Köln | Der Parkplatz des Autohofes am Eifeltor, direkt an der Autobahn A4 ähnelt derzeit mehr einer kleinen Messe als Erholungsort für gestresste LKW- und PKW-Fahrer. Die Ordnungspartnerschaft „Sicherheit im LKW-Verkehr“ demonstriert dort unter anderem Themen wie etwa Ladungssicherung, aber auch welche Kräfte bei einem Überschlag wirken. Auch Morgen sind die Experten noch vor Ort und ein Blick lohnt nicht nur für LKW Fahrer. Polizeipräsident Wolfgang Albers kam mit LKW Fahrer Mario zu den Transportsicherheitstagen.

„Der Erfolg gibt uns recht“

Die Ordnungspartnerschaft „Sicherheit im LKW Verkehr“ besteht seit 15 Jahren. Mann der ersten Stunde war der heutige Polizeidirektor Helmut Simon, damals noch Leiter der Autobahnpolizei. Polizei und LKW-Fahrer bildeten damals eigene Lager, erinnert sich Simon und keiner wusste oder konnte sich in den Job des anderen hineinversetzen und kannte dessen Beschwernisse. Wir haben damals bei den ersten runden Tischen eine sehr heterogene Runde zusammengebracht, aus Fahrern, Spediteuren, von der Gewerkschaft Verdi und eben auch Polizei und Bezirksregierung. Heute sind ständige Mitglieder der Ordnungspartnerschaft das Polizeipräsidium Köln (Autobahnpolizei), die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, BAG, DEKRA, TÜV, die Bezirksregierung Köln, die Unfallkasse NRW, Straßen NRW, BBG/SVG, Berufskolleg Simmerath/Stolberg, VVWL NRW e.V.und der Verlag Hendrisch, BGL e.V.. Zunächst fehlte natürlich das gegenseitige Vertrauen, aber heute gebe der Erfolg dem Projekt Recht. Trotz einem erhöhten LKW Aufkommen, so Simon, habe man heute weniger Unfälle mit LKW als noch vor 15 Jahren.

Viele Beispiele aus der Praxis

Es kracht und rumst. Ein LKW macht auf dem Autohof eine Vollbremsung zu Demonstrationszwecken. Eine Seite des LKW ist geöffnet, hinter einer Betonspundwand stehen gut 100 Fahrer, Spediteure und Verbandsvertreter. Der LKW hat rote und weiße Fässer auf drei Euro Paletten geladen. Bei zwei Paletten waren die Fässer richtig gesichert, auf einer Palette nicht. Der Effekt ist klar zu sehen, die ungesicherten Fässer fliegen umher, krachen gegen die hintere Führerhauswand und werden verbeult. Den Fachleuten hinter der Betonspundwand stockt der Atem und sogleich wird intensiv diskutiert. Drastisch, einfach und wirkungsvoll wird hier das negative Beispiel klar und deutlich dargestellt. Ein dramatischer Unfall, auch mit nicht gesicherter Ladung ist auch Aufhänger der Rede von Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers. Anfang April wurde der Fahrer eines Audi weit mitgeschleift und erlitt schwere Verletzungen, weil der Fahrer eines LKW Angst hatte eine Vollbremsung einzuleiten. Der Grund seiner Furcht: 25 Tonnen ungesicherte Papierrollen auf dem Anhänger.

Eine andere Perspektive

Aber auch eine Zahl verdeutlicht die Wichtigkeit von gut gesicherter Ladung: Hölzer, Eisenteile, Badewannen, Zementsäcke oder Ziegel lägen immer wieder auf den Kölner Autobahnen. Das sind über 5.500 Einsätze im Jahr, schildert Albers, bei denen unter Gefahr für Leib und Leben die Beamten Gegenstände von den Fahrbahnen klaubten. Um einmal zu erleben wie die Perspektive eines LKW Fahrers ist, fuhr Albers mit Mario, 43 mit. Der attestierte dem Polizeipräsidenten, dass er ein angenehmer Beifahrer gewesen sei. Mario fährt seit zehn Jahren LKW. Schwierig findet Mario die Parkplatzsuche in den Ballungsräumen, auch immer noch im Raum Köln und dem Ruhrgebiet. Mario ist viel im innerdeutschen Raum unterwegs und liebt an seinem Beruf, dass er immer wieder neue Leute kennenlerne und was anderes sehe, auch wenn der Stress und Termindruck hoch sei. Albers zeigte sich erstaunt wie ruhig es in einem LKW sei und beeindruckt mit welchen Schwierigkeiten die Fahrer konfrontiert seien, etwa wenn in Baustellen Fahrzeuge auf den linken verengten Fahrspuren überholten, die dort gar nicht fahren dürften. Albers will aber auch nicht polarisieren, sondern sieht es als eine Pflicht an zwischen PKW- und LKW-Fahrern zu vermitteln, so dass am Ende für Alle mehr Sicherheit entstehe. Albers zeigte sich erfreut, auch eine Ermittlungsgruppe aus Köln war involviert, dass der Täter der über 700 Schüsse auf LKW und PKW abgegeben habe, gefasst und geständig sei.

