Köln | Das Land NRW zeigt mit seiner Sozialberichterstattung „Integrierte Wohnungsnotfall-Berichterstattung 2020 in Nordrhein-Westfalen. Struktur und Umfang von Wohnungsnotfällen“ dass die Zahl der Wohnungslosen in Köln seit Jahren steigen. Report-K befragte die Parteien zu Ursachen und politischen Lösungsansätzen: Das sagen die Kölner Grünen.

Die Zahlen wohnungsloser Menschen in Köln nimmt seit 10 Jahren zu. Was tun die Kölner Grünen im Stadtrat dagegen?

Die Unterstützung von wohnungslosen und obdachlosen Menschen ist für uns GRÜNE in Köln ein zentrales Thema. In den letzten Jahren konnten wir feststellen, dass immer mehr der betroffenen Menschen gleich mehrere Probleme zu bewältigen haben: diverse körperliche und psychische Erkrankungen, außerdem Suchtprobleme.

Unser Ansatz ist es, die Ursachen von Wohnungslosigkeit anzugehen, anstatt ausschließlich auf Probleme zu reagieren. Eine bewährte Praxis ist zum Beispiel die Übernahme von Mietrückständen durch die „Fachstelle Wohnen“ in Köln. So halten wir Menschen in ihren bestehenden Mietverhältnissen und beugen präventiv Wohnungslosigkeit vor. Eine weitere präventive Maßnahme ist der Bau neuer, öffentlich-geförderter Wohnungen. Durch das von den GRÜNEN vorangetriebene Kooperative-Bauland-Modell sorgen wir dafür, dass 30 Prozent der neu geschaffenen Wohnungen mietgemindert angeboten werden.

Wir versuchen etablierte Hilfesysteme durch den „Housing First“-Ansatz zu ergänzen. Hierbei geht es um die direkte Vermittlung von Wohnungen, um wohnungs- und obdachlosen Menschen ein eigenes Zuhause geben zu können. Dafür haben wir im vergangenen Haushalt zusätzliche Mittel bereitgestellt und ein Förderprogramm aufgelegt, das wir weiter ausbauen werden.

Die Corona-Pandemie hat wohnungs- und obdachlose Menschen stark getroffen. Deshalb haben wir uns im Januar im Sozialausschuss für deren Belange eingesetzt. Wir haben zusätzliche sichere Einzelzimmer-Unterbringung geschaffen, unter anderem durch die Anmietung von Hotels im Winter.

Grundsätzlich stellen wir durch die „ResoDienste“ in Köln-Kalk sicher, dass, wer in Köln wohnungslos ist und untergebracht werden will, auch eine Unterkunft erhält.

Alleine im Corona-Pandemie-Jahr stieg die Zahl um nahezu 1.000 Personen. Können Sie das erklären?

Die konkreten Gründe für so einen deutlichen Anstieg können wir noch nicht nachvollziehen. Hierfür müssen wir erst den vollständigen Bericht zur Wohnungslosigkeit Landes NRW abwarten. Bisher liegt nur die „Kurzanalyse“ vor.

Grundsätzlich wissen wir aus vergangenen Jahren, dass sich steigende Zahlen untergebrachter Wohnungsloser auch durch die in dieser Zeit anerkannten Geflüchteten erklären können. In der Statistik tauchen Menschen im laufenden Asylverfahren nicht als Wohnungslose auf. Ab der Anerkennung des Asylstatus werden diese Menschen, wenn sie keine eigene Wohnung angemietet haben und ordnungsbehördlich untergebracht sind, in der Statistik hinzugerechnet.

Wie stark die Steigerung der Zahl von Wohnungslosen in Köln damit, oder auch mit Gründen wie der Corona-Pandemie, dem Wegbrechen privater Hilfsstrukturen und der Offenlegung verdeckter Wohnungslosigkeit zusammenhängt, versuchen wir im Moment zu klären.

Generell können wir in Köln feststellen, dass bei der kommunalen Unterbringung wohnungslose Menschen immer länger in den Unterkünften bleiben, sodass bei gleichbleibenden Neuaufnahme-Zahlen auch die Gesamtzahl der hier untergebrachten Wohnungslosen steigt. Dies hängt auch mit der steigenden Anzahl untergebrachter Wohnungsloser mit langjährigen Straßenbiographien und diversen Erkrankungen zusammen. In diesen Fällen ist eine weitere Vermittlung kaum noch möglich.

