Köln | Die so genannte „Verkehrswende“ ist in vollem Gange. Jüngsten Ergebnissen einer bundesweiten Studie zum Mobilitätsverhalten zufolge ist auch Köln nicht mehr weit von seinen strategischen Zielen entfernt. 35 Prozent des Gesamtverkehrs in Köln war im Jahr 2017 motorisierter Individualverkehr (MIV).

Mit diesem Ergebnis steht Köln fast am Ziel eines Mobilitätsmixes, der im Strategiepapier „Köln mobil 2025“ festgelegt wurde. Demnach sollen sich die Verkehre in Köln gleichmäßiger als bisher auf die verschiedenen Verkehrsträger verteilen. Ein Drittel soll bis 2025 aber dennoch auf den MIV entfallen. Mit dem nun erzielten Wert von 35 Prozent liege man damit nur noch knapp darüber, kommentierte die Stadt die jüngsten Ergebnisse.

Vor allem beim Radverkehr hat Köln den Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen deutlich erhöhen können. Hier erhöhte sich der Anteil zwischen 2006 und 2017 von zwölf auf nunmehr 19 Prozent. Mit einem leichten Zuwachs auf 25 Prozent hat der Fußgängerverkehr etwas zugenommen. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln gab es mit einem Anteil von 21 Prozent keine Veränderungen zum Wert aus dem Jahr 2006.

„Mit dem Vorliegen erster Erhebungsergebnisse aus der bundesweiten Studie ‘Mobilität in Deutschland 2017‘ lässt sich nun erstmals wissenschaftlich belegen, dass sich Köln auf einem sehr guten Weg zur Erreichung dieses Ziels befindet. Ich bin optimistisch, dass wir durch unseren geplanten Ausbau der Nahverkehrs- und Fahrradinfrastruktur diese positive Entwicklung fortsetzen werden“, kommentierte Andrea Blome, Beigeordnete für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur, die aktuellen Zahlen.

Zahlen für MIV und ÖPNV missverständlich und irritierend

Während die Zunahme des Radverkehrs allenfalls in der Deutlichkeit überrascht – die städtischen Dauerzählstellen zeigen jährlich stetige Zunahmen des Radverkehrs – scheinen der starke Rückgang beim MIV und die Stagnation im öffentlichen Verkehr (ÖV) zunächst widersprüchlich zum subjektiven Empfinden bei der Betrachtung der Verkehrssituation in der Stadt. Bei dieser Erhebung wurden die Ein- und Auspendler nicht mitberücksichtigt. Deren Zahl ist jedoch gegenüber 2006 weiter gestiegen. In der Summe sind dies nach aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes jeweils rund 300.000 Aus- wie Einpendler. Der Anteil des MIV am Gesamtverkehr dürfte indes deutlich steigen, wären diese Zahlen eingerechnet.

Ebenfalls widersprüchlich erscheint die Stagnation des ÖPNV am gesamten Verkehrsmix. Zwar sind die Verkehrszahlen der KVB in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Diese Anstiege sind jedoch erklärbar mit dem Anstieg der Bevölkerung. In den elf Jahren zwischen 2006 und 2007 wuchs die Kölner Bevölkerung um rund 60.000 Personen an. Weil gerade in den Stoßzeiten die Kapazitäten der öffentlichen Verkehrsmittel geradezu ausgeschöpft sind, dürften selbst die jüngst beschlossenen Erweiterungen im Stadtbahn- und Busnetz eher den ÖPNV-Anteil stabilisieren helfen. „Einem weiteren Anstieg des ÖV-Anteils am Modal Split stehen die in den Hauptverkehrszeiten mittlerweile fast vollständig ausgeschöpften Kapazitätsreserven sowohl bei den S-Bahnen und Regionalbahnen als auch im Stadtbahnnetz der KVB entgegen“, so die offizielle Einschätzung der Stadt.

Weiterer Ausbau der Mobilitätsinfrastruktur notwendig

Für die Stadt sind die Ergebnisse dieser Studie dennoch zielführend. „Aus Sicht der städtischen Verkehrsplanung, aber auch unter Umweltschutzgesichtspunkten ist sehr erfreulich festzustellen, dass die Kölnerinnen und Kölner auf dem besten Wege sind, die angestrebte Verkehrswende zu vollziehen. Ein Erreichen der für 2025/2030 gesteckten Ziele im Bereich der Mobilität erscheint somit durchaus realistisch“, so das optimistisch klingende Teilfazit der Verkehrsverantwortlichen in Köln.

Auf der anderen Seite gilt die Kölner Luft nicht nur wegen ihrer ungünstigen Kessellage als stark belastet. Nicht zuletzt wegen anhaltend hoher Stickoxid-Emissionen und Feinstaubwerte droht auch Köln ein Dieselverbot bestimmter Bereiche, wie es in Hamburg und Stuttgart bereits ausgesprochen wurde. Für die Verkehrsplaner der Stadt bedeutet dies, dass sie auch weiterhin an einer Verbesserung des Mobilitätsangebots arbeiten müssen. Dabei zeigen die Zahlen deutlich, dass der Radverkehr zumindest kurz- bis mittelfristig den Erfolgsfaktor für die Verkehrswende in Köln darstellt. Deshalb müssen entsprechende Verbesserungen der Radinfrastruktur intensiv und zügig weiterverfolgt werden, so die Stadt weiter.

Methodische Grundlagen

Alle Werte beziehen sich auf die Wege der Kölnerinnen und Kölner ab einem Alter von sechs Jahren zwischen Montag und Freitag. Unter dem Modal Split verstehen die Verkehrsplaner die Verteilung der zurückgelegten Wege auf die verschiedenen Verkehrsmittel. Durchgeführt hat die Studie das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas). Im Herbst dieses Jahres rechnen die Verkehrsplaner mit einer kompletten Auswertung aller Rohdaten. Die sollen dann zur grundlage weiterer Planungen gemacht werden, hieß es dazu abschließend.

Die Stadt Köln hatte sich an der von „infas“ durchgeführten Studie mit einer Aufstockung der Stichprobengröße beteiligt, damit die Untersuchungsergebnisse auch repräsentativ für das Mobilitätsverhalten der Kölnerinnen und Kölner sind. Aus den erhobenen Daten können allgemeine Mobilitätskennziffern hergeleitet werden, wie beispielsweise Verkehrsmittelnutzung, Wegehäufigkeit, Wegelänge und Wegedauer. Ebenso lassen sich Pendlerbeziehungen sowie allgemeine Mobilitätstrends ableiten.

Bundesweit wurden in einem Zeitraum zwischen Mai 2016 und September 2017 150.000 Menschen befragt, etwa 30.000 für die Bundesstichprobe und 120.000 für regionale Vertiefungen. In Köln haben insgesamt fast 4.300 Menschen ausführlich Auskunft über ihr Mobilitätsverhalten gegeben. Die letzte umfassende Erhebung dieser Art stammt aus dem Jahr 2006.

Autor: rk
Foto: Das Rad hat als Verkehrsträger in Köln deutlich zulegen können. Erstmals seit elf Jahren gibt es wieder konkrete Zahlen zur Mobilitätsnutzung in der Domstadt.