Köln | 1974 gründeten Hans Süper Junior und Hans Zimmermann das „Colonia Duett“. Zeit daran zu erinnern. 16 Jahre später trennten sich Süper und Zimmermann und 1994 verstarb Zimmermann und 2022 Süper. Im Netz finden sich eine ganze Reihe von Stücken des Duos und zeigen den Kölner Karneval vor vielen Jahrzehnten. Heute würde man sagen: Ihre Auftritte wie der aus 1985 „Dat woren wir“ waren politisch nicht korrekt. Eine Betrachtung im Zusammenhang mit 75 Jahren Grundgesetz.

Bei einem Auftritt 1985 gab es noch DDR-Witze des Colonia Duetts.
Süper: „Oh, was ist denn hier los“
Zimmermann: „Is dat nit herrlich he“
Süper: „Das ist ja Wahnsinn was hier los ist. Diese Farbenpracht. Das müssen Sie sehen. Kommen Sie mal alle rauf“
Zimmermann: „Is dat nit schön he, wa. Sag hörens wo warst Du denn jewesen“
Süper: „Wieso? Ich war, Ich war in der DDR“
Zimmermann: „Du warst in der DDR?“
Süper: „Jawohl, ich habe ein Haus gekauft bei Handschlag“
Zimmermann: „Bei Handschlag?
Süper: „Und da ist es zusammenjefallen, ja“

Der Saal tobt… und dann gibt’s deftig Frauenfeindliches, als Eheerfahrung getarnt oder männliche Freiheit und jede Menge Pointen auf Kosten von People of Colour. Süper spricht darüber, dass er ein „Black Girl“ gehabt habe und als Zimmermann nachfragt, erklärt es ihm Süper: ein Mädchen aus dem Urwald nicht Schwarzwald und mimt afrikanische Musik und Tänze ins Lächerliche. Zimmermann hält sich dazu die Ohren zu. Die Dame sei so schwarz gewesen, dass man sie des Nächtens nicht gesehen habe, nur die Rücklichter, erklärt Süper und ,dass die Dame fast jeden Abend vom Auto überfahren worden sei.  What the Fuck? Schwarze Menschen sind ein Problem für den biodeutschen Automobilisten? Und weiß angezogene Schwarze für den Schneepflug-Fahrer? Der Saal tobt vor Heiterkeit.

Heute würden die Witze und Anspielungen von Süper und Zimmermann als rassistisch und sexistisch eingeordnet werden und wer dies tut muss mit viel Widerstand vor allem in sozialen Medien rechnen. Der Vorwurf der „Wokeness“ ließe nicht lange auf sich warten, gekoppelt an das übliche Political Correctness-Lamento, wer das nicht mehr sagen dürfte dessen Recht auf Meinungsfreiheit werde beschnitten. Und so verwundert es nicht, dass eine Sandra K. auf Youtube kommentiert: „Da hatten die Menschen noch Humor. Traurig was aus Deutschland geworden ist.“

Autowitze, Autobahn und Flugzeuge – ein Jumbo – der auf Autobahnen landet. Süper flicht Denglisch ein. Und der Sitzungspräsident verabschiedet das Duo so: „Zwei Sterne am Fastelovendshimmel. Wunderbar. Zwei Künstler – ävver zwei Künstler zum Anpacke“. Und dann gab es eine „Süper-Rakete“ und einen „Eier Alarm“.

Wer es sich ansehen möchte findet dies hier:

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Das Konservative

Was wir beim Auftritt aus dem Jahr 1985 des Colonia-Duettes, an dessen 50 Jahre zurückliegenden Beginn hiermit erinnert wird, sehen, ist die bundesrepublikanische Wirklichkeit drei Jahre nachdem Helmut Kohl Bundeskanzler wurde. Der forderte beim Bundestagswahlkampf 1980 nach den SPD-Regierungsjahren von Brandt und Schmidt eine „geistig-moralische Wende“ und meinte damit vor allem die Stärkung konservativer Werte. Was zudem zu sehen ist, wie tief rassistische und sexistische Vorstellungen in Teilen der Gesellschaft verankert waren.

