgen. Zudem bilden sie eine Billig-Konkurrenz zu den Müllverbrennungsanlagen mit guter Filtertechnik und verzerren damit den Wettbewerb. Hier muss die Bundespolitik handeln und das Immissionsschutzrecht ändern. Zudem möchte ich erreichen, dass wir ein echtes Recycling erhalten und eine Verwertungsstruktur für hochwertiges Recycling schaffen.

Mein dritter Schwerpunkt ist der Flächenverbrauch. Jeden Tag werden NRW 10 ha Freifläche versiegelt, 80 ha in Deutschland. Dazu gehören auch hochwertige Ackerböden, wie zuletzt in Köln in Widdersdorf Süd, wo beste Lößböden einer suburbanen Siedlung zum Opfer fallen. Durch eine solche Siedlungsentwicklung ergibt sich eine ganze Kaskade von Umweltproblemen, vom Verlust der zuvor genannten Artenvielfalt über klimatische Effekte und unnötigen Kraftfahrzeugverkehr bis hin zu Ernährungsthemen, wenn die Agrarflächen knapp werden. Hier muss es bundespolitisch andere Rahmenbedingungen geben. Etwa die Abschaffung der Pendlerpauschale, die die Zersiedlung befördert. Ganz wesentlich ist aber auch, dass das Baurecht derzeit generell Vorrang vor dem Umweltrecht hat. Beides muss dringend auf Augenhöhe gebracht werden. Der Vorrang des Baurechts muss abgeschafft werden und es muss ein wirklich abgewogener Ausgleich geschaffen werden zwischen Baurecht und Umweltrecht.

Herr Welpmann, Sie haben uns erzählt, dass sie nichts von Mineralwasser halten. Warum?
Mineralwasser ist überflüssig. Das Wasser aus der Leitung hat eine höhere Qualität als Mineralwasser, denn es unterliegt in Deutschland der Trinkwasserschutzverordnung. Jedes Leitungswasser – in Köln gerne auch Kranwasser genannt – ist zertifiziert und unterliegt den weltweit strengsten Vorgaben. Beim Mineralwasser ist das nicht so, dieses unterliegt nur der Mineralwasserverordnung mit laxeren Werten. Es gibt auch keine gesundheitlichen Vorteile des Mineralwassers, auch wenn uns das die Abfüller einreden wollen.

Wenn jetzt aber jemand sprudelndes Wasser haben möchte?
Dann kann er einen Sprudler nutzen. Und lassen Sie mich etwas ergänzen: Die Bürger belasten ihre eigenen Geldbeutel doch viel mehr mit dem Kauf von Mineralwasser. Rechnen Sie sich doch einmal aus, was ein Kubikmeter Wasser, also tausend Liter, bei Ihrem Wasserversorger kostet und wie viel ein Liter Mineralwasser. Dazu die Schlepperei. Neben den persönlichen Nachteilen gibt es natürlich auch gesellschaftliche, etwa Transportverkehre, die Herstellung der Glas- oder PET-Flaschen und so weiter und so weiter. Menschen die Leitungswasser trinken tun nicht nur etwas für Ihre Gesundheit und Ihren Geldbeutel, sondern auch für die Umwelt. Eine klassische Win-Win-Situation.

Herr Welpmann, wir danken für das Gespräch. Das Gespräch führte Andi Goral

Zur Person

Dr. Matthias Welpmann, 42, wurde in Osnabrück geboren und lebt seit 14 Jahren in Köln. Aufgewachsen ist er in der Kleinstadt Lengerich, seine Jugend verbrachte er in Dortmund, in Bonn studierte er und lebt jetzt in der größten Stadt Nordrhein-Westfalens. Damit, so sagt er, kenne er alle Strukturen NRW´s aus eigener Erfahrung. Seit der Kommunalwahl 2009 sitzt Dr. Welpmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kölner Stadtrat.

Autor: Andi Goral