Köln | Gravierende Fehler bei Planung und Überwachung führten zum Chaos bei der Sanierung von Schauspiel und Oper. Das hat ein jetzt veröffentlichtes Gutachten ergeben. Bernd Streitberger, technischer Betriebsleiter der städtischen Bühnen, hat in der Sitzung des Kulturausschusses gestern schon erste Konsequenzen verkündet. Nun spricht auch die Kölner Politik:

SPD Köln: „Erst planen, dann bauen“

Die SPD Köln sei sich sicher: Das Gutachten zu Fehlern bei der Bühnensanierung bestätige die Kritikpunkte der Kölner Sozialdemokraten. Die Stadt muss für die Zukunft aus den Fehlern lernen.

Professor Klaus Schäfer, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, fühle sich bestätigt: „Wir werden uns das Gutachten sorgfältig anschauen. Der erste Blick aber zeigt: Wir lagen mit unserer Vermutung richtig, dass das Projekt mit einer derart fehlerhaften Planung gar nicht zu einem Erfolg geführt werden konnte. Wir haben es jetzt schwarz auf weiß: Wenn sich die Verantwortlichen nicht an den Grundsatz ‚Erst planen, dann bauen!‘ halten, gehen solche Großprojekte schief. Umso mehr müssen wir darauf achten, dass bei der Neuaufstellung der Bühnensanierung erst sorgfältig geplant und dann gebaut wird. Sorgfalt steht vor dem Druck einer früheren Wiedereröffnung! Es dürfen nicht erneut Planungsphasen zusammengestrichen und Bauarbeiten vorzeitig begonnen werden.“

Fraktionschef Martin Börschel ergänzt zum Bühnen-Gutachten: „Wir haben im Juli noch einmal eindringlich die Prüfung möglicher Alternativen zur Bühnensanierung am Offenbachplatz gefordert – zurecht, wie wir jetzt bestätigt werden. So wie das Projekt nun geführt wird, laufen die Verantwortlichen wieder in die gleiche Falle wie beim letzten Mal. Als Betriebsleiter der städtischen Gebäudewirtschaft war Bernd Streitberger damals dafür verantwortlich, dass die Planungen mangelhaft aufgesetzt und dann auch nicht eng genug begleitet wurden. Als nun verantwortlicher Betriebsleiter der Bühnen fordern wir Herrn Streitberger auf, sich an die Empfehlung der Gutachter zu halten und erst zu planen, dann zu bauen. Zentrale Fehler der Vergangenheit dürfen sich jetzt nicht wiederholen – weder am Offenbachplatz, noch an einem möglichen Alternativstandort.“

Linke Köln: „Verwaltung soll Politik alle Infos zur Verfügung stellen“

Gisela Stahlhofen, kulturpolitische Sprecherin der Linken, soll beim gestrigen Kulturausschuss nach der Prüfung des Areals der Halle Kalk gefragt haben. In einer schriftlichen Stellungnahme der Linken heißt es, dass Streitberger jegliche Prüfung für Kalk abgelehnt hätte: „Die Verwaltung muss der Politik alle gewünschten Informationen zur Verfügung stellen, damit diese ihre Kontrollfunktion ausüben kann“, so Stahlhofen schriftlich. Die Verwaltung blockiere mit ihrer Verweigerungshaltung eine weitere nachhaltige Möglichkeit auf eigenem Boden einen Eigenbetrieb zu bauen, so die Linken.

FDP Köln: „Gutachten ist lediglich eine Zusammenfassung bekannter Defizite“

Das vorgestellte Gutachten zu den Störungen des Projektes Sanierung der Bühnen Köln sei unzureichend, sagt die FDP Köln. Aufklärung zur Verantwortung für die Havarie dieses Bauprojektes werde nicht geleistet. Im Gegenteil: Die Leitungsebene und ihre Beteiligung an der Führung des Projektes werde systematisch ausgeblendet.

Das Gutachten beschränke sich auf die Erläuterung der verschiedenen Probleme in der Planungs- und Baupraxis (Planungsdefizite, Objektüberwachung u.ä.). Diese Probleme in der Durchführung seien allerdings inzwischen gut bekannt und bereits diskutiert. Insofern biete das Gutachten lediglich eine Zusammenfassung bekannter Defizite.

Die Kölner FDP-Fraktion wolle wissen, wie es passieren konnte, dass all die hier nochmals aufgezählten, gravierenden Fehlentwicklungen in der Leitungsebene nicht erkannt wurden bzw. nicht darauf reagiert wurde.

Das Ausmaß dieser Havarie sei heute im Gebäude zu besichtigen und muss weit im Vorfeld der viel zu späten Absage des Eröffnungstermins gut erkennbar gewesen sein. Diese Wahrnehmungsschwäche bzw. -verweigerung müsse im Zentrum jeder ernsthaften Aufklärung der Vorgänge stehen, sagt die Kölner FDP. Das nun vorgelegte Gutachten blende diese Fragen mutwillig aus.

Ulrich Wackerhagen, Kulturpolitischer Sprecher der FDP Fraktion im Rat der Stadt Köln, erklärt dazu: „Dieses Gutachten trägt zur Klärung der Verantwortung für dieses Desaster nichts bei. Die Ausblendung dieser Frage ist eine Unverschämtheit. Wir werden diese Frage aber weiter verfolgen. Dazu wird die Beauftragung unbeteiligter Fachleute notwendig sein.“

Ratsgruppe Gut: „Wer die Prüfung über neue Standorte wünscht, geht ein großes Wagnis ein“

Nach Ansicht der Ratsgruppe Gut verwirft Herr Streitberger einen großen Teil der Ideen aus dem „Maßnahmenpaket“ der SPD. Von uns für zentraler Bedeutung sei das Bekenntnis der Verwaltung zum Standort Offenbachplatz. Wer dennoch eine vertiefte Prüfung über neue Standorte wünsche, geht ein großes Wagnis ein, sagt die Ratsgruppe Gut. Die Kosten für eine weitere Standortprüfung seien mit einer Millionen Euro zwar überschaubar, doch was geschieht während der Untersuchung an der derzeitigen Baustelle? Der Weiterbetrieb der Baustelle am Offenbachplatz würde derweil ‚rund 70 bis 90 Millionen Euro‘ kosten, so die Ratsgruppe. „Nach dieser Antwort, und auch nach Vorlage weiterer Unterlagen in der gestrigen Sitzung des Betriebsausschusses Bühnen der Stadt Köln, sollte die Köln SPD genug Mumm haben ihre Ideen und Forderungen zurückzuziehen. Wie brauchen eine SPD die nun wieder konstruktiv mitarbeitet“, so Ratsmitglied Thor Zimmermann.

Autor: ib | Foto: ehu