In Deutschland benötigen etwa 200 Kinder und Jugendliche im Alter von wenigen Tagen bis 19 Jahren eine Dialyse, da ihre Nierenfunktion ausgefallen ist. An der Uniklinik Köln werden zwischen 15-20 Kinder und Jugendliche dieser Altersgruppen betreut, die entweder dreimal in der Woche für mehrere Stunden zur Blutwäsche (Hämodialyse) kommen oder aber mit Bauchfelldialyse (Peritonealdialyse)zu Hause behandelt werden. Aufgrund der hohen zeitlichen Belastung vor allem durch die Hämodialyse, aber auch geschwächt durch die Auswirkungen des Nierenversagens, treiben diese Patienten weniger Sport als ihre gesunden Altersgenossen, was sich in einer deutlichen Minderung ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit zeigt.

„In unserer gemeinsamen Studie der Kinderklinik der Uniklinik Köln und der Deutschen Sporthochschule zeigt sich eine deutliche Besserung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch 20-40minütiges Training auf dem Spinning-Fahrad während der Hämodialyse“ stellt Prof. Dr. Bernd Hoppe von der Kinderklinik der Uniklinik Köln fest. Sport an der Dialyse sei eine bisher unterschätzte, ganz wichtige
flankierende Maßnahme, so Hoppe. Die bisherigen Daten zeigen eine auffallend niedrige Leistungsfähigkeit der einzelnen Patienten vor allen Dingen nach der Dialyse. Dann sind sie kaum mehr belastbar, die Zeit nach der Dialyse ist für sie konkret nicht mehr adäquat nutzbar. Als Ergebnis der
Einstiegsuntersuchungen, zeigte sich eine Abnahme der Leistungsfähigkeit nach HD bis maximal 36 Prozent, d.h. 0,9 Watt/kg KG. Außerdem war die körperliche Belastungsfähigkeit der Hämodialyse Patienten gegenüber Gleichaltrigen deutlich vermindert.

Völlig neu an der Studie ist, dass sich die Kinder zum Sport unter der Dialyse vom Behandlungsstuhl auf das Fahrrad (Spinning-Fahrrad) begeben. Dadurch werden die dreimal in der Woche stattfindenden Dialysezeiten optimal genutzt. Auch die Mitarbeit der Kinder wird verbessert. Drei Monate lange wurden die Probanden ohne Sport untersucht, dann drei Monate unter Training – so sind sie ihre eigene Kontrollgruppe. Zusätzlich wird aber auch eine alters- und geschlechtsangepasste gesunde Kontrollgruppe untersucht. Konkret wird in der Trainingsphase während jeder Hämodialyse ganz individuell eine ca. 20 – 40minütige Trainingseinheit auf dem Spinning-Fahrrad außerhalb des Dialyseplatzes, aber an der Hämodialyse durchgeführt. 10 Hämodialyse-Patienten im Alter von 7-19 Jahren und eine alters- und geschlechtsangepasste Kontrollgruppe wurden einem Leistungstest unterzogen.

Dazu werden Kreislauf- und Laborparameter vor und nach der Hämodialyse untersucht und zusätzlich eine Fahrradspiroergometrie durchgeführt. Auf einem Fahrradergometer wird die körperliche Belastung standardisiert gesteigert und bis zum subjektiven Abbruch durchgeführt. Die Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe  sowie die Laktatkonzentration werden vor und nach sowie während der
körperlichen Belastung gemessen Einerseits werden hier die Veränderungen der körperlichen Leistungsfähigkeit erfasst, andererseits die Belastungen während der Trainingsphase während der Dialyse festgelegt. So kann eine optimal individuell gewählte Belastung definiert werden, um die gewünschten Trainingseffekte ohne Risiko zu erzielen.

Neben diesen medizinischen Daten werden auch Lebensqualität und die Leistungsfähigkeit mittels Fremdbeobachtung durch die Eltern erfasst. PD Dr. Bettina Schaar vom Institut für Rehabilitation und Behindertensport an der Deutschen Sporthochschule erklärt: „Nach den ersten Monaten zeigten sich schon in erstenErgebnissen eine Verbesserung der Kreislaufregulation und Zunahme von Ausdauer
und allgemeiner Leistungsfähigkeit.“ In einer Langzeitstudie über vier Jahren wollen die Uniklinik Köln und die Deutsche Sporthochschule nun weitere Auswirkungen, zum Beispiel auf kardiovaskuläre Risikoparameter, die Blutbildung, sowie die Muskel- und Knochen-Einheit evaluieren.

[nh; Quelle: Uni Köln]