Köln | Sie ist so etwas wie die gute Seele nicht nur für die Patientinnen und Patienten. Wo immer Karin Voigt auf dem weitläufigen Areal des Alexianer Krankenhauses geht und steht, sie wird freundlich gegrüßt und herzlich angesprochen. Kein Wunder: Seit inzwischen 16 Jahren ist die rüstige 81-Jährige Patientenfürsprecherin in dem Krankenhaus in Porz-Ensen. Nun wird sie dafür mit dem Ehrenamtspreis der Stadt Köln ausgezeichnet.

„Jeder Mensch sollte etwas tun“, erklärt Voigt mit fester Stimme. Eigentlich hat sie mit ihrem Alltag, vor allem ihren fünf Enkelkindern, genug zu tun. Aber als sie vor 15 Jahren im Verein Porzer Bürger für psychisch Kranke e.V. auf diese Tätigkeit angesprochen wurde, sagte sie spontan zu. Seither ist sie zwei bis drei Mal pro Woche in der Klinik, um ihren Briefkasten zu leeren. Dorthin können sich die Patientinnen und Patienten wenden, wenn sie mit der Betreuung vor Ort nicht zufrieden sind.

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Aber auch anonymisierte Fragebögen, die jeder Patient am Ende seines Aufenthalts ausfüllen kann, liest sie durch. Zwei Mal im Jahr trifft sie sich mit den Verantwortlichen der Klinik, um die Probleme anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Pro Monat sind das rund 40 bis 50, mit wenigen Items und drei offenen Fragen. In den meisten abgegebenen Bögen steht tatsächlich etwas drin, Kritik und Lob halten sich etwa die Waage. Und nicht selten sind es eher die kleinen Dinge, die bemängelt werden.

Schnelle Hilfe für liebenswerte Menschen

„Die Patientinnen und Patienten, die sich an mich wenden, wollen schnelle Hilfe“, erklärt die Fürsprecherin. Da hilft es enorm, wenn Voigt nur ein paar Hundert Meter vom Eingang in den Altbau der Klinik entfernt wohnt. Sie sei so etwas wie ein „Puffer zwischen Arzt und Patient“, organisiert Gespräche zu Dritt, wo die anstehenden Beschwerden und Probleme unter ihrer Vermittlung abgewendet werden.

Die häufigsten Beschwerden sind dabei „zu viel Medikamente“, in der Regel aber kann das medizinische Personal diese Sorgen im Gespräch zerstreuen. Viele Menschen suchen mit der Patientenfürsprecherin aber auch deshalb das Gespräch, weil sie „ein Ohr brauchen“. „Eigentlich sind die meisten ganz liebenswerte Menschen“, erklärt Voigt weiter.

Klinik hat sich geöffnet – mit Erfolg

Der Standort des Fachkrankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie liegt direkt an der Kölner Straße im Stadtteil Porz-Ensen. Neben Hilfen bei psychischen Erkrankungen, psychischen Behinderungen und den entsprechenden Therapie- und Pflegeangeboten umfasst das Portfolio der Klinik auch eine Suchtrehabilitation, sowie diverse Erweiterungsgebäude wie ein Altenheim, eine Klostergärtnerei, eine Schreinerei zur beruflichen Weiterbildung junger Suchtkranker und vieles mehr.

„Früher war das Kloster Ensen ein Ort, der von hohen Mauern umrandet war. Mit der Öffnung der Mauern sind Kloster und Klinik näher an die Menschen im Dorf herangerückt“, erinnert sich Voigt. Dort, wo heute die riesige Gärtnerei ihre Produkte feilbietet, haben in ihrer Jugend noch Kühe auf einer Weide gegrast. Und auch die Öffnung der Klinik selbst sei eine positive Veränderung, die einhergeht mit mehr Offenheit gegenüber den hier behandelten Erkrankungen und Leiden.

Direkter Draht und gute Kontakte als Schlüssel zum Erfolg

Voigt kümmert sich seit eineinhalb Jahrzehnten aber auch direkt um die Patientinnen und Patienten, auch wenn ihr Telefon nicht rund um die Uhr eingeschaltet ist. „Das geht nur, wenn meine Familie hinter mir steht“. Vor allem ihr Ehemann, aber auch Kinder und Enkelkinder sind eine große Stütze für die 81-Jährige. „Ich habe hier während der vergangenen Jahre viele interessante und nette Menschen kennengelernt“, betont Voigt, die ihr Ehrenamt trotz der mitunter tragischen Schicksale mit großer Freude und viel Elan ausführt. Ein bisschen Gewohnheit gehöre wohl auch dazu, so die Patientenfürsprecherin mit einem Augenzwinkern.

Dazu gehört sicher auch der gute Kontakt zur Geschäftsführung und den leitenden Medizinerinnen und Medizinern. Gerade dies sei wichtig, da sie doch selbst keinerlei medizinische Ausbildung mitbringe. Auf der anderen Seite empfindet sie großes Mitgefühl für die Menschen, die in der Klinik und ihren Einrichtungen behandelt werden. „Eine Sucht oder ein Burnout kann jeden treffen“. Genau für diese Schicksale will sie sich auch weiterhin einsetzen. Der Ehrenamtspreis sei Lohn und Ansporn zugleich.

Weitere Berichte aus unserer Serie „Ehrenamtspreis 2018“ finden Sie auf Report-k.de.

Autor: Ralph Kruppa