Köln | Hermann Rheindorf stellte heute im NS Dokumentationszentrum (NS-Dok) den zweiten Teil seiner dreiteilige Filmdokumentation „Köln im Dritten Reich“ mit dem Untertitel „Alltag unter dem Hakenkreuz“ vor. Es gelingt in Kooperation mit dem NS-Dok, die die wissenschaftliche Einordnung beisteuern, das Medium Bewegtbild aus der Zeit, in Kombination mit Zeitzeugeninterviews von heute, zu einem kritischen und sachlichen Bild aus der Sicht heutiger Erkenntnisse zusammenzufügen. Eine beeindruckende Dokumentation, die auch mit dem ein oder anderen Klischee aufräumt.

Der Verlag koelnprogramm hat Fotoszenen aus der DVD zur Verfügung gestellt, die einen Einblick geben in den „Alltag unterm Hakenkreuz“ >

Zeitgeschichte mehrdimensional erzählt

Der erste Teil der Reihe befasste sich mit dem „Weg in die NS-Diktatur“ von 1930 bis 1935 und dauerte 100 Minuten. Der zweite Abschnitt widmet sich den Jahren 1936 bis 1939, also bis zum entfachen des II.Weltkrieges durch das NS-Regime. Im Sommer 2013 will man dann den dritten Teil, der den Titel „Köln im Krieg“ trägt, vorstellen. Die bewegten Bilder beeindruckend, die Einordnung dokumentarisch, sachlich und historisch, ohne dabei dröge zu wirken. Emotional sind die Zeitzeugenporträts und ihre Reaktionen auf die historischen Aufnahmen, die teils sogar farbig zuvor angesehen werden können. Es entsteht ein mehrdimensionales Bild, wie es Jahrzehnte nach den Ereignissen vielleicht auch erst möglich ist. Ein Beispiel: Als Hitler drei Wochen nach dem Einmarsch der Wehrmacht ins Rheinland 1936 nach Köln kommt, erzählen die Zeitzeugen, dass jeder Kölner dort war. Der damalige Hitlerjunge mit dem 150 prozentigen Nazi als Vater aus seiner Perspektive, die Tochter eines jüdischen Vaters als Veranstaltung der sie sich nicht entziehen konnte und die Tochter des eingekerkerten kommunistischen Vaters als Ort wo sie nicht war. Das wirft ein differenziertes Bild auf die damalige Situation und wie heute noch Beteiligte darüber reflektieren. Die Bilder und die Aussagen belegen aber auch, dass die Mär vom widerspenstigen Köln nicht stimmen.

Fast jedes Kapitel wird aufgeschlagen

Der zweite Teil der Dokumentation widmet sich aber auch der Reichsprogromnacht, der Kultur, Köln als Reiseziel für Billigtouristen der Kraft durch Freude Organisation und sogar dem Kölsch als Getränk, dass es damals noch gar nicht gab, sondern Pils schick war. Es gab sogar ein Dom-Pils, für das man Werbung in bewegten Bildern machte. Die Kölschkultur ist ein Kind der Nachkriegsmarketingzeit, wie wir hier lernen können. Natürlich darf auch der Karneval nicht fehlen und Rheindorf ist es gelungen bewegte Bilder von Karl Küpper zu bekommen. Ein ehemaliger Bauer in einem Dreigestirn hatte diese Aufnahmen Marcus Leifeld zur Verfügung gestellt, der sie wiederum an Rheindorf weiterleitete. Es gibt Bilder der ersten weiblichen Jungfrau im Dreigestirn, Bilder von der Prinzenproklamation 1938, aber auch aus dem Rosenmontagszug, wo Juden diffamiert wurden, durch Figuren wie den „Diviserich“ oder den Wagen „Die letzten ziehen ab“. Aber auch Bilder aus den Fabriken, wie 4711, Brüggelmann oder Ford wo immer mehr Frauen arbeiteten zeigen alle Facetten des damaligen Alltages. Das Ende des zweiten Teiles sind Aufnahmen aus dem letzten Friedenssommer in Köln 1939 und sei, so Autor Rheindorf, ein filmischer Abschied von der alten Stadt.

Die einzelnen Teile der DVD-Reihe zeigen jeweils 20 bis 25 Kapitel, die man auch einzeln ansteuern kann. Die DVD kostet 14,80 Euro und ist im kölnprogramm Verlag erschienen. Für jeden Kölner mit historischem Interesse ist die DVD-Reihe eigentlich ein Muss für das Bücherregal oder den DVD-Schrank.

Köln im Dritten Reich
Teil 2: Alltag unterm Hakenkreuz
Autor: Hermann Rheindorf
Verlag: kölnprogramm GmbH
Laufzeit: 130 Minuten

Autor: ag | Screenshot aus „Köln im Dritten Reich“/koelnprogramm
Foto: Der Screenshot zeigt eine der Filmsequenzen, das Kölner Eis- und Schwimmstadion mit Hakenkreuzbeflaggung in Farbe