Berlin/Moskau | Die internationale Staatengemeinschaft scheint sich einig zu sein, das eine russische Intervention auf der Krim eine Verletzung der ukrainischen Souveräntität und des Völkerrechts bedeuten würde. Der Sonntag und die Stimmen aus der Politik zusammengefasst.

Ukraine-Krise: Obama warnt Putin vor Isolation

US-Präsident Barack Obama hat seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin in einem Telefonat vor einer „politischen und wirtschaftlichen Isolation“ gewarnt, sollte sich Moskau nicht an internationales Recht halten. In dem 90-minütigen Gespräch habe Obama Putin aufgefordert, alle russischen Soldaten auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim in ihre Militärbasen zurückzubeordern, wie das Weiße Haus mitteilte. „Die Vereinigten Staaten verdammen die militärische Intervention Russlands“, sagte Obama in dem Telefongespräch.

Der US-Präsident wirft Russland eine Verletzung der ukrainischen Souveränität und des Völkerrechts vor. Nach Angaben des Kreml habe Putin „auf die von Barack Obama geäußerte Besorgnis über die Pläne einer möglichen Anwendung russischer Streitkräfte auf dem Territorium der Ukraine auf provokatorische und verbrecherische Aktivitäten ultranationalistischer Elemente“ verwiesen, die von den jetzigen Behörden in Kiew „faktisch ermuntert werden“. „Im Falle einer weiteren Verbreitung von Gewalt auf ostukrainische Regionen und die Krim behält sich Russland das Recht vor, seine Interessen und die Interessen der russischsprachigen Einwohner zu schützen“, teilte der Kreml weiter mit.

Am Samstag hatte sich der Konflikt um die Krim weiter zugespitzt: Der Föderationsrat, das Oberhaus der beiden russischen Parlamentskammern, stimmte einer Entsendung von Militärkräften in die Ukraine zu und entsprach damit einem Ersuchen von Putin, der zuvor um die Zustimmung zu einem Militäreinsatz auf der Krim gebeten hatte.

Ukrainischer Regierungschef: Krim-Besetzung ist Kriegserklärung

Der ukrainische Interims-Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sieht in den russischen Truppenbewegungen auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim eine Kriegserklärung gegen sein Land. „Wir fordern Putin auf, seine Truppen aus der Ukraine zurückzuziehen und die bilateralen Vereinbarungen zu beachten“, sagte Jazenjuk am Sonntag in einer Fernsehansprache. Wenn Putin der Präsident sein wolle, „der einen Krieg zwischen zwei Nachbarländern beginnen will, steht er kurz vor seinem Ziel“, warnte der ukrainische Interims-Ministerpräsident, der am vergangenen Donnerstag vom ukrainischen Parlament gewählt wurde.

Es habe keinen Grund für Russland gegeben, ukrainisches Staatsgebiet zu erobern. „Wir glauben, dass unsere westlichen Partner und die gesamte Weltgemeinschaft die territoriale Integrität und Einheit der Ukraine unterstützen und alles tun werden, was in ihrer Macht steht, um den militärischen Konflikt zu beenden“, so Jazenjuk.

Ukraine beruft Reservisten ein

Die ukrainische Führung hat in der Krise um die Schwarzmeer-Halbinsel Krim auf die russischen Truppenbewegungen reagiert und die Reservisten einberufen. Das Verteidigungsministerium sei angewiesen worden, alle benötigten Soldaten zusammenzurufen, sagte Andrej Parubij, Chef des ukrainischen Sicherheitsrats, am Sonntag. Unterdessen berichten russische Fernsehsender, dass ukrainische Soldaten auf der Krim angeblich massenhaft übergelaufen seien und sich den neuen pro-russischen Machthabern auf der Halbinsel angeschlossen hätten.

Bestätigt wurde dies von offizieller Seite bislang nicht. Am Samstag hatte sich der Konflikt um die Krim weiter zugespitzt: Der Föderationsrat, das Oberhaus der beiden russischen Parlamentskammern, stimmte einer Entsendung von Militärkräften in die Ukraine zu und entsprach damit einem Ersuchen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, der zuvor um die Zustimmung zu einem Militäreinsatz auf der Krim gebeten hatte.

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Die Internationalen Reaktionen

Kerry droht Russland wegen Krim-Krise mit Sanktionen

US-Außenminister John Kerry hat Russland wegen der faktischen Besetzung der Schwarzmeer-Halbinsel Krim mit Sanktionen gedroht. Moskau verhalte sich wie im 19. Jahrhundert und marschiere in fremde Länder ein, sagte Kerry im Gespräch mit dem US-Sender CBS am Sonntag. Die Gründe für die Invasion der Krim seien frei erfunden, so der US-Außenminister, der das Verhalten Moskaus als „unglaublichen Akt der Aggression“ verurteilte.

In dem Gespräch drohte Kerry Russland mit „sehr gravierenden Folgen“ und schloss dabei Sanktionen gegen den Kreml ein, die das Land wirtschaftlich isolieren könnten. Auch gezielte Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Konten seien möglich, erklärte der US-Außenminister.

