Parken wird überschätzt
„Das Parken in den Straßen beeinträchtigt die Fußgänger“, so der Diplomingenieur Jürgen Gerlach von der Bergischen Universität Wuppertal. Und zwar nicht nur weil viele Gehwege inzwischen wie Hindernisparcours aussähen, sondern weil parkende Autos vielerorts auch die Sicht behinderten. Das sei vor allem für Kinder, die dadurch den Verkehr nicht mehr überblicken könnten, eine Gefahr. Doch nicht nur aus Sicherheitsgründen will sich der Diplomingenieur für weniger Parkflächen auf den Straßen einsetzen: Eine Untersuchung des Fachbereichs Bauingenieurwesen der Bergischen Universität habe gezeigt, dass „Fußgängerfreundlichkeit“ für die Attraktivität einer Stadt nach „Einzelhandelsangebot“ direkt an zweiter Stelle steht. In einer anderen Untersuchung habe Gerlach etwa 50 Autofahrer ab 65 Jahren gefragt, was sie in ihrer Stadt ändern würden, wenn sie Bürgermeister wären: dabei habe Fußgängerfreundlichkeit ganz oben auf der Liste gestanden. An zweiter Stelle folgten die eigene und die allgemeine Sicherheit auf den Straßen und Gehwegen. Der Aspekt Parken sei gar nicht erwähnt worden. „Das zeigt, wie überschätzt die Parkproblematik ist“, so Gerlach. Zumal selbst in Hauptverkehrszeiten nur 75 Prozent der Parkhäuser ausgelastet seien, so der Diplomingenieur.


Stehzeug statt Fahrzeug
„Der Pkw ist 23 Stunden am Tag kein Fahrzeug, sondern ein ‚Stehzeug’“, bemerkte der Geschäftsführer des VRS Norbert Reinkober. Und da viele Fahrer ihr Auto nicht in einem städtischem Parkhaus unterbringen wollten und private Parkhäuser den meisten zu teuer seien, weichten die Autofahrer auf die Plätze am Straßenrand und auf Gehwegen aus. Dabei nähmen viele Fahrer längere Suchzeiten in Kauf – und das belaste nicht nur die Umwelt, sondern verursache häufig auch Unfälle. Das Auto möglichst nah am Zielort zu parken, sei dabei oft die Devise. „Man muss gewillt sein, Mischnutzungen und 10-minütige Fußwege in Kauf zu nehmen – dann wäre vieles einfacher“, so Gerlach. Nicht nur mehr, sondern qualitativ bessere Parkhäuser seien eine der Lösungen, die während der Fachtagung besprochen wurden. Dass bessere Qualität meist höhere Parkgebühren für die Kunden zur Folge hat, sei dabei nicht ausgeschlossen. „In Florenz habe ich für 4 Stunden Parken 65 Euro bezahlt“, erzählt Gerlach. Das sei zwar ein Extrembeispiel, es zeige aber auch, wie wertvoll Straßenräume sind beziehungsweise sein sollten. Außerdem sei es natürlich ein abschreckendes Beispiel für Autobesitzer. Und das nicht umsonst: in etwa 30 Jahren sollen mehr Fahrräder und weniger Pkws das Stadtbild prägen.

„Das Auto ist kein Statussymbol mehr“
Das zeichne sich bereits heute ab, so Michael Dinter vom Büro Albert Speer & Partner, das den Masterplan für die Stadt Köln erstellt hat. Neben der Deutschen Bahn bieten auch andere Mobilitätsdienstleister das Bike- und Carsharing an. Das Auto sei mittlerweile kein Statussymbol mehr, erzählte Reinkober – im Gegensatz zum Smartphone. Mit diesem Trend sollte sich auch die Politik auseinandersetzen, so Dinter. Was Köln betrifft, so stehe beispielsweise die „Harte Kante“ auf dem sogenannten Masterplan: so sollen die Ringe nicht nur mit breiteren Bürgersteigen versehen werden – geplant sei es, den Fußgänger- und Fahrradfahrerbereich auf einer höheren Ebene als den Autoverkehr anzulegen. Auch will man sich in den nächsten dreißig Jahren des Barbarossaplatzes annehmen, auch wenn dafür noch keine konkreten Lösungen bestehen. Fest steht jedoch, so Dinter, dass der Barbarossaplatz wieder mehr zu einem Platz, als zu einer Verkehrsfläche werden soll. Möglich wären zum Beispiel mehr und breitere Fußgängerwege und schmalere oder weniger Spuren für den Autoverkehr. Aus Parkplätzen und Verkehrsflächen sollen, so Dinter, Stadtplätze werden.

„Uns geht es nicht darum, das Auto zu verteufeln“, so Reinkober. Das Ziel sei ein effizienteres Parkraummanagement. Und das schließe auch den ÖPVN mit ein. Dieser müsse ebenso optimiert werden, denn nur so könne eine Entwicklung dahingehend vorangetrieben werden, dass mehr Menschen Bus und Bahn nutzen, und weniger das Auto. Das sei in ländlichen Gebieten zwar schwieriger umzusetzen als in einer Großstadt, erklärt Reinkober, aber Vorbilder aus Österreich hätten gezeigt, dass es auch dafür eine Lösung gibt: anstatt die Busse zum Beispiel im 3-Stunden-Takt fahren zu lassen, wie es vielerorts auf dem Lande gemacht werde, so Reinkober, könnten die Busse eine Zone, bestehend aus mehren Orten, jeweils eine Woche lang verstärkt befahren. Die Woche darauf hätte dann eine andere Zone das Privileg usw. Solche und andere Konzepte standen heute im Rahmen der inzwischen sechsten Fachtagung des beim VRS angesiedelten Netzwerkes „Verkehrssichere Städte und Gemeinden im Rheinland“ auf dem Plan.

[il, Foto: Benjamin Klack|www.pixelio.de]