Köln | aktualisiert | Am 23. Januar hat der Ausschuss für Umwelt und Grün im Kölner Rathaus getagt. Die Ratsfraktion „Die Linke“wollte in einer Anfrage wissen, woher die Steinkohle für das Heizkraftwerk (HKW) Rostock kommt. Hintergrund: Die Kölner Rheinenergie ist mit 49,6 Prozent an dem HKW in Rostock beteiligt. Die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) ist mit 50,4 Prozent Hauptgesellschafter. Betreiber des Werkes ist die Kraftwerks- und Netzgesellschaft mbH. Die Kohle kommt aus Russland und den USA.

Steinkohle vom anderen Ende der Welt
„Die Linke“ fragt in ihrem Antrag unter anderem woher die Kraftwerks- und Netzgesellschaft die Steinkohle für das HKW bezieht. Die Rheinenergie teilte in ihrer Antwort mit, dass die fossilen Brennstoffe aus Russland (Kusnezker Becken) und den USA (Illinois Basin und nördliche Appalachen) stamme. Der Seeweg zwischen den USA und dem äußersten Osten Deutschlands ist weit. Wie sich das auf die Klimabilanz auswirkt ist zu hinterfragen.

Auf Nachfrage der Redaktion sagte die Rheinenergie, dass sie keinen Interessenskonflikt bezüglich der Klimaschutzziele des Unternehmens sehe und dem Einsatz der Steinkohle im HKW Rostock. Begründet wird diese Stellungnahme mit der Pflicht „ein ausgewogenes Mittel zwischen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und bezahlbarer von uns zu liefernder Nutzenergie für unsere Kunden“ zu finden. Einen Zusammenhang zwischen der Realisierung der eigenen Klimaschutzziele und einer Beteiligung am HKW Rostock stellt die Rheinenergie nicht. Darüber hinaus betonte das Unternehmen gegenüber der Redaktion, dass die Steinkohle für das HKW von der EnBW beschafft werde. 

Schwammige Antworten zu Umständen vor Ort
Weiter fragte die Ratsfraktion nach einem Mitspracherecht und Einflussmöglichkeiten der betroffenen Menschen in den Abbauregionen und den Umweltschutzbestimmungen beim Abbau der Kohle. Als Antwort reagierte die Rheinenergie mit einem Verweis auf die EnBW Verhaltensgrundsätze und „einem steigenden Bewusstsein für Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsfragen in den wichtigsten Kohleförderregionen.“ In Russland würden die Anwohner der Regionen bei der Minenerschließung- und erweiterung mit einbezogen. Gegebenenfalls werden in den Regionen in Russland Schutzzonen zwischen den Siedlungen und Mienen errichtet oder eine entsprechende Kompensation gezahlt. Zur Situation in den USA wurde keine Aussage getroffen. Die Schutzvorkehrungen für die Mitarbeiter beim Abbau und Abtransport der Kohle aus den Förderregionen entspräche zunehmend internationalen Standard heißt es in der Beantwortung des Antrags. In ihrem Statement gegenüber der Redaktion betonte die Rheinenergie zudem: „Nach den EnBW vorliegenden Informationen werden auch in Russland auf Grund verstärkter staatlicher Vorgaben und Kontrollen die Maßnahmen zur Arbeitssicherheit ständig erhöht und entsprechen mittlerweile bei den Lieferanten für das Kraftwerk Rostock internationalen Standards.“

