Köln | aktualisiert | Die in die Kritik geratene Ausstellung „Breaking the Silence“, die urspünglich im erweiterten Rahmenprogramm einer Veranstalungsreihe anlässlich des Jubiläums „55 Jahre Jugendaustausch zwischen Köln und Tel Aviv-Yafo“ sowie des 50-jährigen Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel gezeigt werden sollte, soll nun im Frühjahr 2016 nach Köln kommen.

Diese Ausstellung, konzipiert von der gleichnamige Initiative israelischer Reservisten aus Tel Aviv, setzt sich kritisch mit dem Vorgehen der israelischen Armee in den besetzten palästinensischen Gebieten auseinander. Noch in der Phase der Vorbereitung habe es Stimmen gegeben, so die Stadt Köln, die die Stadt vor negativen Wirkungen insbesondere in Hinblick auf die Mehrung von israelfeindlichen und antisemitischen Ressentiments gewarnt hätten und die Ausstellung im Rahmen der Feierlichkeiten falsch platziert sahen. Diese Hinweise verschiedener Partner habe man ernst genommen, so die Stadt. Da für eine differenzierte Präsentation und thematische Einbettung der Ausstellung nicht genug Zeit zur Verfügung gestanden habe, habe Oberbürgermeister Jürgen Roters entschieden, die Ausstellung nicht im Rahmen des Jubiläumsprogramms zu zeigen.

Stattdessen soll die Ausstellung im Frühjahr 2016 in einem angemessenen Kontext präsentiert werden. Der Kölner Arbeitskreis Israel-Palästina, zu dem Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen für den Nahost-Friedensprozess tätigen gesellschaftlichen Gruppen gehören, werde dazu in den nächsten Monaten im Dialog weiter an einem Konzept arbeiten, das der komplexen Situation im Nahen Osten gerecht werden solle.

Aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel und des Jubiläums „55 Jahre Jugendaustausch zwischen Köln und Tel Aviv-Yafo“ hat die Stadt Köln ein Jubiläumsprogramm vorbereitet, dessen zentrale Veranstaltungen im Laufe der Sommermonate stattfinden. Dazu gehören die Fotoausstellung „Ihr glücklichen Augen“ von Rudi Weissenstein, ein Benefizessen zugunsten des Kölner Friedenskindergartens im Tel Aviver Stadtteil Jaffa und das Rathausgespräch zum Jugend-, Schüler und Freiwilligenaustausch zwischen den beiden Partnerstädten.

Als offizieller Vertreter der Stadt Tel Aviv-Yafo wird Micki Gitzin, Mitglied des Rates der Partnerstadt, vom 19 bis 23. Juni 2015 zu Besuch in Köln sein. Ziel der Veranstaltungen sei es, so die Stadt Köln, das gegenseitige Verständnis, die Toleranz, den Ausbaus und die Vertiefung der engen freundschaftlichen Beziehungen weiter voranzutreiben.

Kölner Grüne begrüßen das Einlenken des Oberbürgermeisters

Die Absage der Ausstellung „Breaking the silence“ durch Oberbürgermeister Roters wird von der Fraktion der Grünen im Rat der Stadt Köln begrüßt.

Die jahrzehntelangen internationalen Aktivitäten der Stadt Köln zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die Stadt in dem unüberwindbar scheinenden israelisch-palästinensischen Konflikt immer Brücken des Dialogs und der Kooperation gebaut hat und dabei immer beiden Seiten gegenüber loyal war.

„Das vielfältige Veranstaltungsprogramm anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel spiegelt die pluralistische Meinungsvielfalt der israelischen Gesellschaft wieder. Die Absage erzeugte nun eine Schieflage und beschädigte das bislang kluge städtische Engagement. Daher haben wir vorgeschlagen, die Ausstellung zumindest zeitversetzt seitens der Stadt Köln durchzuführen. Das wäre ein Schritt, den entstandenen Imageschaden zu reduzieren.“, erklärt Grünen-Fraktionsvorsitzende Kirsten Jahn.

