Köln | Die freien Wähler Köln haben an die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker einen offenen Brief geschrieben. Es geht darin um den Dieselgipfel und die Auswirkungen des Dieselbetruges durch deutsche Automobilunternehmen. Die freien Wähler fordern die Oberbürgermeisterin dazu auf, die Angebote zur Behebung der ökologischen und ökonomischen Schäden als unannehmbar zurückzuweisen. Der Brief im Wortlaut bei report-K.

[infobox]Der Brief der Freien Wähler an Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Wortlaut (kursiv gesetzt):
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,
Wir, die Freien Wähler Köln, protestieren gegen die Vorschläge und Entscheidungen des Dieselgipfels vom 2.8.17 und weisen die von den Herstellern angebotenen Maßnahmen mit Entschiedenheit zurück. Wir bitten Sie, im Interesse der Stadt und aufgrund der Schwere des Betrugs, den an dem Betrugsskandal beteiligten Unternehmen, Institutionen und Verhandlungsführern der Bundespolitik zu vermitteln, dass die Angebote zur Behebung der ökologischen und ökonomischen Schäden von der Stadt Köln als unannehmbar zurückgewiesen werden müssen. Der Dieselgipfel steht beispielhaft für eine einseitige, auf die Automobilindustrie zugeschnittene Problemlösung, denn anders können die von Frau BM Hendricks  und Herrn BM Dobrindt abgegebenen, oberflächlichen und enttäuschenden Statements nicht gedeutet werden. Die Durchhalteparolen der Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg waren diesbezüglich erhellend. Wirtschaftsnahe Politik hin, Arbeitsplatzsicherung her; Deutschland kann nicht erneut – wie 2008 beim Bankencrash – den Steigbügelhalter einer steuersubventionierten Schlüsselindustrie abgeben und den Steuerzahler für diesen Betrug in die Pflicht nehmen.
Es mag sein, dass diese von uns vorgeschlagene Maßnahme eher unkonventionell erscheint, aber uns geht es letztendlich darum, dass die 4-größte Stadt der Republik mit einer hohen Verkehrsdichte und massiven Umweltproblemen, Ihr Veto einlegt und damit in der bundespolitischen Kommunallandschaft ein nachhaltiges Beispiel geben muss. Nutzen Sie bitte diese Chance für die Stadt Köln und ihre Bürgerschaft; teilen Sie unsere Meinung, und machen Sie es öffentlich. Die Freien Wähler Köln haben 2015 Ihre Kandidatur, Frau Oberbürgermeisterin, unterstützt, weil wir uns eine neutrale und unabhängige Persönlichkeit an die Stadtspitze gewünscht haben. Diese Neutralität bitten wir Sie jetzt, bei diesem Skandal – einem der bedeutenden der Nachkriegszeit – überparteilich geltend zu machen, um ein klares Signal an die Verursacher und die beteiligten Parteien, Fraktionen und deren Verhandlungsführer zu senden.
Die Verursacher, Mitwisser und alle weiteren an diesem Betrug beteiligten Unternehmen und Institutionen drohen, sich mit einer ineffizienten Softwareänderung und einem lächerlichen Kostenbeitrag in Höhe von ca. 50.- € pro Kfz einer angemessenen, milliardenschweren Reparationspflicht außergerichtlich zu entziehen. Mit den (späten) Selbstanzeigen meint man, mildernde Umstände für sich in Anspruch nehmen zu können. Der Präsident des VDA, Matthias Wissmann, hat in den Vorverhandlungen erreicht, die Maßnahme auf wenige Hersteller und einen eher kleinen Fahrzeugpool zu begrenzen, was bei vollzähliger Teilnahme (jeder Kfz-Halter entscheidet freiwillig) die Emissionswerte ohnehin um weniger als 3% verbessern dürfte. Die außerdeutschen Hersteller sind ohnehin ausgenommen. Eine weitere, dramatische Folge des simplen software-updates wäre der Zusammenbruch des Marktes für gebrauchte Dieselfahrzeuge in Deutschland, wenn nämlich in 2-3 Jahren klagegedingt Fahrverbote – maßgeblich eine Folge der betrügerischen Manipulationen – für diese Modelle in Kraft treten würden. Erlauben Sie mir hier den Hinweis, dass weniger als 20% der deutschen Haushalte überhaupt die Finanzierung eines Neufahrzeugs aus eigenem Einkommen und Vermögen finanzieren können. Daher ergibt sich logischerweise aus unserer Sicht folgender Maßnahmenkatalog: 
· Klageerhebung gegen alle in- und ausländischen Kfz-Unternehmen, deren Fahrzeuge mit der manipulierten Software-Lösung in Betrieb sind.
· Technische Umrüstungen anstelle der wirkungslosen software-updates, oder …
· … alternativ (nicht-steuersubventionierte) Abfindungen (ca. 50% des Zeitwertes) für jedes stillgelegte Kfz oder bei Finanzierung eines Kfz-Neukaufs).
· Beteiligung der Hersteller an einem Mobilitätsfond für den bevorzugten Ausbau von ÖPNV-, und Radwege-Netzen (die Bildung eines steuer-subventionierten E-Mobilitätsfonds unterbleibt, weil sie Bestandteil der internationalen, strategischen Unternehmenspolitik sind).
· Bilanzielle Rückstellungen bei der Automobil- und Zuliefererindustrie zur Kompensation drohender Arbeitsplatzverluste als Langzeiteffekt des Skandals.
Wir bitten um Prüfung unseres Vorschlags und Ihr Veto und blicken Ihrer Stellungnahme mit Interesse entgegen.

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Autor: ag