Washington | aktualisiert | US-Präsident Barack Obama kann weitere vier Jahre im Amt bleiben. Alle großen US-Fernsehsender riefen ihn zwischen 5:15 und 5:25 Uhr deutscher Zeit als Gewinner aus. Den Ausschlag gab in der Wahlnacht erneut der Bundesstaat Ohio, der an Obama ging, während Florida noch nicht ausgezählt war. Mitt Romney hat seine Niederlage mittlerweile eingestanden und Obama bei seiner Rede versöhnliche Töne angeschlagen.

Bei der zentralen Feier der Demokraten in Chicago bracht unmittelbar nach Bekanntgabe der Prognosen ungehemmter Jubel aus. Der alte und neue US-Präsident Barack Obama hat sich nach seiner Wiederwahl noch vor seiner offiziellen Siegesrede bei seinen Anhängern über die sozialen Netzwerke Twitter und Facebook bedankt. „Wir stehen in dieser Sache zusammen. So haben wir Wahlkampf betrieben, und so sind wir. Danke“, schrieb Obama über Twitter. Auf seiner Facebookseite wurde ein Foto verbreitet, dass ihn dabei zeigt, wie er seine Frau Michelle umarmt, dazu die Worte „Vier weitere Jahre“.

Obama versucht mit Siegesrede zu versöhnen

Nach minutenlangem Jubel seiner Anhänger hat sich der wiedergewählte US-Präsident Barack Obama am frühen Morgen in einer Ansprache in Chicago an die Nation gewandt. „Das ganze Land ist eine Familie, wir stehen auf und fallen gemeinsam“, sagte Obama zu Beginn seiner Rede. Er danke allen Amerikanern, die an der Wahl teilgenommen hätten, egal ob sie für ihn oder für Romney gewesen seien.
Auch Mitt Romney habe er zu seiner Kampagne gratuliert und ihm angeboten, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die das Land voranbringen. An seine Frau Michelle gerichtet sagte Obama vor laufenden Kameras: „Ich habe dich nie mehr geliebt und ich bin stolz darauf, dass sich das ganze Land in dich verliebt hat“. Rückblickend auf den Wahlkampf sagte der wiedergewählte US-Präsident, die demokratische Auseinandersetzung sei manchmal „laut und schmutzig“, aber dies gehöre dazu und solle sich auch nicht ändern. In anderen Ländern würden die Menschen dafür sterben, eine solche Demokratie zu bekommen. Die meisten Amerikaner teilten gemeinsame Werte und Visionen.

Romney gesteht Niederlage ein und gratuliert Obama

Der Kandidat der Republikaner, Mitt Romney, hat seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen eingestanden. Er habe Obama bereits per Telefon gratuliert, sagte Romney in der Nacht vor Anhängern in Boston. Dafür gab es sogar höflichen Applaus vom Publikum. Er bete für Obama und seine Familie, und dafür, dass er weise Entscheidungen für das Land treffen werde. Auch wenn die Wahl verloren sei, seine Ideale und die Ideale seiner Anhänger würden weiterleben, so Romney. Romney wirkte bei seiner Rede überraschender Weise geradezu gut gelaunt. Er hatte sich Zeit damit gelassen, die Niederlage einzugestehen. Bereits über eineinhalb Stunden zuvor hatten alle großen US-Fernsehsender Obama auf Basis von Hochrechnungen zum Sieger ausgerufen.

Stimmen zur erneuten Wahl :

SPD-Politiker Voigt begrüßt zweite Amtszeit von Obama
Der SPD-Politiker und USA-Experte Karsten Voigt, bis 2010 Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, begrüßt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Wiederwahl Barack Obamas. „Der Wahlsieg Obamas freut mich“, sagte Voigt. „Man muss einfach sehen, dass die republikanische Partei in den letzten Jahren nach rechts gerückt ist. Die Amerikaner sind ideologischer geworden. Obama betrachtet hingegen die Welt so ähnlich wie wir Europäer das tun.“ Von der zweiten Amtszeit des US-Präsidenten erhofft sich der US-Experte „einerseits Kontinuität, andererseits sollte man die zweite Amtsperiode als Chance für eine Modernisierung der transatlantischen Beziehungen nutzen“. Europa sei nach wie vor als Problemlöser gefragt. Voigt: „Wir sind der wichtigste Partner der USA. Als Partner werden wir sicher in den kommenden Jahren noch mehr gefordert werden. Ich bin mir sicher, dass Obama auf Europa zugehen wird“.