Die steigende Zahl weist darauf hin, dass die Ansätze von Politik und Verwaltung nicht fruchten. Können Sie erklären woran das liegt?

Die Ansätze funktionieren sehr wohl. Welche Gründe in jüngerer Zeit zu den deutlich gestiegenen Zahlen geführt haben, wollen wir nach Vorlage des Gesamtberichts zur Wohnungslosigkeit des Landes NRW noch genauer überprüfen.

Gibt es neue Ansätze, die die Verwaltung in den politischen Prozess einbringen wird?

Wir setzen weiterhin auf die oben beschriebenen, aus unserer Sicht wirkungsvollen, Instrumente. Vor allem das „Housing First“-Prinzip ist uns sehr wichtig, um wohnungslosen Menschen ohne große Umwege eine eigene Wohnung zu vermitteln. Die Maßnahme ist aufwändig, aber die Erfahrungen damit zeigen, dass sich der Aufwand lohnt – nicht zuletzt, weil dies für eine würdevolle Unterbringung der Betroffenen sorgt.

Wie können solche operativ schnell umgesetzt werden, da Hilfe ja nicht langsam sondern schnell von Nöten ist?

Die Hilfe wird bereits schnell geleistet. Die Kölner „Fachstelle Wohnen“ leistet unbürokratisch schnelle Hilfe bei Mietrückständen, Menschen mit Unterbringungswunsch erhalten ein Angebot.

Das Land NRW führt drei Erklärungsansätze:
• Druck auf den Wohnungsmarkt
• Steigende Nachfrage durch anerkannte Asylbewerber*innen und Menschen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus
• Corona-Pandemie Gelten diese auch für Köln?

Tatsächlich kann sich die Zahl der Wohnungslosen in der Statistik, gerade in der Metropole Köln, deutlich durch anerkannte Asylbewerber*innen erhöhen, die keine eigene Wohnung angemietet haben und ordnungsbehördlich untergebracht sind. Auch durch die Corona-Pandemie könnten mehr Menschen in Köln von Wohnungslosigkeit betroffen sein – wobei wir hier zusammen mit der Stadtverwaltung und auf Basis des Gesamtberichts zur Wohnungslosigkeit des Landes NRW den Effekt noch genauer überprüfen wollen. Der allgemein angespannte Wohnungsmarkt in Köln ist ebenfalls ein naheliegender Grund für steigende Zahlen, wobei wir auch hier das genaue Ausmaß nach Vorlage des Gesamtberichts noch prüfen wollen.

Wie bewerten und unterstützen Sie Initiativen wie das OMZ?

Selbstorganisierte Wohnungs- und Obdachlosen-Initiativen wie „Obdachlose mit Zukunft“ (OMZ) unterstützen wir grundsätzlich. Die Menschen von OMZ haben wir bei der Findung des Gebäudes in der Gummersbacher Straße unterstützt. Beim Kampf gegen Wohnungslosigkeit sind aus unserer Sicht weiterhin die präventive Vermeidung und das Vermitteln von Wohnungen an betroffene Menschen der beste Weg.

Hinweis der Redaktion: Auch die anderen demokratischen Fraktionen im Kölner Rat sind angefragt.

In der Liste finden Sie die Antworten der Parteien, die sich bislang äußerten:

https://www.report-k.de/Politik-Nachrichten/Politik-Koeln/Steigende-Wohnungslosigkeit-in-Koeln-das-sagt-die-Koelner-Linke-148517

https://www.report-k.de/Politik-Nachrichten/Politik-Koeln/Steigende-Wohnungslosigkeit-in-Koeln-das-sagt-die-Koelner-SPD-148619

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Die Berichterstattung zur Sozialberichterstattung des Landes NRW finden Sie hier:

https://www.report-k.de/Koeln-Nachrichten/Koeln-Nachrichten/Wohnungslosigkeit-steigt-in-Koeln-Koeln-ist-unruehmlicher-Spitzenreiter-in-NRW-148491

https://www.report-k.de/Politik-Nachrichten/Politik-NRW/Mehr-Wohnungslose-in-NRW-im-Jahr-2020-148481

Autor: red