„Nun hat OB Jürgen Roters seine Meinung geändert und möchte die Ausstellung nach dem Jubiläumsprogramm durchführen. Das begrüßen wir! Die Aufmerksamkeit, die die Absage erzeugt hat, ist ein Zeichen dafür, dass es einen Wunsch nach Diskussion gibt. Die Ausstellung ist eine geeignete Plattform für eine breit angelegte Debatte.“, so Jahn.

Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit mit Stellungnahme

Die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit hat eine Stellungnahme zur Debatte um die Ausstellung „Breaking the Silence“ veröffentlicht. Hier der Original-Wortlaut.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der Kölnischen Gesellschaft,

die Debatte um die Ausstellung Breaking the Silence hat in den letzten Tagen hohe Wellen geschlagen und auch zu zahlreichen Rückmeldung an uns geführt. Es gibt in Köln einen Arbeitskreis „Israel-Palästina“, in dem wir neben zahlreichen anderen Organisationen aus der Kölner Zivilgesellschaft, wie Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Bildungseinrichtungen und Partnerschaftsvereinen seit fast einem Jahr über die Durchführung der Ausstellung „Breaking the Silence“ gesprochen und diskutiert haben.

Von Anfang an hat sich die Kölnische Gesellschaft an dieser Diskussion beteiligt und aktiv Vorschläge zur Umsetzung in den Arbeitskreis eingebracht. Allerdings haben wir immer betont, dass eine solche Ausstellung kontextualisiert werden muss. Wir haben zu bedenken gegeben, dass eine Ausstellung, die nur die Binnenkritik an der israelischen Besatzungspolitik zeigt, dem Nahostkonflikt nicht gerecht werden kann. In Israel, wo der Konflikt mit all seinen Auswirkungen ständig präsent ist, mag dies an-ders zu beurteilen sein. Keinesfalls wollten wir aber eine einfache Täter/Opfer-Symbolik präsentieren, in der Israel als alleiniger Aggressor angeklagt wird. Wir hatten die Sorge, dass hier z.B. Gruppen wie die Hamas auf palästinensischer Seite, die immer noch in ihrer Charta die Vernichtung des Staates Israels verkündet, unbeachtet bleiben. Der Nahost-Konflikt ist viel zu komplex, als dass er auf ein solch einfaches Schwarz/Weiß-Bild herunter gebrochen werden kann. Obwohl wir den Initiator der Idee, die Stadt Köln, seit Oktober 2014 immer wieder darauf hingewiesen haben, dass wir zudem die Ausstellung erst einmal sehen müssten, um dann über die mögliche Umsetzung der Kontextualisierung zu sprechen, haben wir erst am 4. Mai die Bilder der Ausstellung präsentiert bekommen. Sie haben unsere Befürchtungen bestätigt. In eindringlichen Fotos werden die Soldaten als gewaltausübende Be-herrscher, die Palästinenser als Opfer dargestellt. Kein Bild zeigt beispielsweise bei Razzien gefundene Waffen, die Opfer von Terrorakten oder das Feiern von Attentätern in Ramallah.

Es ist deshalb vom Arbeitskreis eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die versuchen sollte, die Kon-textualisierung bis zum September noch zu gestalten. Keine vierzehn Tage nach dieser Entscheidung wurde die Ausstellung von der Stadt Köln abgesagt. Wichtig ist uns, nach außen zu vermitteln, dass wir uns von Anfang an konstruktiv an der Debatte beteiligt haben. Sehr ärgerlich ist daher die sehr verkürzte Darstellung unserer Position durch den Kölner Stadt-Anzeiger. Dies konnte zumindest gestern Abend bei unserer Veranstaltung „Aktueller Antisemitismus“ wieder etwas korrigiert werden.

Autor: dd