Düsseldorf | Die nordrhein-westfälischen Hochschulen stehen erneut vor grundlegenden Veränderungen. Nur wenige Jahre nach dem Hochschulfreiheitsgesetz und der damit verbundenen Autonomie will die rot-grüne Landesregierung wieder stärker ein Auge auf die Universitäten im Land werfen. Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) legte dafür am Mittwoch erste Eckpunkte vor, die in einem Hochschulzukunftsgesetz münden sollen. Während die SPD-Politikerin von einer Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen spricht, sieht die Opposition einen Angriff auf die Hochschulfreiheit.

Zu den Plänen der rot-grünen Landesregierung gehört ein Hochschulentwicklungsplan. Darin sollen verbindliche und strategische Vorgaben für die gesamte Hochschullandschaft gemacht werden – unter anderem für das Studienangebot in NRW. „Es ist nicht zwangsläufig, dass die Summe der Einzelangebote dem Bedarf der Wirtschaft nach qualifizierten Person entspricht“, sagte Schulze. Diese Eckpunkte sollten vom Landtag beschlossen werden.

Was den Umgang mit Geld angeht, verlangt Schulze mehr Transparenz und Kontrolle durch das Land. „Wir haben derzeit keine entwickelte Finanzaufsicht für die Hochschulen, wie wir sie beispielsweise aus der kommunalen Finanzaufsicht des Innenressorts kennen“, kritisierte die Ministerin. Angesichts von jährlichen Landesmitteln in Höhe von vier Milliarden Euro müsse garantiert werden, dass die Autonomie der Hochschulen nicht zu einem „Blindflug bei der Mittelverwendung“ werde. Um dies zu verhindern, solle das Land Rahmenvorgaben für die Bereiche Haushalt und Personal machen.

Auch an die Strukturen in den Hochschulen will die Wissenschaftsministerin heran. Die Hochschulräte, in denen Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und anderen Gesellschaftsbereichen sitzen, sollen nur noch für die Aufsicht und Beratung der Hochschulleitungen zuständig sein. Die bisherige Funktion als Dienstvorgesetzter will Schulze dem Land übertragen. „Der Versuch, das Modell des Aufsichtsrats eines Unternehmens eins zu eins auf Hochschulen zu übertragen, hat sich in der Praxis nicht bewährt“, sagte sie. Die Stellung der Senate solle hingegen gestärkt werden.

Kontroverse Diskussionen

Alle Eckpunkte, die vom Landeskabinett abgesegnet wurden, sollen ab dem Wintersemester 2014/2015 in ein Hochschulzukunftsgesetz fließen. Bis der Entwurf steht, will Schulze zunächst noch mit allen Beteiligten sprechen. Auf Gegenwind stellt sich die Ministerin schon jetzt ein. „Die öffentliche Diskussion dazu wird sicher kontrovers werden“, sagte sie.

Einen ersten Vorgeschmack lieferte am Mittwoch die Opposition. Die Eckpunkte seien geprägt von „Regelungswut, Bürokratie und einem erheblichen Misstrauen gegenüber den Hochschulen“, sagte der hochschulpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Stefan Berger. Schulze selber wolle „von oben herab vorschreiben, was gelehrt werden soll und worüber in Zukunft zu forschen ist“.

Die FDP-Hochschulexpertin Angela Freimuth befürchtet gar das „Ende der Hochschulfreiheit“ und attestiert der rot-grünen Regierung einen „massiven Eingriff in die Freiheit der Hochschulen“. Auch bei den Piraten stoßen die Pläne auf Kritik, allerdings gehen ihnen die Eckpunkte nicht weit genug. Schulze fehle der Mut, sich mit einer „mächtigen intransparenten Lobby von Hochschulräten anzulegen“, sagte Fraktionschef Joachim Paul.

Im Jahr 2007 setzte Schwarz-Gelb das Hochschulfreiheitsgesetz durch, womit die Hochschulen in eine weitgehende Selbstständigkeit entlassen wurden. So verloren sie ihren Status als staatliche Einrichtungen und wurden zu Körperschaften des öffentlichen Rechts. Als neues Gremium für die Fachaufsicht trat der Hochschulrat an die Stelle eines Kuratoriums. Er entscheidet seitdem über die strategische Ausrichtung der Hochschulen.

Autor: Christian Wolf, dapd
Foto: Hauptgebäude der Universität zu Köln