Secretary of State Michael R. Pompeo meets with NATO Secretary General Jens Stoltenberg, on the margins of the NATO Ministerial, at the U.S. Department of State in Washington, D.C., on April 3, 2019. [State Department photo by Ron Przysucha/ Public Domain]

Brüssel | dts | NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat als Reaktion auf Russlands Entscheidung, Truppen in die Ukraine entsenden zu wollen, angekündigt, die militärische Präsenz an der NATO-Ostflanke verstärken zu wollen. „Wir haben mehr als 100 Jets in Bereitschaft gesetzt“, sagte Stoltenberg am Dienstag. Die NATO sei fest entschlossen, alle Bündnispartner zu verteidigen und zu schützen. Die EU-Außenminister sind für Sanktionen und Russland schließt seine Botschaft in Kiew. Aktuelle Entwicklungen in Kürze zusammengefasst.

Stoltenberg sagte, es gebe klare Anzeichen für einen russischen Großangriff auf die Ukraine. „Wir sehen eine laufende militärische Aufrüstung. Es wurde gesagt, dass Russland die Truppen abziehen wolle, aber es kommen immer mehr Truppen dazu“, so Stoltenberg.

„Wir sehen die vielen inszenierten Operationen, mit dem Ziel, einen Vorwand für einen Angriff zu finden“, sagte Stoltenberg weiter. Dass Russland die abtrünnigen, ukrainischen Regionen Luhansk und Donezk als eigenständige Staaten anerkennt, verurteilte Stoltenberg scharf. „Das ist noch eine größere Drohung und Verletzung der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine“, sagte Stoltenberg.

Russischer Föderationsrat gibt Putin freie Hand für Militäreinsatz

Der russische Föderationsrat hat Präsident Putin freie Hand für einen Truppeneinsatz in der Ost-Ukraine gegeben. Das Oberhaus des Parlaments votierte am späten Dienstagnachmittag einstimmig für einen entsprechenden Beschluss, wonach der Truppeneinsatz im Ausland möglich ist. Der Präsident könne die Zahl der Soldaten und die Dauer der Stationierung bestimmen.

„Bei der Zustimmung zum Einsatz der Streitkräfte gehen wir davon aus, dass es sich um Friedenstruppen handeln wird, die darauf abzielen, den Frieden und die Stabilität auf dem Boden der Volksrepubliken Donezk und Lugansk aufrechtzuerhalten“, hieß es aus dem russischen Oberhaus. Bereits am Montagabend waren kurz nach der formalen Anerkennung der beiden „Volksrepubliken“ Militärkolonnen in den Donbass gerollt, wie Augenzeugen vor Ort bestätigten. Präsident Putin hatte die Anerkennung der Separatistengebiete am Abend mit einer einstündigen Erklärung im Fernsehen begründet.

EU-Außenminister für Sanktionen – Russland schließt Botschaft

Der Russland-Ukraine-Konflikt eskaliert weiter: Die EU-Außenminister haben am Dienstag Sanktionen gegen Russland zugestimmt. Bei einem Sondertreffen in Paris votierten die Außenminister der 27 Mitgliedsstaaten für einen entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission. Zu dem Sanktionspaket soll ein Handelsverbot für russische Staatsanleihen zählen, zudem werden bestimmte Personen und Unternehmen von der EU auf die Sanktionsliste gesetzt.

Noch in dieser Woche sollen die Maßnahmen in Kraft treten. Unterdessen teilte das russische Außenministerium am Abend mit, alle Diplomaten aus der Botschaft in Kiew abzuziehen.

 Laschet für weitere Gespräche mit Putin

Ex-CDU-Chef Armin Laschet, der auch Mitglied im Auswärtigen Ausschuss ist, hat sich für weitere Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgesprochen. Voraussetzung dafür sei aber, dass „Präsident Putin zum Prinzip des Rechts zurückkehrt und den Krieg nicht weiter eskaliert“, sagte Laschet der „Welt“.

