Bei der Trauerkundgebung wurden vor einem Foto von Jozef Blumen in der Gernsheimer Strraße 17 am 6. August 2022 niedergelegt. | Foto: Kalle Gerigk

Köln | aktualisiert | Bei einer Zwangsräumung haben zwei Kölner Polizisten den Straßenmusiker Jozef im Kölner Stadtteil Ostheim erschossen. Am gestrigen Samstag kamen rund 65 Menschen in die Gernsheimer Straße in Köln-Ostheim. Jozefs Xylophon steht vor seiner Wohnungstür, die von der Polizei versiegelt wurde.

Vor der Wohnungstür, die die Polizei versiegelte steht noch das Xylophon.

Die Menschen die kamen gedachten Jozef. Auch Nachbarn seien gekommen, so Kalle Gerigk, Mietrebell und Anmelder der Kundgebung „Zwangsräumungen zerstören Leben!“. Es sprachen viele Menschen, die Nachbarn gedachten Jozef still. Einige applaudierten aus den Wohnungen dem Gesagten, andere Nachbarn thematisierten seine Alkoholkrankheit. Dann konnte der Straßenmusiker laut und unangenehm werden. Auch Kalle Gerigk thematisierte dies in seiner Rede.

Mietrechts-Aktivist Kalle Gerigk in Köln Ostheim am 6. August 2022

Kalle Gerigk betonte, dass wenn wie im Fall von Jozef im Vorfeld bekannt sei, dass ein Suizid möglich sei, es sich um eine Notlage dieses Menschen handele, der mit dem Rücken zur Wand stehe. Dann brauche dieser Mensch Hilfe. Es brauche eine oder einen Kümmer:in und nicht nur die Gerichtsvollzieher oder Polizisten, die Recht einfach durchsetzen. Gerigk befürchtet, dass die aktuelle Lage mit den steigenden Preisen, womöglich zu mehr solcher Situationen und Zwangsräumungen führen könnte, wenn die Menschen ihre Mieten oder Nebenkosten bezahlen könnten. Er sieht daher Stadt und Land in der Pflicht sich mit dem Fall von Jozef auseinanderzusetzen und nach Möglichkeiten zu suchen, wie im Vorfeld, bevor es zu solchen Extremsituationen komme, Hilfe für die Betroffenen ermöglicht werden könne. Gerigk sieht zudem viele Menschen jetzt traumatisiert: Die Nachbarn und Kinder in dem Haus, die das Geschehene mitbekamen, die Freunde von Jozef, aber auch die Polizeibeamten und die Gerichtsvollzieherin. Gerigk fragt, ob genau das nicht verhindert werden könne, wenn Menschen in einer solchen Situation geholfen würde und ihre Probleme erkannt werden, etwa ob sie alkoholkrank oder suizidgefährdet seien und dann mit Strategie geholfen werde.

Im Fall von Jozef kommen diese Überlegungen leider zu spät. Aber die Menschen gedachten ihm, legten Blumen vor dem Haus und seinem Bild nieder. Im Hausflur vor der Tür von Jozefs Wohnung steht jetzt sein Xylophon auf dem er nicht mehr Mozarts „Kleine Nachtmusik“ in der ihm eigenen Art und Weise interpretieren wird. Bei der Trauerkundgebung wurde noch einmal das „WDR“-Porträt über den Straßenmusiker Jozef abgespielt.

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