Köln Neue Sonderausstellung „Transit Chorweiler x Kollwitz“ gibt Einblicke in die Hip.Hop- und Grafiti-Kultur des Stadtteils.
Entworfen in den 60er Jahren als Utopie des sozialen Wohnungsbaus, wird der Kölner Stadtteil Chorweiler heute meist als „Problem-Quartier“ wahrgenommen. Hohe Arbeitslosen- und Migranten-Quoten und eine Skyline aus oft heruntergewirtschafteten Hochhäusern prägen bei vielen Menschen das Klischee vom Veedel.
In Chorweiler aufgewachsen sind der Fotograf Damian Zimmermann und der Leiter der Kreativwerkstatt Outline, Puya Bagheri. Aus ihrem Kontakt zu den Jugendlichen vor Ort wissen beide, welches kreative Potenzial in den Menschen im Stadtteil steckt. Seit acht Jahren bietet die vom Verein Outline getragene Kreativwerkstatt den jungen Bewohnern eine Anlaufstelle, wo sie gemeinsam ihre Hip-Hop- und Grafiti-Kultur leben und weiterentwickeln können.
„Damian Zimmermann ist mit seinen Porträts der fast 50 Kinder und Jugendlichen aus Chorweiler an uns herangetreten. Schnell wurden die Parallelen zwischen der Situation in Chorweiler und dem Leben und Werk von Käthe Kollwitz klar. Sie hat sozial benachteiligten Menschen aus ihrem Viertel, dem Prenzlauer Berg, in ihren Arbeiten ein Gesicht gegeben. Würde Kollwitz heute in Köln leben, wäre Chorweiler wohl eines der von ihr bevorzugten Viertel“, sagt Christian Nitz vom Kollwitz-Museum.
Dort wird noch bis zum 11. Dezember die Ausstellung „Transit – Chorweiler x Kollwitz“ gezeigt. Sie umfasst Zimmermanns Porträtfotografien sowie Graffiti, Texte und Musikvideos von den jungen Künstlern in der Kreativwerkstatt. Videos geben auch Einblicke in die Arbeit von Outline. Dazu kommen Interviews mit einzelnen Jugendlichen, die per Kopfhörer präsentiert werden.
„Puya und ich sind seit mehr als 20 Jahren Freunde. Von ihm kam die Anfrage nach Porträtfotos von den Kindern und Jugendlichen, die in seiner Kreativwerkstatt aktiv sind. Für mich war das auch ein Blick auf meine eigene Vergangenheit in Chorweiler. Eine Ausstellung im Museum war zunächst gar nicht geplant“, erinnert sich Zimmermann an die Anfänge des Projekts im Sommer 2022.
Die Porträts sollten nicht die gängigen Klischees bedienen
Wichtig waren dem Fotografen ungestellte Aufnahmen an Orten, die für die Porträtierten eine Bedeutung haben. „Es sollten aber nicht unbedingt die klassischen Klischees zu Chorweiler bedient werden. Deshalb habe ich auch auf Totalen verzichtet. Die porträtierte Person sollte klar im Mittelpunkt stehen.“ So entstanden ruhige Porträts von meist in sich gekehrten Menschen in ihrem Stadtteil.
„So eine Ausstellung im musealen Kontext empfinden die beteiligten Jugendlichen als prestigeträchtig. Sie waren auch vor Ort, um das Museum und die Künstlerin Käthe Kollwitz kennenzulernen. Die Frau hat ähnlich gearbeitet, wie wir das heute tun. Es ging um künstlerische Aspekte genauso wie um politische und soziale Themen. Wir betreiben politische Bildungsarbeit, legen den Fokus auf die urbane Jugendkultur und geben den jungen Menschen in Chorweiler eine Stimme. Dabei gibt es von uns die entsprechende Motivation und Inspiration. Ihren Weg müssen die Jugendlichen dann aber selbst gehen“, sagt Bagheri.
An der Wand, die von Jugendlichen aus der Kreativwerkstatt selbst gestaltet worden ist, werden viele Kunstformen und Genres der urbanen Jugendkultur vom Gedicht des 17-jährigen Murtada über Grafiti bis zur Anime-Illustration sichtbar. Offen steht auch noch die Ausstellung mit den Werken von Käthe Kollwitz. Das Museum selbst schließt am 12. Dezember seine Pforten für Umbauarbeiten.
Service Transit Chorweiler x Kollwitz, Käthe-Kollwitz-Museum, Neumarkt-Passage, Köln; Öffnungszeiten: Di-So 11-18 Uhr (1. Dezember 11-20 Uhr); Eintritt: drei (ermäßigt ein) Euro; Führungen: sonntags 15 und donnerstags 17 Uhr (1. Dezember 19 Uhr), Talk im Forum: „Chorweiler – Ansichtssache“, Mi. 7. Dezember, 18.30 Uhr.