Köln | Das Wahllokal in der Katholischen Grundschule Everhardstraße 60 im Kölner Stadtteil Ehrenfeld ist barrierefrei.  Dies wurde von Menschen mit Behinderung getestet, die seit dem 19.08. mit einem Tourbus der „Aktion Mensch“ mit Guildo Horn als Busfahrer durch Deutschland unterwegs sind und Wahllokale auf Barrierefreiheit testen.  Zur Veranstaltung kamen auch zahlreiche Kölner Direktkandidaten für die Bundestagswahl im September.

Drei Menschen mit Behinderung standen heute im Fokus. Petra Groß, eine Frau mit Lernschwierigkeiten, Raul Krauthausen, der aufgrund einer Glasknochenerkrankung auf einen Rollstuhl angewiesen ist und der Kölner Michael Wahl, dessen Sehfähigkeit stark eingeschränkt ist. Nach dem Test zeigten die Tester sich sehr zufrieden. Die Grundschule ist ihrem Urteil nach für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte betretbar, da sie über eine Rampe verfügt. Zudem befindet sich das Wahllokal im Erdgeschoss. Die Wahlkabine und die Wahlurne sind auf einer Höhe, in der auch Rollstuhlfahrer selbstständig ihre Kreuze machen und den Wahlzettel einwerfen können. Für Sehbehinderte gibt es eine Wahlschablone in Blindenschrift.

„Es ist ein gutes Gefühl, ohne Hilfe wählen zu können“, betonte Wahl. Für Blinde gebe es das Wahlprogramm noch nicht in Blindenschrift, allerdings auf CD. Wahl lobte das Wahllokal, als das Beste, das er je betreten habe. Als einzigen Kritikpunkt gab er an, dass der Weg von der Straße ins Wahllokal nicht ausreichend für Sehbehinderte markiert sei.

Auch Krauthausen lobte die Kölner Grundschule: „Köln hat die Messlatte für die Tests sehr hoch gelegt. Wir waren bereits in Berlin, Hamburg und Kassel, aber hier in Köln ist es am besten. Morgen sind wir in München und das nachzumachen wird schwerfallen.“ Zudem habe er heute zum ersten Mal die Wahlurne selbst erreicht. Für ihn sei die Briefwahl keine Alternative, denn er fühle sich gut, wenn er aktiv an einer Wahl teilnehme.

Petra Groß forderte Parteiprogramme in einfacher Sprache und mehr Piktogramme. Um Analphabeten die Wahl zu ermöglichen, sollen ihrer Meinung nach Bilder der Kandidaten und Symbole der Parteien auf den Stimmzettel. Menschen, die wie Groß betreut werden, haben oft nicht die Möglichkeit wählen zu gehen. Sie müssen selbst aktiv werden, um wählen zu dürfen. Guildo Horn sieht das als großen Fehler an. Da dies mit einem Gesetz verbunden ist, betonten die Politiker, dies in der nächsten Legislaturperiode zu ändern.

In NRW sind laut Angaben des Kölner Stadtdirektors Guido Kahlen insgesamt 71 Prozent aller Wahllokale barrierefrei. Im Vergleich zur letzten Bundestagswahl sei das ein Anstieg von 40 Prozent, so Kahlen. Die Situation solle sich zu den Kommunalwahlen 2014 noch verbessern. Norbert Killewald, Beauftragter der Landesregierung NRW für die Belange der Menschen mit Behinderung, betonte allerdings auch, dass es in der Stadt einfach wäre, barrierefreie Wahllokale zu finden. Wer in einem Dorf wohne, müsse häufig in eine größere Stadt fahren, um zu wählen. Laut eigenen Angaben gebe es von den 18 Millionen Menschen in NRW zwei Millionen mit Behinderung. Diese Zahlen würden aufgrund des demographischen Wandels, also dem „Älterwerden“ der Gesellschaft ansteigen.


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Autor: Laura Weigele
Foto: Petra Groß, Guildo Horn, Raul Krauthausen, Michael Wahl (vlnr.)