An dem Auftritt des Colonia Duetts lässt sich erklären, was Political Correctness eigentlich einfordert. Süper und Zimmermann malen Unterschiede in den Saal und respektieren diese nicht, sondern nutzen diese aus, um zu diskriminieren. Lachen auf Kosten anderer. Da ist sie, die klar eingeteilte Weltordnung: DDR unten – BRD oben, Frau unten – Mann oben, Schwarz – Weiß, das richtige Auto. Wer Political Correctness ablehnt, wird jetzt aufjaulen und sagen Jetzt ziehen die „Woken“ auch noch das Colonia Duett hervor und wollen dessen Auftritte nachträglich zum Tabu erklären. Mitnichten, aber es lässt sich etwas daran erkennen und erklären.

Stellen wir die Frage anders: Schadet uns Political Correctness?

Es geht um die Frage ab welchem Zeitpunkt beginnt Diskriminierung. Es ist nicht die Frage, dass Minderheiten Mehrheiten tyrannisieren wollen, sondern eine Frage der Debatten- und Diskussionskultur. Oder eben wie das Beispiel Colonia Duett zeigt: Müssen Witze auf Kosten Dritter erfolgen? Da dessen Filme im Netz noch präsent sind oder sogar Matineen in Köln veranstaltet werden, ist die Frage legitim.

Bringen wir das Grundgesetz ins Spiel. Wir feiern 75 Jahre Grundgesetz. Das Grundgesetz fordert uns auf, nicht zu diskriminieren, siehe Artikel 1.Unsere Debatten und Diskussionen diskriminierungsfrei zu gestalten. Unsere Witze auf der Karnevalsbühne diskriminierungsfrei zu gestalten. Und damit ist das Grundgesetz sehr nahe an der Political Correctness.

Rücksicht und gelebte Empathie sind im Sinne des Grundgesetzes und hier liegt die Stärke und die Berechtigung der Political Correctness. Ich muss die Gefühle und Befindlichkeiten anderer ernst nehmen. Das Colonia Duett tut dies nicht. Warum auch immer. Wir können es nicht mehr erfahren, denn die Künstler leben nicht mehr und so können wir sei leider nicht mehr fragen und um eine Einschätzung bitten.

Wer sich politisch korrekt verhält achtet die Werte des Grundgesetzes. Das ist Deutsch und Tradition. Ist es nicht konservativ diese Werte zu stärken? Unsere Gesellschaft ist bunter und vielfältiger. Frauen sind Männern nicht mehr untergeordnet. Ausländer und Menschen, die anderen Religionen oder nicht huldigen, sind Teil unserer Bevölkerung. Unterschiedliche Sexualität ist normal. Ist es nicht so, dass die, die wenn gegendert wird vor Meinungsverboten warnen, etwas ganz anderes im Sinn haben: Sie haben Angst ihre eigene Macht in der Gesellschaft zu verlieren und dass ihre Meinung nicht die Einzige ist. Ist deren Kritik an der Political Correctness ehrlich oder wollen deren Verfechter einfach ihr Oben und Unten verteidigen und dem Fortschritt den Kampf ansagen.

Wer sich heute in Youtube die alten Witze und Filmchen des Colonia Duett ansieht, sollte diese Gedanken nicht einfach ausschließen, sondern mitschwingen lassen. Das begründet die Legitimität sich mit dem Colonia Duett heute auf diese Art auseinanderzusetzen. Und das Grundgesetz galt mit dem Artikel 1 schon vor 50 Jahren. Die Frage ist also: Wie wichtig ist uns allen der Artikel 1?

Vor 50 Jahren gegründet: Das Colonia Duett

Hans Süper jun. und Hans Zimmermann waren das kölsche Karnevalsduo. Die beiden traten in dieser Besetzung als Duo im kölschen Fasteleer von 1974 bis 1990 auf. Süper spielte die Mandoline, also Flitsch, und Zimmermann Gitarre. „Zimmermän“ gab die Stichworte und Süper führte aus. Süper nannte „Zimmermän“ das „Ei“ mit Anspielung auf dessen Haarverlust. Rund 250 bis 300 Auftritte pro Session absolvierte das Duo in seiner Hochphase und war fester Bestandteil der Fernsehsitzungen der damaligen Zeit. 1990 beendet Süper die Zusammenarbeit, der 1991 wieder als Süper-Duett mit Werner Keppel auf der Bühne stand. Süper und Keppel starben 2022. „Zimmermän“ starb 1994.