Umweltzerstörungen in den USA
Eine besonders umstrittene Art des Steinkohleabbau wird in den USA genutzt. Die Abbauregion in den nördlichen Appalachen verwendet „Mountaintop Removal Mining“. Dies ist eine besonders in der Kritik stehende Methode, um an die fossilen Brennstoffe zu kommen. Die Spitzen der Berge, unter denen Steinkohle zu finden ist, werden weggesprengt und die Umwelt der Regionen nachhaltig zerstört, so Kritiker. Aus dieser Region wird Steinkohle für das HKW Rostock bezogen. Auf Nachfrage der Redaktion äußerte die Rheinenergie ein großes Interesse an den Entwicklungen in diesem Bereich. Der Hauptgesellschafter EnBW sei „an der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte beteiligt“. Ob sich dieser Aktionsplan mit der Methode des „Mountaintop Removal Mining“ beschäftigt, bleibt offen. Der Geschäftsbericht der EnBW aus dem Jahr 2018 erwähnt das Abbaugebiet in den nördlichen Appalachen, geht aber nicht auf die dortigen Abbaumethoden näher ein.

Zukunft des HKW Rostock wirtschaftlich attraktiv
Das HKW Rostock ist eines der modernsten Werke in Deutschland, sagt die Rheinenergie. Es liefert nach Angaben der Betreiber mehr als 20 Prozent des Energiebedarfs von Mecklenburg-Vorpommern. Das HKW soll bis kurz vor dem Kohleausstieg im Jahr 2038 in Betrieb bleiben. Im Anschluss soll es zu einem Speicher für erneuerbare Energien umgebaut werden und nicht wie andere Werke abgerissen werden. Das Kohleausstiegsgesetz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie soll 2020 in Kraft treten.

Was sagen die Kölner Grünen zu den Erkenntnissen aus dem Ausschuss
Auf die Frage, ob der Ratsfraktion die Herkunft der Steinkohle bekannt sei, antwortete der umweltpolitische Sprecher Gerd Brust, dass dies der Fraktion seit dem vorletzten Umweltausschuss bewusst sei. Weiterhin verwies Brust darauf, dass die EnBW als Mehrheitseigner (50,4 Prozent) für die Beschaffung der Steinkohle aus den Gebieten in den USA und Russland verantwortlich sei.
Die Frage ist,  inwiefern eine Abschaltung des HKW Rostock im Jahr 2038 mit dem aktuellen Kommunalwahlprogramm der Kölner Grünen vereinbar ist. In diesem heißt es die Kölner Grünen wollen „dafür sorgen, dass die Rheinenergie mehr in Maßnahmen für Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien investiert, so dass sie ihre Stromproduktion bis zum Jahr 2030 zu 100 Prozent auf Erneuerbare Energien umgestellt hat.“ Rostock, das Steinkohlekraftwerk soll aber erst 2038 vom Netz gehen.
Gerd Brust stellt fest, dass die Umstellung der Rheinenergie nur möglich sei, wenn diese ihre Anteile am Kraftwerk verkaufe. Eine generelle Stilllegung des Werkes durch die Bundesnetzagentur sei nicht möglich, da das HKW Rostock als einziges für die Netzstabilität in der Region sorge, so der Grüne.
Zur Beschaffung der Steinkohle und der damit verbundenen Kritik verweisen die Kölner Grünen auf die dafür verantwortliche EnBW. Die Ratsfraktion der Grünen stimmte 2011 gegen eine Beteiligung der Rheinenergie am HKW Rostock.

Kölner Linke sehen Situation weiter kritisch

Die Kölner Ratsfraktion Die Linke kritisiert, dass die Rheinenergie an der Steinkohle fest hält. Die Befürchtung liegt nahe, dass beim Abbau sowohl ökologische als auch soziale Richtlinien missachtet werden. Recherchen zu den Herkunftsorten (Russland und USA) zeigen, dass die Lage vor Ort „katastrophal“ sind. Die Linke bemängelt ebenfalls, dass die Rheinenergie keine eignen Statements abgibt. „Leider versteckt sich die Rheinenergie hinter ihrer Geschäftspartnerin EnBW, über die sie ihre Kohle bezieht.“, sagt Fraktionsvorsitzender HP Fischer. 

Autor: Greta Spieker
Foto: Kohleabbau in Sibirien, Symbolbild.