„Der Westen muss zu jedem Gespräch zu jeder Zeit bereit sein. Was gestern allerdings passiert ist, verlangt eine klare Antwort des Westens, eine klare Sanktion“, sagte Laschet. Es komme jetzt darauf an, „mit spürbaren Sanktionen deutlich zu machen: Wir werden das nicht akzeptieren, aber wir sind zu jeder Zeit, wie in den letzten Jahren, zu Gesprächen bereit.“ Nord Stream 2 hält Laschet für ein Sanktionsinstrument, das Putin letztlich nicht wirklich wehtue.

„Das trifft Putin im Moment am wenigsten, weil durch diese Pipeline ja noch kein Gas fließt.“ Auch Sanktionen für alle Investitionen im russisch-besetzten Gebiet – wie von den USA angedroht – seien nicht zielgerichtet genug, findet Laschet: „Das ist keine Sanktion, die Putin und Russland unmittelbar trifft. Wir sind in einer Situation, in der die Sanktion zielgerichtet sein muss.“

Deutsche Wirtschaft besorgt wegen Russland-Konflikt

Wirtschaftsverbände und Unternehmer zeigen sich besorgt angesichts der Eskalation im Russland-Ukraine-Konflikt und drängen nun auf ein einheitliches Vorgehen der europäischen Politik. „Natürlich muss Europa der russischen Regierung jetzt endlich hart und in aller Konsequenz entgegentreten, damit dieser Alptraum beendet wird – am besten in einer geschlossenen Formation“, sagte der langjährige Inhaber und Geschäftsführer des Motorenöl-Herstellers Liqui Moly, Ernst Prost, der „Welt“. Sanktionen sollten dabei nach Ansicht von Prost spürbar ausfallen, dabei aber nicht das russische Volk, sondern die Machthaber und die Clique um Russlands Präsident Wladimir Putin treffen.

Und das ohne Rücksicht auf Verluste. „Die Frage nach dem wirtschaftlichen Schaden von Sanktionen für uns selbst und unsere Geschäfte darf man sich in Anbetracht einer noch viel größeren Bedrohung überhaupt nicht stellen“, sagte Prost und wurde sarkastisch. „Wenn wir Putin jetzt nicht einbremsen, steht er am Ende seiner Regierungszeit 2036 nicht mehr nur vor den Toren Kiews.“

Anders sieht es Klaus Fischer, der Inhaber der Unternehmensgruppe Fischer, die mit der Erfindung des Dübels bekannt geworden ist. „Sanktionen haben noch nie etwas gebracht“, sagte der Unternehmer der „Welt“. „Die deutsche und die europäische Politik hätten schon vor Jahren viel intensivere Gespräche mit Russland und Präsident Putin suchen müssen. Miteinander reden – das ist der einzig vernünftige Weg.“ Er erinnere sich noch gut daran, dass Putin am 25. September 2001 im Deutschen Bundestag eine Vereinigung mit weiten Teilen Europas angeboten hat. „Dieses Angebot aber hat Europa nie angenommen“, kritisierte Fischer.

„Das, was wir jetzt haben, ist auch die Folge der politischen Fehleinschätzung des Westens.“ Dass die eskalierende Lage das Geschäft von Unternehmen in Russland nun beeinträchtigen wird, sagte der Maschinenbauverband VDMA. „Natürlich wird die aktuelle Lage das künftige Russland-Geschäft beeinflussen“, sagte Monika Hollacher, die Russland-Expertin in der Abteilung Außenwirtschaft beim VDMA. „Wir müssen auf absehbare Zeit mit einer gewissen Zurückhaltung bei den Unternehmen rechnen, was das Russland-Geschäft angeht.“ Denn die politischen Risiken seien immer weniger kalkulierbar.

Für Deutschlands Maschinenbauer steht Russland mit einem Exportvolumen von knapp 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf Platz neun im Ausfuhrranking der Vorzeigebranche. Getroffen werden nach Ansicht von Reinhold von Eben-Worlée, dem Präsidenten des Verbandes Die Familienunternehmer, aber nicht nur Firmen mit direktem Geschäft in Russland – aufgrund von absehbar steigenden Energiepreisen. „Daher müssen Bundesregierung und EU-Kommission einen Ausgleich schaffen, damit es nicht zu schlimmen Wettbewerbsverzerrungen kommt.“