LKW Fahrer agieren wie Piloten

Andreas Marquardt, Präsident des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) erinnerte daran, dass es länger gedauert habe, bis das Thema Ladungssicherung als Unfallursache erkannt wurde und früher, als das Thema Ladungssicherung nur eine Stunde in der Fahrschule dauerte, häufig die irrige Annahme herrschte „Unsere Ladung ist so schwer, da kann sich nichts bewegen.“ Erst seit 2004, vorher gab es nur Kontrollen beim Gefahrgutverkehr, gebe es, nachdem die gesetzlichen Grundlagen geschaffen wurden, auch BAG eigene Kontrollen. Seit 2009 werden jetzt die Themen Umwelt und Sicherheit in den Unternehmen mit einer Milliarde Euro vom Bund jährlich gefördert. Auch der Bau von 10.000 neuen Stellplätzen, 2.000 weitere seien derzeit im Bau, hätten die Situation im Güterverkehr und auch die Sicherheit verbessert. Auch in Köln enstehen in Königsforst Ost und Siegburg Ost 66 weitere LKW Stellplätze. Marquardt blickte auch in die Zukunft. Im November werden, aufgrund einer EU-Norm, Sicherheitssysteme eingebaut zu den Themenfeldern Fahrdynamik, Notbremsung und ein Spurhaltesystem. Technisch möglich sei auch der Autopilot der sich in der Testphase befinde. Er kritisierte aber auch die Hersteller von Fahrerassistenzsystemen, die diese sehr teuer angeboten und so nicht selbst für eine Marktakzeptanz gesorgt hätten.

Einheitliche Regeln sind wichtig

Marquardt verglich die Fahrerkabinen moderner LKW mit denen von Flugzeugen. So wie die Mautkontrollen heute im fahrenden Betrieb durch Fernabfrage möglich seien, werde dies in Zukunft auch bei Gewichtsmessungen oder der digitalen Tachoscheibe möglich sein. Marquart forderte einheitliche Richtlinien für die Ladungssicherung durch Bund, Länder und letztlich auch die EU. Die kritisierte Marquardt bei der Umsetzung der Gefahrgutsicherung. Die EU-Richtlinie bliebe hinter der deutschen DIN-Norm zurück, wie Sachverständige festgestellt hätten und so seinen „Feld-, Wald- und Wiesenladungen bald besser gesichert als Gefahrgut.

Nicht nur Lenk-, sondern auch Arbeitszeiten kontrollieren

Am Rande der Veranstaltung kritisierten aber auch manche Fahrer die Arbeitsbedingungen. Einer sprach von zwei Kölner Speditionen, ohne Namen zu nennen, die lediglich 7,15 Euro brutto die Stunde bezahlen würden. Auch kontrollierten die Behörden zwar die Lenkzeiten, zwei Tage die Woche mit 10 und den Rest mit neun Stunden, aber durch Be- und Entladezeiten seien die Kollegen häufig 13 bis 15 Stunden am Tag eingesetzt. Einer der Fahrer fände es gut darüber nachzudenken, nicht die Lenkzeiten, sondern die Arbeitszeiten auch mit zu kontrollieren.

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Transportsicherheitstage

26.6.-27.6.2013
SVG Autohof Eifeltor
Parkplatz

Einmal im LKW mitfahren

Rund 2.000 Speditionen bieten interessierten Bürgern an, einmal die Verkehrssituation aus der Perspektive eines LKW Fahrers kennenzulernen. (Kontakt wird noch eingestellt)

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Autor: Andi Goral
Foto: Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers (v.) begleitete LKW Fahrer Mario (h.) und verschaffte sich so einen lebendigen Eindruck über die Perspektive eines LKW-Fahrers und dessen Probleme und Sicht auf dem Kölner Autobahnring.