Der Kölner Rat

Köln | Zweimal misslang bisher die Besetzung des vom Ratsbündnis neugeschaffenen Dezernats IX: Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionales. An diesem Donnerstag steht das Thema erneut auf der Tagesordnung. Die Bezirksregierung Köln hat im Rahmen der Organleihe Oberbürgermeisterin Henriette Reker aufgefordert den Ratsbeschluss vom 3. Februar zur Wahl des Beigeordneten Andree Haack zu beanstanden.

OB Reker hatte damals in einer schriftlichen Stellungnahme zur Entscheidung der Bezirksregierung festgestellt: “ Einzelne Ergebnisse der Prüfung zum formalen Verfahren kann ich nachvollziehen, andere inhaltliche Bewertungen teile ich ausdrücklich nicht. Die formalen Fehler der Verwaltung wären durch eine Neuwahl in der kommenden Ratssitzung zu heilen gewesen.“ Eine Auffassung, die nicht alle teilen. So stellt das frühere grüne Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank fest, dass die Beanstandungsgründe der Bezirksregierung nicht alleine formaler Natur seien, was die Fristversäumnis und die nachträgliche Änderung des Ausschreibungstextes nahelegen würden. Besonders gravierend ist, dass die Informations- und Mitwirkungsrechte der Ratsmitglieder missachtet wurden.

Mitwirkungsrechte der Ratsmitglieder beschnitten?

So stellt Frank fest, dass die involvierte Personalagentur das Auswahlverfahren unzulässig beeinflusst habe, da Bewerber*innen bereits abgesagt wurde, bevor der Rat beraten hatte und so die Ratsmitglieder bei der Ausübung ihrer Mitwirkungsrechte durch die Personalagentur beschnitten wurden. Die Einführung von acht Auswahlkriterien durch die Personalberatung sei besonders zu beanstanden. Hier ist die Frage, warum die Oberbürgermeisterin dies zuließ, denn sie war Herrin dieses Teils des Verfahrens, sie ist Verwaltungsjuristin und ihr liegt seit August 2021 ein Leitfaden zur Wahl von Beigeordneten der Bezirksregierung Köln vor.

Bewertungskriterien nachträglich eingeführt?

Jörg Frank analysiert: „So wurde als Bewertungskriterium ‚Regionale Markterfahrung der Rhein-Ruhr-Region‘ eingeführt, das in der Stellenausschreibung nicht als Anforderungskriterium auftaucht. Dieses Kriterium erscheint willkürlich und verkürzt unzulässig die Breite fachlicher Bewerbungen, die bei Auswahlverfahren immer die gesamte Bundesrepublik ins Blickfeld genommen wird. Da Herr Haack tatsächlich in der Rhein-Ruhr-Region tätig war, weil er konkret an der Gründung der Wasserstoff-Initiative ‚Hy.Region.Rhein.Ruhr e.V.‘ beteiligt war, entsteht der Verdacht, dem Kandidaten einen Vorteil zu anderen Bewerbenden einzuräumen. Es wird passend gemacht, was passend sein soll. Es hat den Anschein, dass das CDU-Mitglied Haack bereits im Vorfeld – auf Hinweis der mit Vorschlagsrecht bedachten CDU-Fraktion – ausgeguckt war und dafür ein zusätzliches Bewertungskriterium eingeführt wurde, das ihn von Mitbewerbenden abhebt.“

Leitfaden der Bezirksregierung Köln als Richtschnur

Jörg Frank kommt nach seiner Analyse und den Anforderungen aus dem Leitfaden zur Bezirksregierung zu der Auffassung, dass dem Rat keine andere Möglichkeit bleibe den Ratsbeschluss aus dem Februar komplett aufzuheben. Seiner Einschätzung muss eine neues Auswahlverfahren mit Ausschreibung erfolgen, das sich eng am „Leitfaden“ der Bezirksregierung orientieren muss. Frank erinnert als damals Beteiligter auch an die Wahl von Norbert Walter-Borjans im Jahr 2006 zum Beigeordneten des Dezernat Liegenschaften und Wirtschaft. Damals gab es eine Auswahlkommission in der nicht nur die Kooperationspartner SPD und Grüne, sondern auch CDU und FDP beteiligt waren.

Kölner Linke mit klarer Forderung

Die Kölner Linke nimmt ebenfalls Bezug auf den „Leitfaden“ der Bezirksregierung und fordert ein transparentes und demokratisches Wahl- und Besetzungsverfahren bei der Beigeordnetenwahl.

Güldane Tokyürek, Sprecherin der Fraktion: „Bei zukünftigen Beigeordneten-Wahl sollte der Leitfaden der Bezirksregierung strikt beachtet werden. Das gewährleistet ein rechtskonformes Verfahren. Für uns heißt das konkret: Eine Findungskommission mit klar definierten Aufgaben, die in ihrer Besetzung die Zusammensetzung des Rates abbildet; umfassende und frühzeitige Information der Ratsmitglieder über den Kreis der Bewerberinnen; Möglichkeit, mit vorgeschlagenen Bewerberinnen vor ihrer Wahl unter Einbeziehung der Fachöffentlichkeit über ihre Auffassung der Aufgabe zu diskutieren.

Heiner Kockerbeck, Sprecher der Fraktion: „Die Gemeindeordnung sieht den demokratisch gewählten Rat in seiner Gesamtheit als Herrn des Stellenbesetzungsverfahrens. Er entscheidet über dessen Ausgestaltung. Der Oberbürgermeisterin kommt lediglich eine koordinierende Funktion zu. Das ist in den vergangenen Jahren aus dem Blick geraten. Der Rat sollte künftig diese Aufgabe wieder konsequent wahrnehmen.“