Daniel Rabe. Foto: privat

Köln | Der Unmut in der Kölner Gastronomie ist spür- und lesbar dieser Tage.

Immer häufiger wird von Seiten vieler Wirte öffentlich das vermeintlich unverhältnismäßige Auftreten von Mitarbeitern des Ordnungsdienstes beklagt.

Aktuelles Beispiel in der Südstadt ist die Musikkneipe Torburg am Chlodwigplatz, deren Betreiber sich vom Ordnungsamt schikaniert fühlen und mit denen sich viele Menschen in den sozialen Netzwerken solidarisierten.

Im Interview: Daniel Rabe erklärt die Probleme der Gastronomie

Warum ist das Verhältnis derzeit so schlecht und was kann/muss sich ändern? Daniel Rabe ist jahrelang erfahrenener Gastronom in Köln und Mitbegründer der IG Kölner Gastro. Im Interview mit report-K stellt er seine Sicht als Wirt in der aktuellen Situation dar.

Herr Rabe, was ist der Grund, dass derzeit die Spannungen zwischen Mitarbeitern des Ordnungsdienstes und der Gastronomie geradezu hochkochen?

Rabe: Dass sie überhaupt keine Einsicht haben. Von Seiten der Stadt heißt es, die Gastronomen müssten nur in die Richtlinien gucken, es gebe keine Probleme. Aber das ist nicht so.

Wir haben unter uns sehr prominente Beispiele von Kollegen, die NICHTS SAGEN MÖCHTEN, WEIL SIE SORGEN HABEN UND ANGST

Daniel Rabe

Hat auch deshalb gerade in den sozialen Medien die Diskussion zugenommen?

Rabe: Ja. Man merkt, dass die Leute sensibilisiert sind. Die Torburg aktuell ist nur eines von vielen Beispielen. Viele Wirte haben unangenehme Erfahrungen gemacht, und wir finden, es ist an der Zeit das auszusprechen. Das ist wie bei der #MeToo-Bewegung, die Angst muss weg.

Was meinen Sie konkret mit „Die Angst muss weg“?

Rabe: Wir haben unter uns sehr prominente Beispiele von Kollegen, die nichts sagen möchten, weil sie Sorgen haben und Angst.

Allen Ernstes vor Schikanen? Kontrollen?

Rabe: Genau das. Es gibt Betriebe, die auf dem Kieker sind. Einzelne Mitarbeiter*innen, die kleine Feldzüge gehen. Es gibt auch viele, die supercool sind! Aber ein paar davon sind unfassbar.

Doch was halten Sie den Kritikern der Gastro entgegen? Die sagen, es werde zuviel gejammert, die Wirte hätten gerade in der Corona-Zeit viel Unterstützung erfahren und durch die Erweiterung der Außenflächen beispielsweise Freiheiten erhalten?

Rabe: Welches Interessen sollten wir haben uns mit denen anzulegen? Es gibt die Fälle, die es gibt. Das ist einer der Gründe, warum wir uns als IG Kölner Gastro gegründet haben. Die Pandemie ist das eine, aber was hat das mit Blumenkübeln zu tun oder der Tatsache, wenn sie nicht mit uns sprechen können? Diese Kriminalisierung ist lange gelernt, man denkt, dass man so mit der Gastro umgehen kann. Wir sind aber der drittgrößte Wirtschaftsfaktor. Niemand würde so mit der Auto- oder Chemieindustrie oder mit einer Marke wie Rewe umgehen.

Gibt es neben der Torburg weitere aktuelle Beispiele, über die man redet?

Rabe: Gestern Abend ist eine Stunde vor dem Spiel Deutschland gegen Italien kontrolliert worden, ob Fernseher draußen stehen. Ich frage mich und Sie: Warum muss man bei schönem Wetter den Leuten den Spaß verderben?

Symbolbild: Das Ordnungsamt im Einsatz in der Kölner Südstadt. Foto: Bopp

Weil es diese Regeln gibt?

Rabe: Regeln für Glühbirnen in Lichterketten, Schirmgrößen, Blumenkübel, Farbgestaltung, Checklisten? Man könnte so vieles, ja fast alles im normalen Gespräch klären. Stattdessen werden mitunter Terrassen ausgemessen, die gar kein öffentlicher Raum sind. Die Beamten wissen manchmal gar nicht selbst Bescheid. Egal, um was es geht, der Ton ist wichtig. Und der wird nicht getroffen.

Was schildern Kollegen in anderen Städten?

Rabe: Düsseldorf ist ein gutes Beispiel, unser ehemaliger Stadtdirektor ist nach Düsseldorf gegangen und sorgt für ein besseres Klima dort. Dort und auch z.B. in Münster lässt man mehr Freiheit zu. Wenn Sie mich so fragen, stehen wir auch im Vergleich zu Berlin, München und Hamburg deppert da.

Warum wäre eine Verbesserung des Klimas gerade jetzt wichtig?

Rabe: Die Sonne scheint, die Leute sitzen draußen gerade. Aber wir haben noch keine große Reservierung für Herbst oder Winter. Spätestens, wenn wir in die kältere Jahreszeit gehen, werden wir ein großes Problem bekommen, bis zu 50 Prozent der Gäste werden nicht in die Innenräume gehen. Dass sie sich da in der Politik nicht entspannen, kapiere ich nicht. Man könnte den Menschen sagen, dass Omikron nicht so gefährlich ist, stattdessen spricht Karl Lauterbach bereits von Sommer- und Herbstwelle. Ich finde in diesem Moment, wenn die Politik das tut, muss sie uns entschädigen. Wenn du als Beamter selbst 40 Prozent weniger Gehalt auf einmal hast, was meinst du wie schnell du die Hebel in Bewegung setzt?

Haben Sie einen Lösungsvorschlag?

Rabe: Ende 2023 sehen wir was Corona gemacht hat. Der Winter mit den letzten Monaten waren die schlimmsten, da gab es keine Hilfe mehr. Man muss hingehen und Umsatzausfälle kompensieren, alternativ kann man der Bevölkerung sagen, dass Omikron nicht gefährlich ist. Wir brauchen einen Runden Tisch mit von mir aus vier Kölsch abends, man könnte manches in 20 Minuten dort regeln. Und das Gestaltungshandbuch, das Sie angesprochen haben – das muss weg.