Köln | Martin Börschel, der Vorsitzende der SPD Fraktion im Kölner Stadtrat zog heute eine Bilanz zu den ersten 100 Tagen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Amt. Die Bilanz fiel gemischt aus, man lobt, übt aber auch Kritik und fordert von der Oberbürgermeisterin, dass sie ihre Wahlkampfversprechen einlöst und sich an den Inhalten ihrer Antrittsrede im Kölner Stadtrat messen lässt.

Das lobt die SPD-Fraktion

Börschel würdigte ausdrücklich die Art und Weise, wie Henriette Reker das Attentat und seine Folgen mit persönlicher Kraft und Disziplin meistere. Dies verdiene Respekt. Das Reker die Sanierung der städtischen Bühnen zur Chefsache gemacht habe, sei richtig, vor allem weil hier die Verantwortung durch die städtische Verwaltung lange nicht getragen und nicht verortet werden konnte. Reker stehe jetzt in der Pflicht, dass der Fertigstellungstermin eingehalten werde und die maximale Baukostenprognose von 460 Millionen Euro nicht überschritten werde. Positiv sei, dass sie das Flüchtlingsmanagement zur zweiten Chefsache erklärt und in ihrer Antrittsrede versprochen habe, die Turnhallen wieder zügig frei zu ziehen. Positiv wertet man bei der SPD, dass Reker die Stadt nicht in die Haushaltssicherung führen wolle, sondern mit einem Doppelhaushalt 2016/17 das Heft in der Hand behalten und so den Gestaltungsspielraum sichern wolle. Auch die Absicht von Reker den Haushalt ohne Steuererhöhungen im Bereich der Gewerbesteuer und Grundsteuer konsolidieren zu wollen, begrüßt die SPD ausdrücklich.

Das tadelt die SPD

Die SPD misst Reker vor allem an ihrem Versprechen eines neuen Politikstils, ihrer Auffassung von Transparenz und Überparteilichkeit und sieht hier in den ersten 100 Tagen bereits erste Defizite. Der politische Neustart lasse auf sich warten, so die SPD. Börschel fehlt das Verständnis für die Aussage Rekers, sie sei in das Amt hineingestolpert. Als Bewerberin mit drei großen Parteien und weiteren Unterstützern im Rücken hätte ihr schon in der Wahlkampfphase klar sein müssen, dass sei große Chancen hatte Oberbürgermeisterin zu werden und damit sich auch auf das Amt vorbereiten müssen. Vor allem zentrale Personalentscheidungen hätte Reker vorbereiten können. Dass Sie ihre Aussage, bei ihr werde es keinen Büroleiter des alten Stils mehr geben, bereits wieder „kassieren“ musste, sei dafür ein Indiz. Die SPD erkennt Unorganisiertheit und die städtische Verwaltung wirke wie gelähmt. Fest macht dies Börschel daran, dass ein Antrag der SPD der ordnungsgemäß für den Hauptausschuss eingereicht worden sei, es nicht auf die Tagesordnung geschafft habe, weil ein Abteilungsleiter dies verhindert habe. Börschel: „Hier werden demokratische Verfahren mit Füßen getreten.“

Godorfer Hafen – SPD will Rückkehr zur Sachpolitik

Auch die Art und Weise, wie Reker mit der Ratsentscheidung zum Ausbau des Godorfer Hafens umgehe, missfällt der SPD. Reker spricht in einem Medium davon, dass es kein Untergang des Abendlandes sei, wenn der Godorfer Hafen nicht ausgebaut werde. Reker setze hier die falschen Prioritäten, es gehe nicht darum was gut für das Abendland sei, sondern für die Stadt, so Börschel. Mit einer solchen Aussage ignoriere sie die von Rat und Aufsichtsrat der HGK getroffenen Beschlüsse und die Forderungen aus Wirtschaft und Gewerkschaft. Börschel fragt, ob dies Sach- oder Machtpolitik sei? Reker erklärte sie stehe für Sachpolitik. Die SPD fordert, dass die Oberbürgermeisterin zunächst das in Auftrag gegebene Gutachten zum Godorfer Hafenv abwarte und nicht aus politischer Opportunität handele.

