Düsseldorf | Die nordrhein-westfälischen Piraten bemühen um mehr innerparteiliche Geschlossenheit. Für die Anzeige einzelner Mitglieder der Landtags-Fraktion gegen Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) hagelte es jetzt Kritik von Fraktionschef Joachim Paul: „Die Anzeige halte ich für eine nicht geeignete Maßnahme“, sagte er heute.

Die Anzeige richtete sich gegen den umstrittenen Ankauf des Landes von Steuer-CDs aus der Schweiz mit den Daten von Steuersündern. Für die Anzeige habe es keinen Fraktionsbeschluss gegeben, auch wenn ein Großteil der Fraktion sich der Anzeige angeschlossen hätte, sagte Paul. Künftig komme es daher an, den „liberalen und linkssozialen Geist“ in der Partei zu einem Konsens zusammenzuführen. Auch mit Blick auf die parlamentarische Kritik an ihren Parteikollegen im schleswig-holsteinischen Landtag gaben sich die Düsseldorfer Landtags-Piraten einlenkend. Die Kieler Piraten sollen zu Treffen der Parlamentarischen Geschäftsführer (PGF) der Fraktionen nicht die übliche Vertraulichkeit zugesichert haben und deshalb nicht eingeladen worden sein. „PGF-Runden funktionieren nur durch Vertraulichkeit. Die würde ich nicht gefährden wollen“, sicherte die PGF der Düsseldorfer Fraktion, Monika Pieper, zu.

„Sehr fair empfangen“

Einen Einzug der Partei in den Bundestag halten die Düsseldorfer Landtags-Piraten trotz des nachlassenden Zuspruchs weiter für aussichtsreich. „Die Chancen stehen gut“, sagte Paul. Die aktuellen Umfragen dürften nicht überbewertet werden. Der „Hype“ um die Partei habe schlichtweg etwas nachgelassen. Die Umfragewerte sehen die Piraten derzeit bundesweit bei sechs Prozent. In den NRW-Landtag war die Partei mit 7,8 Prozent eingezogen. Mit ihren ersten 100 Tagen im NRW-Parlament zeigten sich die Piraten unterdessen zufrieden. Mit 30 kleinen Anfragen und zwei Gesetzentwürfen unter anderem für die Zulassung von Volksentscheiden habe die Fraktion Akzente setzen können. Von den anderen Fraktionen sei man „sehr fair und mit viel Neugierde, aber auch mit einer gesunden Skepsis“ empfangen worden, berichtete Pieper. Die ersten Kontakte für den Beginn der Plenarsitzungswochen seien geknüpft.

Inhaltlich wollen die Piraten weiter insbesondere die freie Zugänglichkeit öffentlicher Daten voranbringen. „Die Steuerzahler haben für diese Daten bezahlt, also haben sie auch das Recht, diese Daten einzusehen“, sagte Paul. Eine weitere zentrale Rolle soll das Thema eines fahrscheinlosen öffentlicher Nahverkehrs, finanziert durch eine Bürgerumlage, spielen. „Die NRW-Piraten werden sich zu einer der Lokomotiven für die deutsche Piratenpartei entwickeln“, zeigte sich Paul im Interview mit der Nachrichtenagentur dapd in Berlin zuversichtlich. So wolle man bei den Mechanismen politischer Arbeit wichtige Impulse an die Bundespartei senden. Es gebe in der Partei durchaus den einen oder anderen Prozess, der „ein bisschen eingeschlafen“ sei. Als Beispiel nannte Paul die nur schlecht funktionierende Akquise von Geldern: „Da wollen wir als Fraktion ein wenig Anschiebehilfe leisten.“

Autor: Frank Bretschneider/ dapd