Köln | aktualisiert | Das Gebäude 9 und mit ihm der Kunst- und Gewerbehof auf dem ehemaligen KHD-Gelände in Mülheim sind von Schließung und Abriss bedroht. Dies geht aus einem aktuellen Beschluss der Bezirksvertretung Köln-Mülheim  zur Änderung des Flächennutzungsplans sowie der Auflegung des Bebauungsplanentwurfs für das „Euroforum Nord“ getaufte Areal hervor. Nun regt sich Widerstand vonseiten der Kölner Politik, die Linke fordert den Erhalt, die Grünen eine Neuerrichtung in unmittelbarer Nähe zum jetzigen Standort. Auch wurde bereits eine Online-Petition ins Leben gerufen, um das „Gebäude 9“ als Kulturort zu erhalten. Der Verband Klubkomm fordert Bestandsschutz für das „Gebäude 9“ und sieht die Existenz des Clubs sowie seiner 25 Mitarbeiter gefährdet.

Online-Petition zum Erhalt gestartet

In der schriftlichen Begründung zur Online-Petition heißt es, mit der Schließung und dem Abriss des Gebäude 9 „ginge ein bedeutender Kulturort und eine der kreativsten, über 20 Jahre gewachsenen Mischungen aus Gewerbe und Künstlerateliers verloren.“ Für die weitere Entwicklung des ehemaligen KHD-Areals, wie sie auf dem städtebaulichen Workshop zum Mülheimer Süden erst kürzlich beschlossen wurde – unter der Maßgabe eines weitgehenden Erhalts auch nicht denkmalgeschützter Bausubstanz – wäre dies ein verheerendes Signal, heißt es dort weiter. Das Gebäude 9 sei ein „Anker“ für eine wirkliche und nicht nur dem Namen nach gemischte Entwicklung des Geländes. Es müsse bestehen bleiben.

Facebook-Gruppe gegen Schließung gegründet

Auch in den sozialen Netzwerken hat das „Gebäude 9“ bereits zahlreiche Fürsprecher für den Erhalt gefunden. Die am 28. März 2014 zum Erhalt des „Gebäude 9“ gegründete Facebook-Gruppe „Rettet das Gebäude 9“ hat bereits weit über 10.000 Anhänger.

Kölner Linke: Keine Schlafstadt im Mülheimer Süden

Auch die Fraktion der Linken im Rat der Stadt Köln sprechen sich für einen Erhalt des Gebäude 9 aus, in dem seit Mitte der 1990er Jahre regelmäßig Partys, Konzerte und weitere Kulturveranstaltungen stattfinden. Bei der Entwicklung der Industriebrachen im Mülheimer Süden gelte es, so die Kölner Linke, die bestehenden Kultureinrichtungen, wie den Konzertclub im Gebäude 9, das Kunstwerk und andere Kreativeinrichtungen klug mit der anstehenden Umwidmung des Geländes zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums zu verbinden.

Um die Möglichkeiten hierfür auszuloten, habe die Fraktion eine Anfrage für den Stadtentwicklungsausschuss gestellt. Der bedrohte Künstlerhof mache, so die Kölner Linke, nur einen Bruchteil der Industriebrache im Mülheimer Süden aus. Die Zerstörung des Hofes sei weder notwendig noch sinnvoll. Auch an anderen Orten in Köln existierten Konzertclubs in direkter Nachbarschaft zur Wohnbebauung, so die Linke in ihrer schriftlichen Erklärung.

„Wir brauchen dringend preiswerten Wohnraum. Aber wir wollen keine Schlafstädte, sondern lebendige Viertel. Gerade im Rechtsrheinischen, wo Kultureinrichtungen rar sind, muss ein Club wie das Gebäude 9 unbedingt erhalten bleiben.“, so Jörg Detjen, Sprecher der Linken-Ratsfraktion. Baudezernent Höing müsse nun beweisen, dass er es ernst nimmt mit moderner Stadtentwicklung. Höing sollte, so die Linke, einen Entwurf vorlegen, der die Belange der heutigen Nutzer adäquat berücksichtige.

Michael Weisenstein, Ratsmitglied und für die Linke im Stadtentwicklungsausschuss, ergänzt: „In Mülheim dürfen nicht die gleichen Fehler gemacht werden wie in Nippes auf dem EAW Gelände. Hier hat man die ansässigen Künstler vertrieben und vergrault. Die Folge: Monotone Wohnbebauung ohne Anbindung an das umliegende Gemeinwesen.“

Grüne Köln-Mülheim: „Das ‚Gebäude 9‘ muss in unmittelbarer Nähe bleiben“

Zum aktuellen Beschluss der Bezirksvertretung Köln-Mülheim über die Zukunft der Kultur- und Clublocation ‚Gebäude 9‘ und das Gelände ‚Euroforum Nord‘ an der Deutz-Mülheimer Straße erklären der Ortsvorstand und die Bezirksvertreter von Bündnis 90/ die Grünen Köln-Mülheim schriftlich:

„In der Mülheimer Bezirksvertretung haben wir nur mit der Maßgabe zugestimmt, dass sich die Verwaltung gemeinsam mit dem Eigentümer intensiv bemüht, einen geeigneten Alternativstandort für das ‚Gebäude 9‘ in Mülheim zu finden. Dies werden wir konsequent einfordern und konstruktiv im Austausch mit den Clubbetreibern begleiten“, so Ulla Schlömer, Mitglied der grünen Fraktion der Bezirksvertretung in der schriftlichen Stellungnahme.

