Allgemein verbindliche Tarifverträge helfen nicht gegen Dienstleistungsrichtlinie
Sehr schnell wurde im Rahmen der Podiumsdiskussion klar, dass der Mindestlohn wohl eine Notwendigkeit im Rahmen der europäischen Regelungen der Dienstleistungsrichtlinie werden wird. Die wird bis zum April 2011 umgesetzt sein und den Austausch, die Auschreibung auch von Dienstleistungen innerhalb der europäischen Union regeln. Bernhard Nordhausen fürchtet dann die osteuropäische Konkurrenz, die mit Lohndumping auch den deutschen und Kölner Markt überschwemmen wird. "Bulgarien hat Mindestlöhne von 0,65 Euro", so Nordhausen. Diese europäische Regelung wird auch durch die deutsche Tarifautonomie nicht außer Kraft gesetzt,  und das war der zweite Konsensfaktor der Diskussionsrunde, die eigentlich wieder alle gestärkt sehen wollen. Unterschiedlicher Auffassung ist man über Ausformulierungen und Wegen.

Lohnaufstockung mit ALG II ist Subvention
Artur Tybussek befürchtet, dass durch die Einführung des Mindestlohnes Arbeitsplätze gefährdet sind und er dies in Gesprächen mit Arbeitnehmern auch bestätigt bekommen habe. Tybussek rechnete vor, dass auch heute schon Geringverdiener, durch Aufstockung mit dem Arbeitslosengeld II (ALG II) auf höhere Stundenlöhne als der vorgeschlagene Mindestlohn kommen. Gerade diese Aufstockungen kritisierte DGB Mann Uellenberg-van Dawen als gigantische Subvention, die aus Steuermitteln aufgebracht werden müssen. Alleine in Köln würden 11.000 Menschen mit ALG II aufstocken und deutschlandweit sind es rund 1,1 Millionen Menschen. Uellenberg-van Dawen kritisierte diese Lohndrift nach unten als Fehler, die nicht Qualifikation fördert, die ein so hoch produktiver Standort wie Deutschland dringend brauche. Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Kölner SPD legte den Fokus auf eine verbesserte Bildung und Qualifikation der Menschen.

Mindestlohn war für Gebäudereiniger die richtige Entscheidung
Bernhard Nordhausen sieht die Realität anders. Er geht davon aus, dass es immer Menschen geben wird, die bildungsfern sein werden und die auch einen Job benötigen. Für die Gebäudereiniger waren die Mindestlohnvereinbarungen ein Schritt in die richtige Richtung, die die Betriebe stabilisiert haben und dies von den Unternehmensleitungen auch so gesehen werde. Von 850.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gebäudereinigungsbranche hätten lediglich 50.000 bundesweit eine Ausbildung. Das heißt 800.000 Menschen sind gering qualifiziert und haben dennoch eine einfache Arbeit. Dass der Mittelstand in diesem Segment zurückgedrängt werde, läge nicht an dem vereinbarten Mindestlohn von 8,15 € die Stunde, sondern an fallenden Margen und Margen um 1 Prozent können sich nur Konzerne leisten, so Nordhausen.

Besonders scharf kritisierte Artur Tybussek, den Eingriff des Staates in die Tarifautonomie durch die Festlegung von Mindestlöhnen. Dies bedeute für ihn einen Systemwechsel, wenn der Staat jetzt in das Lohnsystem eingreift. Das Lohnsystem dürfe nicht zum Spielball von Politikinteressen, gerade im Vorfeld von Wahlen werden. Tybussek forderte starke Gewerkschaften und starke Arbeitgeberverbände. Hier widersprach ihm Uellenberg-van Dawen prinzipiell nicht, sieht aber, das die Erosion bei der Tarifautonomie von den Arbeitgeberverbänden ausgeht, deren Mitglieder sich nicht mehr mit den allgemeinen Tarifverträgen anfreunden können.

Der Mindestlohn wird in vielen Branchen kommen, soviel ist klar, Branchen die ihn schon haben befürworten ihn, trotz der Kritik am staatlichen Eingriffes. Die Tarifautonomie gehört gestärkt. Um das wie und das wieviel wird noch heftig gerungen werden.

Andi Goral für report-k.de / Kölns Internetzeitung