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Nahles nach Wahlsieg von Obama erleichtert
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat sich erleichtert über den Wahlsieg Barack Obamas gezeigt. „Es war eine Wahnsinnsschlacht, ein unglaubliches Rennen“, sagte sie der „Saarbrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Jetzt hoffe sie, dass die US-Republikaner auf Obamas Angebot zur Aussöhnung eingehen. In den letzten vier Jahren hätten die Republikaner alles blockiert. „Das hat die USA zurückgeworfen“, sagte Nahles. Wenn eine solche Kooperation gelinge, könne die zweite Amtszeit Obamas den USA „wichtige Fortschritte“ bringen. Außenpolitisch erhoffe sie sich ein größeres Engagement im Nahen Osten. „Hier ist zu wenig passiert“. Außerdem müsse der Abzug aus Afghanistan umgesetzt werden. „Davon hängen auch die Abzugspläne der Bundeswehr ab“. Nahles, die mehrfach in den USA den Wahlkampf direkt beobachtet hatte, will daraus auch für den SPD-Wahlkampf Schlüsse ziehen. Es habe sie sehr beeindruckt, wie beide Seiten es geschafft hätten, Menschen mit Hausbesuchen und direkten Gesprächen sowie mit Hilfe der sozialen Medien direkt anzusprechen. „Elemente davon wünsche ich mir auch hier“. Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück werde so viele Direktkontakte wie möglich mit den Wählerinnen und Wählern haben, „und unser ganzer Wahlkampf soll wie Obamas Kampagne von der Botschaft geprägt sein: Wir nehmen die Menschen ernst“, kündigte die SPD-Generalsekretärin an.

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Deutsche Wirtschaft hat hohe Erwartungen an Obama
Die deutsche Wirtschaft begleitet die zweite Amtszeit für US-Präsident Barack Obama mit hohen Erwartungen. „Für die deutsche Wirtschaft sind die USA zweitwichtigster Absatzmarkt, daher ist es von großer Bedeutung, dass sich Präsident Obama den gewaltigen Herausforderungen des Landes stellt“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, der „Rheinischen Post“ (Donnerstagausgabe). Als erstes müsse Obama die hohe Staatsverschuldung dringend angehen. Die deutschen Unternehmen erwarteten außerdem Verbesserungen in der öffentlichen Infrastruktur. Die Betriebe in den USA litten zudem unter zunehmendem Fachkräftemangel. „Deshalb sind Investitionen in Bildung wichtig“, betonte Driftmann. Mit Blick auf die beiderseitigen Wirtschaftsinteressen hätten für deutsche Unternehmen überdies die Anerkennung und Harmonisierung von Regulierungen und Standards auf beiden Seiten des Atlantiks Priorität, so Driftmann weiter.

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Ökonom: Wirtschaftskrise ist größte Herausforderung für Obama
Nach Einschätzung des Direktors des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Klaus F. Zimmermann, besteht die größte Herausforderung von US-Präsident Barack Obama darin, die USA aus einer ihrer härtesten Wirtschafts- und Beschäftigungskrisen herauszuführen. „Darüber hinaus wird er den Grundstein für eine fiskalische Stabilisierung legen müssen, die eine Griechenlandisierung Amerikas vermeidet“, schreibt Zimmermann in einem Gastbeitrag für „Handelsblatt-Online“. „Dies könnte zu einer Sisyphos-Aufgabe werden, die die Demokraten langfristig aus der Regierung drängt.“ Denn trotz einer scheinbar langsamen Erholung des darniederliegenden Arbeitsmarktes seien die Ausgangsbedingungen für einen Durchbruch bei diesen Aufgaben keineswegs günstig. „Noch immer fehlen bis zu vier Millionen Jobs, um wenigstens das Beschäftigungsniveau vor der großen Krise zu erreichen“, konstatiert Zimmermann. „Doch für einen schnellen Aufschwung gibt es allenfalls schwache Anzeichen, die Schleifspuren von Immobilien- und Finanzkrise sind noch tiefer als befürchtet.“ Nach Ansicht von Zimmermann sind die Lösung der Schuldenkrise einerseits und eine Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit andererseits zwei Seiten derselben Medaille, nämlich der der langfristigen Gesundung des Landes. In Europa ringe sich immerhin Land für Land mühsam zur Idee der Schuldenbremse durch. „Das wäre auch für die USA der richtige Ansatz, um wieder politische Handlungshoheit zu erlangen“, ist der Ökonom überzeugt. Die zweite wichtige Stellschraube neben der Haushaltskonsolidierung sei die Steuerpolitik, die bisher kaum zur Eindämmung der Ungleichheit beigetragen habe. „Es gilt also, die fiskalischen Ungleichgewichte durch ein gemäßigtes, verbindlich terminiertes Anheben der Steuern und Abgaben neu auszubalancieren.“ Als drittes Handlungsfeld nannte Zimmermann eine Stärkung der Wachstumskräfte. „Dies gelingt sicher nicht, indem man auf Protektionismus setzt, der offenbar in den USA auf dem Vormarsch ist – jedenfalls waren im Wahlkampf dazu teilweise recht raue Töne zu hören.“ Doch Abschottung sei kein zukunftstauglicher Weg. „Stattdessen sollte die weitere transatlantische ökonomische Integration in den kommenden Jahren zu einem wichtigen Schwerpunkt gemacht werden“, meinte der IZA-Direktor.

Autor: dts | Foto: fotolia