Karslruhe | Die Abschiebung eines Gefährders in ein Zielland, in dem ihm die Verhängung der Todesstrafe droht, verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Das gilt allerdings nur, wenn eine Vollstreckung der Todesstrafe ausgeschlossen ist.

Wie das Bundesverfassungsgericht am heutigen Montag in Karlsruhe entschied, müsse zusätzlich gewährleistet sein, dass der Betroffene die rechtliche und faktische Möglichkeit hat, die sich aus dem Verzicht auf die Vollstreckung einer Todesstrafe ergebende faktische lebenslange Freiheitsstrafe überprüfen zu lassen, so dass jedenfalls eine Chance auf Wiedererlangung der Freiheit besteht.

Mit dieser Begründung hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss die Verfassungsbeschwerde eines tunesischen Staatsangehörigen nicht zur Entscheidung angenommen und dessen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Untersagung der Abschiebung für erledigt erklärt.

Eine lange Vorgeschichte

Der Beschwerdeführer ist tunesischer Staatsangehöriger. Er war erstmals 2003 zu Studienzwecken nach Deutschland eingereist. 2015 kam er unter falschem Namen als angeblich syrischer Flüchtling erneut nach Deutschland. Im August 2016 ordnete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die Auslieferungshaft gegen ihn an, weil ein Auslieferungsersuchen der tunesischen Strafverfolgungsbehörden gegen ihn vorlag. Ihm wurde vorgeworfen, als Angehöriger einer terroristischen Organisation in Tunesien an der Planung und Umsetzung von terroristischen Anschlägen mit zahlreichen Todesopfern beteiligt gewesen zu sein.

Auch in Deutschland wurde unter anderem wegen des dringenden Tatverdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gegen ihn ermittelt. Mit Bescheid vom 9. März 2017 wies ihn die zuständige Ausländerbehörde aus Deutschland aus und drohte ihm die Abschiebung nach Tunesien an. Ein gerichtlicher Eilrechtsschutz blieb erfolglos, ebenso wie ein Asylantrag, der als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Auch einen Antrag des Mannes auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die drohende Abschiebung wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht abgelehnt. Am 26. Juli vergangenen Jahres jedoch untersagte das Verwaltungsgericht die Abschiebung, weil es Zweifel an den Zusagen der tunesischen Behörden gebe.

Nach der Anordnung der Abschiebung durch das Bundesland Hessen verweigerte auch das kurzfristig angerufene Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes. Dagegen hatte der Mann Verfassungsbeschwerde erhoben und beantragt, die Abschiebung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen.

Der Tunesier sitzt derzeit in Abschiebehaft, die derzeit bis zum 25. Mai dieses Jahres befristet ist. Nach Auffassung auch der deutschen Behörden soll er „terroristische Aktivitäten zugunsten des „Islamischen Staat“ durchgeführt haben. In der weiteren Urteilsbegründung folgte das Bundesverfassungsgericht der Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts. Zuvor hatte es die Abschiebung des Mannes bis zum heutigen Montag untersagt, um so seine Verfassungsbeschwerde „gründlich prüfen“ zu können.

Autor: bfl