"Ausstellung ist nun viel interessanter"
Der Videoguide ist nicht viel größer als ein iPhone und nach Angaben einer Schülerin der Johann-Joseph-Gronewald-Schule ganz leicht zu bedienen. Eine Stunde lang haben sich die Schüler der Hörgeschädigtenschule von den speziellen Geräten durch das Museum begleiten lassen. „Wir haben nur die Hälfte geschafft, ich wäre gern länger geblieben“, so einer der sechs Schüler. Mit den Videoguides sei die Ausstellung viel interessanter. Doch nicht nur im Kontext der Schule sei ein Museumsbesuch für Gehörlose mithilfe der Videoguides eine Bereicherung. Auch die Eltern der Schüler, die in einigen Fällen ebenfalls hörgeschädigt sind, können sich gemeinsam mit ihren Kindern durch eine Ausstellung führen lassen, so die Lehrerin.

Kulturen der Welt für alle zugänglich machen
Mit dem Videoguide können Gehörlose, gleich den hörenden Museumsgästen, ihren Ausstellungsbesuch selbst organisieren, erklärte der Kölner Kulturdezernent Georg Quander. Damit würden die Kulturen der Welt für alle zugänglich gemacht. Auf dem Display des Geräts können Filme abgerufen werden, in denen professionelle Moderatoren in deutscher Gebärdensprache durch die Dauerausstellung des Museums führen. Zur Auswahl stehen 3 verschiedenen Führungen: eine Themen-, Highlight- und eine Kinderführung, die jeweils 90 Minuten dauern. Allerdings sollte ein Gehörloser etwa doppelt so viel Zeit für die Führung einplanen. Denn im Gegensatz zum hörenden Besucher, der hören und sehen zugleich kann, muss ein Gehörloser die Wahrnehmungsprozesse hintereinander ausführen, erklärt Volker Maaßen: Maaßen ist gemeinsam mit Asta Limbach Mitglied des Loor Ens – GebärdenspracheTeams, das das Konzept der Videoguides gemeinsam mit quasi.tv realisiert hat.

„So werden neue Vokabeln weiter getragen“
Maaßen, selbst gehörlos, erklärte, welche Herausforderung die Übersetzung der Ausstellungsinhalte in die gebärdensprachliche Variante dargestellt habe: „Der Text war ganz schön kompliziert. Eins zu eins ließ er sich nicht umsetzen.“ Der „für Museen typische Stil“, so Maaßen, habe einige Ausdrücke gehabt, die keine Entsprechung in der Gebärdensprache besitzt. Diese musste er zunächst buchstabieren und anschließend ein neues Zeichen für die jeweilige Vokabel einführen. „So werden neue Vokabeln weiter getragen“, erklärte der Gehörlose, der von seiner hörenden Kollegin Limbach unterstützt wurde. Solche Multimedia-Führer seien Maaßen schon einmal begegnet, und zwar in Versailles. Allerdings seien diese technisch noch nicht so weit entwickelt gewesen, wie jene Videoguides, die den gehörlosen Besuchern ab heute im Rautenstrauch-Joest-Museum kostenlos zur Verfügung stehen.

„So ist es viel besser und handlicher“
Zehn von den Gebärdensprach-Führern stehen am Empfang des Museums zur Nutzung bereit. „Wir gehen aber davon aus, dass sich das schnell rum sprechen wird, und wir schon bald mehr von den Geräten zur Verfügung stellen werden“, sagte der Museumsdirektor Klaus Schneider. Tatsächlich kämen Gehörlose meist in einer Gruppe von 20 Personen, so Gerd Maletz vom Verband zur Förderung der Gehörlosen Köln und Umgebung, weshalb die Anzahl voraussichtlich nicht ausreichend sei. Maletz hatte sich außerdem vorgestellt, dass die Videoführungen auf eine große Leinwand im Museum projiziert würden. „Aber so ist es viel besser und handlicher“, kommentierte der Gehörlose die Videoguides. Die Nachfrage im Verband sei jetzt schon sehr groß.  

Initiiert wurde das Konzept der Videoguides von der Dr. Gertrud-Best-Stiftung, die gehörlose Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Köln und Umgebung fördert. Anfangs habe allerdings das Geld für die Umsetzung dieses Konzepts gefehlt, erzählte die Vorsitzende der Stiftung Hildegard Enkel. Deshalb sei man auf die gemeinnützige Marga und Walter Boll-Stiftung in Kerpen zugegangen, die dann im April dieses Jahres mit einem Beitrag von etwa 15.000 Euro die Produktion der Videoguides und die Anschaffung der ersten zehn Geräte möglicht gemacht hat.

[il]