„Wir Grünen kritisieren, dass es nicht möglich war, das ‚Gebäude 9‘ in den Bebauungsplan zu integrieren, daher muss ein Alternativstandort gefunden werden: Aber das ‚Gebäude 9‘ muss in unmittelbarer Nähe im Areal bleiben.“, fordert Max Christian Derichsweiler, Sprecher der Grünen Köln-Mülheim und Direktkandidat für den Stadtrat für den Wahlkreis Mülheim I. Beispielsweise sei die nahegelegene ICE-Trasse für Wohnbebauung eher ungeeignet. Hier biete sich an, genau die Möglichkeiten für eine Alternative in unmittelbarer Nähe zum bisherigen Standort zu prüfen.

„In der Mülheimer Bezirksvertretung haben wir Grünen es uns bei der Abstimmung nicht einfach gemacht und es haben auch nicht alle von uns dafür gestimmt – gerade weil das ‚Gebäude 9‘ mit betroffen ist. Auf der einen Seite entsteht mit dem Plan ein Mischkonzept aus Wohnen, Kleingewerbe, Grünflächen und integriertem Kunst- und Kulturgewerbe – ein Konzept, das wir für tragfähig halten. Auf der anderen Seite konnte trotz langer Diskussion mit der Verwaltung keine Möglichkeit gefunden werden, das neue Wohnen an diesem Ort mit dem besonders in der Nacht stark frequentierten ‚Gebäude 9‘ zu verbinden, ohne dass von den 350 dringend benötigten Wohneinheiten bis zu 200 wegfielen“, wird Schlömer in der Erklärung der Grünen zitiert.

Der Bestandsschutz für das „Gebäude 9“ gelte weiterhin, und daran werde sich bis zur Fertigstellung der Wohngebäude in zwei bis drei Jahren nichts ändern, so Derichsweiler. Das „Gebäude 9“ sei eine wichtige Kultur- und Partylocation mit einem weiten Einzugsgebiet. Solche kreativen Räume müsse man unbedingt erhalten. Er hätte sich auch gewünscht, dass das ‚Gebäude 9‘ da bleiben könne, wo es jetzt sei, so Derichsweiler schriftlich.

Grüne Ratsfraktion: „werden alle Lösungsmöglichkeiten ausloten“

Brigitta von Bülow, kulturpolitische Sprecherin der grünen Ratsfraktion, und Kirsten Jahn, grüne Spitzenkandidatin zur Kommunalwahl äußerten sich ebenfalls schriftlich zur aktuellen Diskussion um das Schicksal des „Gebäude 9“. Dieses sei von Beginn an als Zwischennutzung vorgesehen gewesen, heißt es in der schriftlichen Erklärung der Ratsfraktion. Man werde alle Lösungsmöglichkeiten ausloten. Sofern ein Verbleib auf dem jetzigen Grundstück nicht möglich sein sollte, werde man sich für einen alternativen Standort stark machen.

Unabhängig davon setze man sich, so die Erklärung weiter, für den Bau der geplanten 200 Wohnungen auf dem Areal ein. In der Stadt werde dringend bezahlbarer Wohnraum gebraucht, so die Erklärung. Die Entwicklung von Mülheim Süd trage auch gleichzeitig dazu bei, „die Stegerwald-Siedlung aus ihrer Insellage herauszuholen und in ein neu entstehendes Stadtquartier zu integrieren.“, so die Ratsfraktion.

Verband Klubkomm fordert Bestandschutz für „Gebäude 9“

Der Verband Kölner Clubs und Veranstalter (Klubkomm) fordert die Politik und Verwaltung der Stadt Köln in einer schriftlichen Stellungnahme mit Nachdruck dazu auf, den derzeitigen Planungsentwurf für das „Euroforum Nord“  zu überarbeiten und den Bestand des Gesamtkomplexes des Kunst- und Gewerbehofes in der vorhandenen Struktur sicherzustellen. Die Verdrängung, und demzufolge die drohende Schließung, eines derart bedeutenden Kulturstandortes ist aus Sicht der Klubkomm nicht zu akzeptieren und sei auch nicht mit dem Hinweis auf den dringenden Bedarf an Wohnraum in Köln zu rechtfertigen, so die Stellungnahme.

Die Stadt Köln müsse sicherstellen, so die Forderung der Klubkomm, dass sie im Rahmen ihrer Stadtentwicklung weiterhin attraktive Flächen für die Kultur-, Kunst- und Kreativbranche zur Verfügung stelle und sich aktiv der Verdrängung von kulturell fundamental wichtigen Spielstätten widersetze.

Eine lebendige Club- und Musikszene sei für den Standort Köln sowohl in kultureller als auch in wirtschaftlicher Hinsicht unverzichtbar, so die Klubkomm. Angesichts der aktuellen Beschlussvorlage der Bezirksvertretung Köln-Mülheim sieht der Verband das „Gebäude 9“ mit seinen insgesamt rund 25 Arbeitsplätzen massiv in dessen Existenz bedroht.
 

Autor: dd | Karte: mapz.com
Foto: Das „Gebäude 9“ im Köln-Mülheim (Karte: www.mapz.com)