Paris | Alain Juppé, Anwärter der französischen Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur in Frankreich, übt Kritik an der bisherigen europäischen Flüchtlingspolitik: „Wenn wir ein politisches Europa wollen, dann müssen wir zuallererst unsere Grenzen wiederherstellen“, sagte er der „Welt“ Die EU habe den Organisationen, die den Schengen-Raum schützen sollen, „weder die finanziellen noch die personellen noch die juristische Mittel in die Hand gegeben, um diese Aufgabe zu stemmen“. Wenn Europa daran scheitere, werde jedes Land gezwungen sein, „seine eigenen Grenzen wieder aufzubauen“. Das sei ein „historischer Rückschritt“.

Scharfe Kritik übt Juppé an der bisherigen politischen Lösung für den Umgang mit Flüchtlingen, die über Frankreich nach Großbritannien wollen. Die Kontrolle der Flüchtlinge in Frankreich sei nicht mehr hinnehmbar: „Wir können nicht auf französischem Boden diejenigen aussortieren, die nach Großbritannien dürfen oder nicht.“ Das sei nicht die Aufgabe Frankreichs, sondern die Großbritanniens.

An der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte Juppé keine direkte Kritik üben: „Ich habe großen Respekt vor Angela Merkel, die eine Freundin ist. Ich werde sie also nicht kritisieren“. Aber, so Juppé weiter, eine gute Einwanderungspolitik müsse „auf zwei Füßen stehen“: politischem Asyl und der Kontrolle der Grenzen.

Das ist bisher nicht immer der Fall, deutet er an: „Nicht alle, die nach Deutschland gekommen sind, haben Anrecht auf Asyl.“ Juppé kritisierte zudem den schwachen Einfluss Frankreichs in internationalen Verhandlungen: „Man hört uns nicht mehr. Frau Merkel hat ganz allein mit Herrn Erdogan ihren Deal ausgehandelt“.

Frankreich müsse seine „Stimme“ wiederfinden.

Autor: dts