Köln | Weit über 1.000 Anhänger der türkischen Oppositionspartei HDP demonstrierten am Samstag auf dem Neumarkt friedlich gegen die Politik Erdogans. Im Vorfeld hatte die Polizei den Auftritt zweier Abgeordneter untersagt, die die prokurdische HDP im türkischen Parlament vertreten.

Seit vorigem Jahr gilt in Deutschland drei Monate vor einer Wahl ein generelles Auftrittsverbot von Mandatsträgern aus nicht EU-Ländern zu Wahlkampfzwecken. Den beiden Abgeordneten droht in der Türkei die Verfolgung, eine von ihnen, Hezer Öztürk, ist deshalb nach Deutschland geflüchtet. Der ehemalige HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtas sitzt wie viele andere Oppositionspolitiker derzeit in Haft, ihnen wird Terrorismus vorgeworfen.

Die „erlaubten“ Redner, darunter auch Abgeordnete der Grünen und der Linken, kritisierten – immer wieder unterbrochen von „Erdogan Diktator“-Rufen – die Politik des türkischen Staatschef, der im Inneren jede Opposition als „Terrorismus“ unterdrückt und mit dem militärischen Einmarsch in Syrien die dortige Lage weiter destabilisiert.

Vertreter unterdrückter Minderheiten forderten Gleichberechtigung

Vor diesem Hintergrund geriet die Kölner Veranstaltung zwangsläufig zu einer indirekten „Wahlveranstaltung“, vor allem wenn Vertreter von Minderheiten wie Aleviten oder Griechen auftraten, die in der Türkei unterdrückt werden. Beifall erhielt auch eine Rednerin, die sich für eine Stärkung der Frauenrechte einsetzte. Immer wieder wurde appelliert, bei der kommenden Wahl für Demokratie, Frieden und Gleichberechtigung zu stimmen – und damit gegen den möglichen Alleinherrscher Erdogan.

Die prokurdische HDP war bei Parlamentswahlen 2015 erstmals ins türkische Parlament eingezogen, was Erdogans AKP die absolute Mehrheit kostete. Zu verdanken hatte dies die „Demokratische Partei der Völker“ unter anderem ihrem Eintritt für die zahlreichen unterdrückten Minderheiten. Rund 1,4 Millionen in Deutschland lebende Türken dürfen am 24. Juni wählen. Bei der letzten Wahl hatte die Mehrheit von ihnen für Erdogan gestimmt.

Die regierungsnahen türkischen Zeitungen berichteten entgegen den Tatsachen vom Auftritt „türkischer Politiker“ in Köln.

Autor: ehu