Berlin | Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach ihrer Entscheidung im Fall Böhmermann deutlich an Ansehen verloren: In einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Sendung „Bericht aus Berlin“ und des Nachrichtenportals „tagesschau.de“, in der 1.002 Bürger zu ihrer Meinung im Fall Böhmermann befragt wurden, gaben nur noch 45 Prozent der Befragten an, mit der Arbeit der Kanzlerin zufrieden zu sein. Das ist der niedrigste Wert im Laufe der Legislaturperiode. Beim letzten „Deutschland-Trend“ Anfang April gaben noch 56 Prozent an, mit der Arbeit der Bundeskanzlerin zufrieden zu sein.

Insgesamt antworteten 65 Prozent der Befragten auf die Frage, ob die Entscheidung der Bundesregierung richtig oder falsch gewesen sei, der Forderung der türkischen Regierung nach einer Strafverfolgung Böhmermanns nach Paragraf 103 stattzugeben, die Entscheidung sei nicht richtig. Nur 28 Prozent halten sie für richtig. Eine deutliche Mehrheit der Anhänger von SPD, Grünen, Linkspartei, FDP und AfD hält die Entscheidung der Bundeskanzlerin, eine Strafverfolgung nach Paragraf 103 zuzulassen, für falsch.

Die Unions-Anhänger sind dagegen gespalten: Jeweils 46 Prozent finden die Entscheidung richtig beziehungsweise nicht richtig. Bei der Frage, ob Böhmermann für sein sogenanntes „Schmähgedicht“ wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten bestraft werden sollte, ist das Meinungsbild eindeutig: Zwei Drittel der Befragten (67 Prozent) sind gegen eine Bestrafung, nur zehn Prozent dafür. 21 Prozent enthalten sich einer Beurteilung, weil sie das Gedicht nach eigenen Angaben nicht oder zu wenig kennen.

Nach Ansicht von Infratest dimap kommt hier auch der Wunsch der Befragten deutlich zum Ausdruck, dass Künstler bei satirischen Beiträgen keine Angst vor Bestrafung haben sollen.

Emnid: Mehrheit hält Merkels Böhmermann-Entscheidung für falsch

Eine deutliche Mehrheit der Deutschen von 66 Prozent hält die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für falsch, das Strafverfahren wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts gegen Jan Böhmermann zu erlauben. Das zeigt eine Umfrage vom Freitagnachmittag, die das Meinungsforschungsinstituts Emnid für die Zeitung „Bild am Sonntag“ durchgeführt hat. Nur 22 Prozent der Deutschen halten Merkels Entscheidung demnach für richtig, 12 Prozent sind unentschieden.

Die Ablehnung von Merkels Entscheidung ist unter Unionsanhängern mit 62 Prozent fast genauso groß wie unter SPD-Wählern mit 63 Prozent. „Richtig“ empfanden die Entscheidung 26 Prozent der SPD-Wähler und 29 Prozent der Unions-Anhänger. Die grüne Bundestagsfraktion will, dass der Bundestag so früh wie möglich über die Abschaffung des Paragrafen 103 abstimmt, der die Beleidigung ausländischer Staatspräsidenten ahndet.

Der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sagte der Zeitung „Bild am Sonntag“: „Wir werden unseren Gesetzentwurf nächste Sitzungswoche einbringen.“ Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner schlug eine zusätzliche Streichung des Paragrafen 90 vor, der das Verunglimpfen des Bundespräsidenten mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. „Alles, was in Richtung Majestätsbeleidigung geht, sollte dringend aus dem Strafrecht gestrichen werden. §90 gehört genauso wie §103 geprüft“, so Stegner.

Emnid hat am Freitagnachmittag 500 repräsentativ ausgewählte Deutsche befragt.

Autor: dts