Der Komponist Enno Poppe (r.) und der Intendant der Philharmonie Louwrens Langevoort. Foto: Eppinger

Köln Enno Poppe ist beim diesjährigen “Acht Brücken”-Festival der Porträtkomponist. Zehn seiner Werke werden vom 4. bis zum 12. Mai in Köln zu hören sein. Wir haben vorab mit Poppe über das Festival gesprochen.

Sie haben eine besondere Beziehung zu Köln und zur Kölner Philharmonie. Wann waren Sie das erste Mal im Kölner Konzerthaus?

Enno Poppe: Das war 1987 beim Weltmusiktag, mit Werken von Giacinto Scelsi bei den Weltmusiktagen. Präsentiert wurden diese damals vom Chor und Orchester des WDR unter der Leitung von Hans Zender. Köln war für mich immer das Zentrum für neue Musik, eine Stadt, in der viele herausragende Komponisten leben. Das hat mich als Schüler schon begeistert und ich wollte unbedingt in Köln Musik studieren. Die Kölner Philharmonie ist außerdem als Gebäude in Deutschland völlig einzigartig. Das gilt auch für das Festival “Acht Brücken”, daher habe ich bei der Anfrage, ob ich als Porträtkomponist dabei bin, sofort zugesagt.

Auch zum Generalmusikdirektor Francǫis-Xavier Roth und dem Gürzenich-Orchester Köln haben Sie ein besonders Verhältnis?

Poppe: Francǫis-Xavier Roth ist ein einzigartiger Dirigent, der fantastisch mit seinem Orchester zusammenarbeitet. Er ist zudem bei seinem Repertoire extrem breit aufgestellt und auch seine Musiker sind bereit, unter seiner Leitung alles mitzumachen. Daher war es mein großer Wunsch als Porträtkomponist, mit ihm und seinem Orchester zusammenzuarbeiten. Das werden wir jetzt bei der Uraufführung von “Strom” in der Philharmonie umsetzen. Für das Orchester ist das eine unheimliche Herausforderung, die Musiker werden vollkommen neue Akkorde spielen. Am selben Tag wird es mit “Laub” eine weitere Uraufführung mit einem neuen Werk von mir für ein Septett geben.

Wie würden Sie Ihre beiden neuen Stücke beschreiben?

Poppe: Beides sind lange Stücke und umfassen zusammen mehr als eine Stunde. “Strom” ist ein Werk für Orchester, das sich auf eine sehr langsame Art und Weise verändert. Es entwickelt aus der Zartheit eine massive Monumentalität und kehrt dann wieder zu ihren zarten Eigenschaften zurück. “Laub” ist eine Komposition, die sich immer mehr verästelt und die so in die Tiefe geht.

Wie erarbeiten Sie mit den Musikern die neuen Kompositionen?

Poppe: Es ist ein gemeinsames Forschen mit den Musikern – so wird das Festival “Acht Brücken” zum Max-Planck-Institut. Die Arbeit ist so aufregend wie das spätere Ergebnis. Dabei ist es ein großer Unterschied, ob man wie beim Kölner Ensemble Musikfabrik alle Musiker sehr gut kennt oder nicht. Dann hat man beim Komponieren den jeweiligen Musiker genau vor Augen. Das ist bei einem großen Orchester eher schwierig. Da braucht es dann viel Vertrauen in den Dirigenten.

Wie wichtig ist Ihnen die Interaktion mit dem Publikum?

Poppe: Mir ist es wichtig, durch meine Musik mit den Menschen zu kommunizieren. Damit gehe ich auf die Menschen zu und möchte meine eigene Bewegtheit auf die Zuhörer übertragen. Es geht mir darum, Neugier zu wecken und Gefühle anzusprechen. Zu wird Musik zu einem kommunikativen Akt. Mit Musik hat man ganz andere Ausdrucksmöglichkeiten, als dies bei der normalen Sprache der Fall ist.

Ihre Musik wird als anstrengend beschrieben und mit der Besteigung eines Berges inklusive Gipfelglück beschrieben.

Poppe: Das Wort Anstrengung ist nicht gut gewählt, ich würde eher von einer Herausforderung im positiven Sinne sprechen. Das Gegenteil wäre die Musik ohne Herausforderung, bei der sich Langeweile einstellen könnte. Aber es gibt auch zwei Typen von Menschen – der eine will nur bequem am Strand entspannen, der andere findet bei einer herausfordernden Bergbesteigung sein Glück. Das gilt auch für die Musik – mir geht es darum, mit meinen Werken Menschen neugierig auf Unbekanntes zu machen. So bekommen Zuhörer die Chance, etwas zu erleben, das ihnen der Alltag so nicht bietet.

Köln gilt als die deutsche Hauptstadt der elektronischen Musik. Welche Beziehung haben Sie zu diesem Genre?

Poppe: Reine Laptop-Konzerte halte ich für eher schwierig, da anders als bei einem klassischen Instrument der körperliche Umgang mit der Musik kaum zu erkennen ist. Was mich interessiert, ist aber der Umgang und die Erforschung von historischen Synthesizern, bei denen man den Sound einer bestimmten Zeit wie ein Archäologe ausgraben kann. Später kann man dann die alten Klänge als Komponist wieder neu zusammensetzen und so neue Musik schaffen.