Köln | 2003 hat der Ratsbeschluss von CDU, SPD, Grünen und FDP zum europaweit beachteten Messe-Skandal um den Neubau der vier Hallen auf dem Gelände der Kölnmesse geführt. Jetzt gibt es ein Gutachten eines renommierten Sozialwissenschaftlers und Korruptionsforschers dazu. Aber anscheinend soll dies in Schublade verschwinden, ohne dass die Öffentlichkeit die Ergebnisse kennenlernen soll. Es gibt ein Sprichwort: „Immer wenn Gras über eine Sache gewachsen ist, kommt ein Kamel und frisst es wieder ab.“ 2020 ist Kommunalwahl und damit stellt sich die Frage, ob die Kölner Politik nicht jetzt gut beraten wäre das Gutachten und dessen Erkenntnisse noch in 2019 öffentlich zu diskutieren?

Der Kölner Rat beschloss 2016 mit breiter Mehrheit den Kieler Sozialwissenschaftler und Korruptionsforscher Prof. Peter Graeff zu beauftragen den Messe-Skandal wissenschaftlich aufzuarbeiten. Initiiert von Thor Zimmermann, damals Deine Freunde heute Ratsgruppe Gut. Graeff machte sich an die Arbeit, führte Interviews, wertete die ihm zur Verfügung gestellten Akten aus. Nicht jeder, der in den Skandal verwickelt war, sprach mit Graeff und nicht jede Institution stellte Akten zur Verfügung. Alleine Letzteres ist eine Information auf die die Öffentlichkeit einen Anspruch hat, wer sich aktiv daran beteiligt Fehler aufzuarbeiten oder wer sich verweigert, vor allem wenn es sich um Organisationen handelt im Kreis der Stadt Köln.

Nur wer sich aktiv mit seinen Fehlern auseinandersetzt kann daraus lernen und eine lernende Organisation werden. Das ist weder neu, noch besonders schwer zu verstehen. In der städtischen Verwaltung scheint diese Erkenntnis aber noch nicht angekommen zu sein. Nun kann es Punkte in dem Gutachten geben, die nicht für die Öffentlichkeit geeignet sind oder aus juristischen Gründen der Nichtöffentlichkeit unterliegen. Das könnte die Verwaltung ganz einfach mit den bekannten Schwärzungen lösen.

Der Rat war es, der den Beschluss fasste, den Skandal zu untersuchen. Der Rat ist der Souverän, nicht die Verwaltung. Es müsste eigentlich in seinem Sinn sein, dass die Kölner Bevölkerung die Hintergründe des Skandals versteht und erlebt, dass der Rat sich offen mit seinen Fehlern auseinandersetzt. Vor allem vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kommunalwahl 2020, wo die Kölner Politik um das Vertrauen der Wähler werben wird und vor dem Hintergrund der vielen Skandale aus der letzten Ratsperiode. Genannt seien der Stadtwerke-Skandal, der Kalkberg, die Sanierung der Bühnen oder die Besetzung der Geschäftsführung des Metropolregion-Vereins. Und was passiert mit diesem Vertrauen, wenn Teile des Gutachtens mitten im Kommunalwahlkampf geleakt werden? Wer könnte oder würde davon profitieren? Der Rat könnte am 4. November im Ausschuss mit einem Beschluss die zumindest teilweise Veröffentlichung des Gutachtens möglich machen. Thor Zimmermann schlug in einem Interview mit dieser Internetzeitung vor, den Ersteller des Gutachtens Prof. Graeff in eine öffentliche Sitzung einzuladen und ihn dort über die Erkenntnisse referieren zu lassen. Eine gute Idee. Der Rat und die vom Skandal betroffenen Parteien wären gut beraten jetzt rund elf Monate vor der Kommunalwahl für Transparenz zu sorgen.

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Autor: Andi Goral