Paris | aktualisiert | Bei der Wahl des neuen Staatspräsidenten in Frankreich liegt der sozialliberale Kandidat Emmanuel Macron ersten Prognosen zufolge klar vor Front-National-Chefin Marine Le Pen: Dem öffentlich-rechtlichen Sender „France 2“ zufolge kam Macron in der Stichwahl auf 65,1 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 34,9 Prozent.

Macron will nach Wahlsieg soziale Spaltung Frankreichs beenden

22:39 Uhr >Der Sieger bei der französischen Präsidentschaftswahl, Emmanuel Macron, will als neuer Präsident die soziale Spaltung Frankreichs beenden. „Ich werde gegen die Spaltung kämpfen“, sagte Macron in einer Ansprache am Sonntagabend. Er werde alles tun, was im Bereich des Machbaren liege, um die Interessen der Bürger zu vertreten.

Er bedankte sich auch bei seiner Gegenkandidatin Marine Le Pen. Er wisse, warum viele Bürger für die „extreme Bewegung“ Le Pens gestimmt hätten. Macron versprach, die „schwächsten Mitglieder der Gesellschaft“ zu schützen.

Le Pen hatte ihre Niederlage zuvor eingeräumt. Sie habe Macron angerufen, ihm zum Wahlsieg gratuliert und Erfolg gewünscht, sagte Le Pen in Paris. Einer aktuellen Hochrechnung des öffentlich-rechtlichen Senders „France 2“ zufolge kommt Macron in der Stichwahl auf 65,5 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 34,5 Prozent.

Merkel freut sich auf „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit Macron

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Emmanuel Macron am Abend telefonisch zu seinem Sieg bei den französischen Präsidentschaftswahlen gratuliert. Merkel habe Macrons Eintreten im Wahlkampf für eine geeinte und weltoffene Europäische Union gewürdigt, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, mit. Die Bundeskanzlerin freue sich darauf, „im Geist der traditionell engen deutsch-französischen Freundschaft vertrauensvoll mit dem neuen Präsidenten zusammenzuarbeiten“.

EU-Kommissionspräsident Juncker erfreut über Wahlsieg Macrons

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat den Wahlsieg des pro-europäischen Kandidaten Emmanuel Macron bei der französischen Präsidentenwahl begrüßt. „Der Wahlsieg Macrons hat den Populisten zumindest den Wind aus den Segeln genommen“, sagte der Juncker der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe). „Macron ist überzeugter Europäer und ein Politiker mit Visionen“, sagte Juncker weiter.

Er verfolge mit dem neuen französischen Präsidenten „gemeinsame Ziele: eine europäische Verteidigungspolitik, ein sozialeres Europa und eine Stärkung der Währungs- und Wirtschaftsunion“. Der oberste Brüsseler Beamte freut sich deshalb, „Hand in Hand mit dem künftigen Präsidenten Macron an der Verwirklichung dieser Ziele zu arbeiten und unseren europäischen Kurs gemeinsam fortzusetzen“. Macron sei der erste Politiker, den Juncker nach seiner Wahl zum Kommissionspräsidenten noch vor seinem Amtsantritt getroffen habe.

Mit der Wahl des Pro-Europäers Macron seien nun auch weitere Vertiefungsschritte möglich. „Wir werden Ende Mai ein Reflexionspapier zur Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion vorlegen“, sagte Juncker. Darin werde von der Einführung eines euroraumweiten Schatzamts und dessen Voraussetzungen die Rede sein.

Im Bericht der fünf Präsidenten der Kommission, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Rates, der Europäischen Zentralbank und der Eurogruppe sei dieses euroraumweite Schatzamt vorgeschlagen worden. „Bevor aber ein solches Schatzamt den Rahmen dafür bieten kann, müssten eine Reihe anderer Integrationsschritte erfolgen. Wir brauchen mehr ökonomische Konvergenz und mehr Politik-Konvergenz, vor allem in der Arbeitsmarktpolitik und bei der Organisation der Sozialversicherungssysteme“, sagte Juncker.

Ein EU-Finanzminister, so der EU-Kommissionspräsident, bräuchte eine gesamteuropäische Haushaltsgewalt und müsste parlamentarisch kontrolliert werden. „Es bedürfte dafür deutlicher Vertragsänderungen“, sagte Juncker.