Nato: Russland bedroht Frieden und Sicherheit in Europa

Nach Ansicht von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bedroht Russland in dem Konflikt um die Schwarzmeer-Halbinsel Krim den Frieden und die Sicherheit in Europa. Der Nato-Generalsekretär rief die russische Führung am Sonntag zu einer Entspannung der Lage auf. Rasmussen hatte zuvor eine Krisensitzung der 28 Nato-Mitgliedsländer einberufen.
Unterdessen hat die Ukraine nach Angaben des Übergangspräsidenten Alexander Turtschinow ihren Luftraum für Militärmaschinen gesperrt. „Wir stehen kurz vor einer Katastrophe“, sagte Turtschinow in einer Rede und drängte den russischen Präsidenten Wladimir Putin dazu, seine Truppen von der Krim abzuziehen. Vom Westen forderte Turtschinow „wirkliche Schritte“, um der Ukraine zu helfen.
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Die Reaktionen in Deutschland

Merkel wirft Putin Völkerrechtsbruch vor

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russlands Präsident Putin einen Verstoß gegen das Völkerrecht vorgeworfen. Die russische Intervention auf der Krim sei „unakzeptabel“, sagte Merkel Putin laut des stellvertretenden Regierungssprechers Georg Streiter am Sonntagabend in einem Telefonat. Beispielsweise habe Russland mit seinem Vorgehen gegen das „Budapester Memorandum“ aus dem Jahr 1994 verstoßen, ebenso gegen den Vertrag über die Schwarzmeerflotte von 1997. Putin habe jedoch in dem Telefonat einem Vorschlag der Kanzlerin zugestimmt, wonach eine internationale Kontaktgruppe eingerichtet werden soll.

Steinmeier hält an diplomatischer Lösung fest

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich für eine diplomatische Lösung der Krise in der Ukraine ausgesprochen. Es sei überaus wichtig, dass die Ukraine und Russland gemeinsam zu Gesprächen zusammengebracht werden würden, sagte Steinmeier im „Bericht aus Berlin“. Es sei positiv, dass der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk und der russische Ministerpräsident Medwedew miteinander telefoniert hätten.

Steinmeier sprach von einem „sehr gefährlichen Zustand“ auf der Krim. Es reiche nicht, nur international Sorge zum Ausdruck zu bringen, jedoch sprach sich Steinmeier nicht für Sanktionen gegen Russland aus. US-Außenminister Kerry hatte einen Ausschluss Russlands aus den G8-Staaten ins Gespräch gebracht.

Steinmeier sagte dazu, er wolle Deeskalieren und die Krise nicht verschärfen. „Das wird im Zweifel nicht helfen“. Die G8 seien eines der wenigen Instrumente, mit denen der Westen und Russland direkt miteinander sprächen.Dennoch müsse es Ziel der diplomatischen Bemühungen sein, dass die russischen Soldaten sich in ihre Kasernen zurückzögen.

Grüne fordern „klare und deutliche Reaktion“ von Europa

Die Grünen haben sich angesichts der Lage auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim für eine „klare und deutliche Reaktion“ von Europa und der Völkergemeinschaft ausgesprochen. „Der Einsatz russischer Truppen in der Ukraine ist eine massive Verletzung des Völkerrechtes, die Konsequenzen haben muss“, teilten Grünen-Chef Cem Özdemir, die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt und Rebecca Harms, Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahl, am Sonntag mit. Die EU müsse in dieser Situation gemeinsam handeln.

„Die Werte von Frieden, Rechtsstaatlichkeit und Souveränität zu verteidigen, ist eine gemeinsame Aufgabe und sie gegenüber russischer Autokratie zu verteidigen keine Sache der Ukraine allein“, so die Grünen-Politiker, die auch Sanktionen ins Spiel brachten: Wer eine friedliche Lösung wolle, müsse „auch deutlich über Sanktionen reden. Visabeschränkungen und Kontensperrungen für einen bestimmten Personenkreis gehören dazu.“ Auf den Prüfstand müssten dann allerdings auch die Energiegeschäftsbeziehungen und laufende Verhandlungen hierzu, hieß es seitens der Grünen weiter.

Der FDP-Spitzenkandidat für die Europawahl, Alexander Graf Lambsdorff, erklärte seinerseits, dass das Verhalten Russlands „eindeutig völkerrechtswidrig“ sei. Es sei eine Provokation mit fadenscheiniger Begründung, so der Freidemokrat. „Das Muster, zuerst russische Pässe auszuhändigen, um anschließend eine russische `Minderheit` zu `beschützen`, kennen wir bereits aus anderen Ländern, nicht zuletzt aus dem Georgien-Krieg im August 2008. Russland muss diese Provokationen umgehend einstellen und sich stattdessen mit der Regierung in Kiew, der Europäischen Union, eventuell im Rahmen der OSZE, zusammensetzen, um den Konflikt zu entschärfen“, forderte Lambsdorff.

Autor: dts