Personalpolitik Rekers in der Kritik

Die Oberbürgermeisterin setzt in der städtischen Verwaltung Personal um. Das sei, so die SPD üblich und nicht weiter verwerflich, so lange Stellen wertgleich versetzt werden. Das bedeutet, ein Mitarbeiter wechselt von einer auf die andere Stelle, ohne sich dabei in der Eingruppierung zu verändern. Diese wertgleichen Wechsel müssen nicht ausgeschrieben werden. Börschel mutmaßt, dass es in wenigen Wochen durch die Personalrochade die derzeit stattfinde, auch zu Beförderungen kommen werde. Sollte dies der Fall sein, dann hätten die Stellen neu ausgeschrieben werden müssen, bei einem wertgleichen Wechsel nicht. Börschel kündigte an, dass man dies beobachten werde. Auch die aktuellen Ausschreibungen kritisiert die SPD, etwa für die Stelle des Amtsleiters des OB Büros. Hier werde eine nicht übliche Promotion gefordert, die für diese Stelle gar nicht nötig sei. Die SPD mutmaßt nun, dass diese Ausschreibung auf eine bestimmte Person zugeschnitten wurde. Gleiches vermutet man auch bei der Stelle der Amtsleitung in der Kämmerei, wo neben den klassischen Tugenden aus Wirtschaft und Finanzen auch die Möglichkeit besteht sich als Geograph zu bewerben. Es sei offensichtlich, dass hier im Vorfeld der Bewerbung eine Person ins Auge gefasst wurde.

Zu wenig Zeit für den Diskurs im Rat und der Gesellschaft zum Doppelhaushalt 2016/17?

Die SPD befürchtet, dass der kommende Doppelhaushalt nicht ausreichend diskutiert werden könne. So plane die Oberbürgermeisterin eine Sondersitzung am 15. Mai und wolle den Haushalt noch vor der Sommerpause beschließen. Börschel fragt, wann die Ausschüsse des Rates, die Bezirksvertretungen den Haushalt diskutieren sollten und natürlich auch die Öffentlichkeit in der Stadt? Die SPD-Fraktion hält dieses Zeitfenster für zu eng und dies widerspreche der Aussage von Reker für mehr Transparenz sorgen zu wollen. Nun befürchtet man, dass der Haushalt in den Hinterzimmern diskutiert werden solle, weil Reker angekündigt habe, zuvor mit den Fraktionen im Rat zu sprechen, aber nicht mehr in der breiten Öffentlichkeit. Dies vertrage sich nicht mit den Transparenzforderungen, die Reker vor der Wahl gestellt habe.

Vertragsverlängerung mit der Opernintendantin in der Kritik

Den Vertrag mit Opernintendantin Meyer um fünf Jahre zu verlängern wäre richtig gewesen, so Börschel. Dahinter sei auch Reker gestanden. Aber es gab dafür bei CDU, Grünen und FDP keine Mehrheit. Jetzt habe man den Vertrag mit Meyer um drei Jahre verlängert, mit der Option für eine Verlängerung um zwei Jahre. Reker habe nicht für die fünf Jahre im Hauptausschuss gekämpft, also wäre nicht für Sachpolitik eingestanden, sondern habe sich der Machtpolitik gebeugt. Börschel geht davon aus, dass es eine Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken für die fünf Jahre gegeben hätte. Der verhandelte Vertrag sieht vor, dass Meyer mindestens zwei Jahre im neuen Haus am Offenbachplatz inszenieren darf. Da die Intendantin auch Bauherrin sei, habe sie es in der Hand die Fertigstellung zu steuern. Hier würden Fehlanreize gesetzt, so Börschel, der aber mehrfach betonte nicht an der Integrität Meyers zu zweifeln, dass dies nicht ihr Ziel sei.

Börschel appellierte an Reker an ihren Aussagen des neuen Politikstils und vor allem zu „Sach- vor Machtpolitik“ festzuhalten, Rückgrat zu beweisen und ihren eigenen Anspruch einzulösen. Die SPD stehe bereit, wenn es um die Zukunft der Stadt gehe. Die SPD so Börschel habe auch die 100 Tage Schonfrist eingehalten, daher habe man sich auch nicht zur Aussage Rekers zur „Armlänge“ geäußert, auch wenn dies international und bundesweit diskutiert worden sei und die Kölner SPD für diese Entscheidung in der Kritik stand.

Hinweis der Redaktion: Henriette Reker will morgen am 26. Februar ihre Bilanz der ersten 100 Tage im Amt vorlegen. Report-K wird berichten.

Autor: Andi Goral