AfD-Chefin Petry gratuliert Le Pen trotz Niederlage

AfD-Chefin Frauke Petry hat der französischen Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen trotz deren Niederlage bei der Stichwahl gratuliert: „Marine Le Pen ist trotz massiver Anfeindungen ein beeindruckendes Wahlergebnis gelungen, zu dem ich herzlich gratulieren möchte, auch wenn es am Ende leider nicht für den Sieg gereicht hat“, sagte Petry der „Welt“. Le Pens Niederlage, so Petry weiter, sei „umso bedauerlicher“, als dass Le Pen „mit ihrem Sachverstand, klaren Thesen und einer realistischen Vision über die richtigen Antworten verfügt, Stagnation und übertriebene politische Korrektheit zu beenden“. Petry hatte Le Pen während deren Kandidatur für die französische Präsidentschaft offen unterstützt und sich mehrfach mit der Französin getroffen.

Nach Ansicht von Petry hätte Le Pen die Möglichkeit eröffnet, Frankreich „aus der Umklammerung einer moralisierenden Elite zu befreien“. Deren „peinliche Begleitmusik“, so Petry, hätten deutsche Politiker geliefert, darunter Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Der Außenminister „sollte sich schämen, eine französische Präsidentschaftskandidatin in der Stichwahl als `Rattenfängerin` zu beschimpfen“, sagte Petry der Zeitung.

Bundespräsident Steinmeier gratuliert Macron zum Wahlsieg

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Emmanuel Macron zu seiner Wahl zum nächsten Präsidenten Frankreichs gratuliert. „Ich freue mich, dass sich die französischen Wähler mit Ihrer Wahl mehrheitlich für Weltoffenheit, ein vereinigtes Europa und die enge und freundschaftliche Zusammenarbeit mit Deutschland entschieden haben“, schreibt Steinmeier am Sonntag. „Deutschland will und braucht ein starkes Frankreich.“

Er sei zuversichtlich, dass Deutschland und Frankreich in den kommenden Jahren „eng, vertrauensvoll und erfolgreich“ zusammenarbeiten werden, so Steinmeier weiter. Auch die Bundesregierung zeigte sich über die Wahl Macrons erfreut. „Ihr Sieg ist ein Sieg für ein starkes geeintes Europa + für die deutsch-französische Freundschaft“, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

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20:15 Uhr > Insgesamt waren knapp 47 Millionen Bürger zur Wahl aufgerufen, bis 17 Uhr hatten dem französischen Innenministerium zufolge 65,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, deutlich weniger als 2012. Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen hatten einige gescheiterte Kandidaten zur Wahl Macrons in der Stichwahl aufgerufen, um eine Präsidentschaft Marine Le Pens zu verhindern. Zahlreiche europäische Spitzenpolitiker hatten ebenfalls klar gemacht, sich Macron als Wahlsieger zu wünschen.

Gabriel: Macrons Wahlerfolg ist „ein guter Tag für Frankreich“

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich erfreut über die Wahl Emmanuel Macrons zum nächsten Präsidenten Frankreichs geäußert: „Dies ist ein guter Tag für Frankreich! Und es ist ein guter Tag für Europa und für Deutschland!“, sagte Gabriel kurz nach der Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen zur Präsidenten-Stichwahl in Frankreich. Demnach hat Macron die Wahl klar gewonnen. „Die Franzosen haben sich für Optimismus, Reformen und Weltoffenheit entschieden – für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und gegen Abschottung, Zynismus und Hass“, so Gabriel.

Der Wahlsieg Macrons sei aber auch ein „Auftrag an uns in Deutschland“: Macron müsse Erfolg haben. „Wenn er scheitert, wird Frau Le Pen in fünf Jahren Präsidentin und das europäische Projekt ginge vor die Hunde“, so der Außenminister weiter. Man müsse Macron bei der Umsetzung von Reformen unterstützen.

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Die Wahl in Frankreich hat begonnen

9:37 Uhr > In Frankreich hat am Sonntag die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen begonnen. Emmanuel Macron mit seiner Bewegung „En Marche“ führt in Umfragen deutlich vor der rechtspopulistischen Marine Le Pen. Zuletzt hatte ein Datenleck für Aufsehen gesorgt: Zehntausende Dokumente aus geknackten e-Mail-Postfächern der „En Marche“-Bewegung waren am Freitag ins Internet gelangt.

Ob die Dokumente Macron schaden können ist unklar: Der Wahlkampf ging am Freitag zu Ende, nach französischem Recht ist danach Wahlwerbung und damit eine Auseinandersetzung mit den Dokumenten verboten. Entscheidend für den Wahlausgang wird die Entscheidung der Wähler sein, die im ersten Wahlgang für andere Kandidaten stimmten: Zwar rief der gescheiterte Spitzenkandidat der Republikaner Fillon zur Wahl Macrons auf, andere Kandidaten forderten ihre Wähler jedoch lediglich dazu auf, Le Pen zu verhindern. Bei einer niedrigen Wahlbeteiligung würden die Chancen für die Rechtspopulistin steigen.

Autor: dts | Foto: Frederic Legrand COMEO/www.shutterstock.com
Foto: Der neue französische Präsident Macron