Köln | Darf man sich im Karneval als „Chinese“ oder „Afrikaner“ kostümieren? Eine Tagung im NS-Dokumentationszentrum Köln (NS-Dok) hinterfragt heute die Grenzen der Freiheit im Kölner Karneval. In den Blick genommen werden dabei neben Historie des Kölner Karnevals während der NS-Zeit auch aktuelle Trends.

„Wir wollen keinem sein Jeck-Sein nehmen, aber ein bisschen Problembewusstsein schadet nicht“, sagte heute Werner Jung, Direktor des NS-Dokumentationszentrums Köln. Denn auch wenn bei vielen Bürgern eine kritische Haltung zu finden sei, schleiche sich der Alltagsrassismus im Karneval manchmal ein. Doch ist im Karneval alles erlaubt? Oder werden dort auch Grenzen der Freiheit überschritten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine heutige Tagung im NS-Dok. Dabei will sich die Veranstaltung auch als Auftakt zu einem Diskurs in der Kölner Stadtgesellschaft verstanden wissen. Denn beim „Thema Karneval tritt eine Toleranz auf, die einfach nicht okay ist“, erklärte heute Patrick Fels von der Info- und Bildungsstelle gegen Rechtsextremismus, die die Tagung zusammen mit dem AntiDiskriminierungsBüro Köln/ Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. durchführt.

Förderer für Plakat-Aktion gesucht

Kritisch bewerten die Veranstaltet etwa Kostüme als „Chinese“ oder „Afrikaner“. Diese Verkleidungen reproduzierten diskriminierende Bilder aus der Kolonialzeit und seien für die Betroffenen weder lustig noch harmlos. Der AntiDiskriminierungsBüro Köln/ Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. plant darum zusammen mit dem Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung für den nächsten Straßenkarneval Ende Februar 2017 eine Plakataktion. Dazu sollen die Plakate der Kampagne 2011 und 2012 der Ohio-Gruppe S.T.A.R.S. übernommen und neu getextet werden – unter anderem mit dem Slogan „Ich bin kein Kostüm“. Für die Aktion suchen die Initiatoren noch Förderer, da derzeit noch rund 2.500 Euro fehlen.

Neben den Kostümen der Jecken lasse sich Rassismus auch in den Karnevalsgesellschaften selbst finden, sagte heute Ilka Simon vom AntiDiskriminierungsBüro Köln/ Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. Das Festkomitee Kölner Karneval stelle sich zwar seiner Geschichte und sei durchaus gesprächsbereit, „immer noch tragen jedoch einige Vereine das N.-Wort in ihrem Namen“, so Simon. Im vergangenen Jahr habe der Verein darum Kontakt zum Festkomitee aufgenommen. Die Karnevalsgesellschaft „Mülheimer Neger“ habe daraufhin den Namen und das Logo gewechselt. Die neue Namensgebung hin zu „Müllemer Klütte“ sei jedoch keine wirkliche Verbesserung. Denn das kölsche Wort für Brikett werde ebenso als diskriminierende Bezeichnung für schwarze Menschen verwendet. Andere Gesellschaften hätten darüber hinaus gar nicht reagiert. Die Tagung sei nun ein weiterer Versuch für das Thema Rassismus im Kölner Karneval zu sensibilisieren. Während der Veranstaltung werden unter anderem Kölner Kabarettist Wilfried Schmickler, Prof. Marianne Bechhaus-Gerst von der Kölner Universität und der Karnevalsforscher Dr. Marcus Leifeld sprechen.

Lesen Sie hier einen Artikel über das wissenschaftliche Werk „Der Kölner Karneval in der Zeit des Nationalsozialismus“ >>>

Autor: Cornelia Ott