Symbolbild

Köln | Seit dieser Wahlperiode leistet sich der Stadtrat von Köln einen Digitalisierungsausschuss. Der trifft sich allerdings nur analog und bietet, anders als andere Ausschüsse des Kölner Rates oder die Ratssitzung selbst, nicht die Möglichkeit von digitaler Teilhabe. Der Grund: Die Mitglieder des Ausschusses müssen einer Livestream-Übertragung des öffentlichen Teils der Sitzung zustimmen. Es ist nicht der einzige Ausschuss, der immer noch nicht digitalisiert ist, nur in diesem Fall irritiert es besonders. Absurd wird es für den, der vergleicht, was die Parteien in ihren Wahlprogrammen zur Kommunalwahl 2020 zur Digitalisierung schrieben.

Nachgelesen in den Wahlprogrammen

Zur Kommunalwahl 2020 zeigten sich die Kölner Parteien innovativ in ihren Wahlprogrammen und ein Buzzword durfte nicht fehlen: Digitalisierung. Die Grünen gingen als stärkste Kraft in Köln aus der Kommunalwahl 2020 und verbreiteten in ihrem Kommunalwahlprogramm „Grüne Vision für Köln“ im Kapitel Digitalisierung, viel zur digitalen Teilhabe. Dort findet sich unter anderem, dass die Grünen die digitalen Ressourcen in Köln fördern, die städtischen Prozesse weiter digitalisieren oder den Kölner:innen die Chance ermöglichen wollen, sich zu kritischen, digital mündigen Bürger:innen mit starker Medienkompetenz zu entwickeln. Ein Ziel war auch „Open Data“ und „Open Government“ zu wichtigen Grundlagen von Transparenz der Verwaltungsprozesse und Teilhabe zu machen.

Volt, heute im Gestaltungsbündnis mit Grünen und CDU, forderte für Köln zur Kommunalwahl einen digitalen Masterplan für die Verwaltung und die städtische Infrastruktur. Volt verglich die Situation in Köln gerne mit anderen europäischen Städten. Zur Digitalisierung fragte die paneuropäische Partei: „Was können wir von Tallinn lernen, um die Digitalisierung vor Ort voranzutreiben?“ Volt stellt mit Manuel Jeschka heute den Vorsitzenden des Digitalisierungsausschusses der Stadt Köln. Seine Stellvertreter stammen mit Dr. David Lutz, Grüne und Florian Weber, CDU aus dem Gestaltungsbündnis.

Skandinavisch cool begrüßte die CDU ihre potentiellen Wählerinnen mit „Hey Köln…“. In fast jedem Kapitel des fast 100-seitigen Wahlprogramms der Kölner CDU findet sich ein Unterkapitel zur Digitalisierung. Im Bereich der Verwaltung versprach die CDU eine umfassende Digitalisierung der Stadtverwaltungsprodukte und wollte die Digitalisierung durch weitere Finanzmittel und einen Expertenrat beschleunigen.

Und die anderen?

Die Köln SPD wollte in Köln die Digitalisierung und Energiewende „clever, innovativ und klimafreundlich“ voranbringen. Sie wollte Köln zum digitalen Vorreiter machen und forderte auch einen digitalen Masterplan. Die FDP wollte digitales Leben und Stadtleben vernetzen. Aus dem Rathaus wollte die FDP das Papier verbannen. Dort heißt es auch: „In Rat und Ausschüssen soll grundsätzlich nur noch mit digitalen Vorlagen gearbeitet werden.“

Woran scheiterts?

Wer bei der Stadtverwaltung nachfragt, der hört erstaunliches. Jeder Ausschuss des Kölner Stadtrates muss selbst entscheiden, ob er digitale Transparenz und Öffentlichkeit herstellen will. Es liegt also in der Hand der Kommunalpolitiker:innen, ob sie digitale Teilhabe ermöglichen wollen oder nicht. Nur weil der Rat der Stadt Köln für seine Ratssitzungen entschied, diese live zu übertragen, wird diese Vorgehensweise nicht automatisch auf alle seine Ausschüsse übertragen. Technisch und von den Kosten her sei die Übertragung der Ratsausschüsse kein Problem, so die Stadtverwaltung. Es liegt also alleine bei den Kommunalpolitiker:innen.

Dabei kommt es nicht nur zu so absurden Situationen, dass ausgerechnet der Digitalisierungsausschuss nicht digital empfangbar ist, sondern auch zu nicht nachvollziehbaren Entscheidungen der Kölner Ratspolitiker:innen. Die Ratssitzung ist digital öffentlich, aber nicht der Hauptausschuss. Ein Ausschuss der zwischen den Ratssitzungen wichtige kommunalpolitische Debatten oder Fragen behandelt. Zwei Monate lang wurden jetzt in der Sommerpause die wichtigsten Entscheidungen genau in diesem Gremium debattiert. Unter Ausschluss der digitalen Öffentlichkeit.

Als Grund gibt die Stadtverwaltung an, dass die Persönlichkeitsrechte der Ratspolitiker:innen zu respektieren seien. Hier stellt sich die Frage: Die standen doch hinter den Wahlprogrammen ihrer Parteien oder etwa nicht? Die Forderung muss sein: Es muss ein digitaler Ruck durch die Kölner Kommunalpolitik gehen und sie muss vorbildhaft für digitale Transparenz und Teilhabe sorgen. Alle Ausschüsse müssen digital übertragen werden. Der Digitalisierungsausschuss des Rates der Stadt Köln tagt heute analog. Wie absurd.

Hinweis der Redaktion: Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden wurde der Digitalisierungsausschuss gestreamt. Aber weder in der Einladung zum Ausschuss noch in der Tagesordnung, die die Stadt Köln veröffentlichte wurde auf den Stream, wie der Screenshot zeigt hingewiesen. Damit läuft ein Stream, der nicht zuvor an den richtigen Stellen öffentlich gemacht wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Aktualisierung: Das Datum der Veröffentlichung wurde aus technischen Gründen von 21. August, 10.11 Uhr auf 21. August, 17.21 Uhr geändert.