Berlin | aktualisiert | Der Bund verdient immer mehr Geld mit seinen Schulden. Wie die „Bild“ (Montag) berichtet, nahm Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wegen der Minuszinsen auf deutsche Staatsanleihen im ersten Halbjahr 2016 insgesamt 1,5 Milliarden Euro von den Geldgebern ein. Zudem sind die öffentlichen Schulden um Jahr 2015 um ein Prozent zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt meldet. Jetzt meldet sich auch der Bund der Steuerzahler zu Wort.

Die Zinsausgaben des Bundes verringerten sich laut Finanzministerium in den ersten sechs Monaten um 27,3 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 9,7 Milliarden Euro auf sieben Milliarden Euro, schreibt die „Bild“ unter Berufung auf Zahlen des Finanzministeriums.

Steuerzahlerbund: Negativzinsen keine Einladung zum Schuldenmachen

Der Bund der Steuerzahler hat die Bundesregierung davor gewarnt, das günstige Zinsumfeld für eine weitere Verschuldung zu nutzen: „Die derzeitige Situation ist keine Einladung dafür, noch mehr Schulden zu machen“, sagte Präsident Reiner Holznagel im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). Er reagierte damit auf Berichte, nach denen der Bund an den Minuszinsen auf Staatsanleihen im ersten Halbjahr 2016 rund 1,5 Milliarden Euro verdiente. „Wir müssen sehen, dass über Schulden langfristig weder Wirtschaftswachstum noch der Sozialstaat finanziert werden kann. Das zeigt uns Griechenland“, so Holznagel. Der Steuerzahler-Präsident machte auch auf die Kehrseite der aktuellen Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) aufmerksam: „Der einzige, der dabei lacht, ist derzeit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Aber dem Sparer kann das keine Freude bereiten. Denn insgesamt verliert Deutschland jährlich bis zu 90 Milliarden Euro an Kaufkraft, weil die Zinsen so niedrig sind und die Sparer keine Erträge erzielen.“

Öffentliche Schulden 2015 um 1,0 Prozent zurückgegangen

Der Öffentliche Gesamthaushalt (Bund, Länder, Gemeinden/Gemeindeverbände und Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte) ist beim nicht-öffentlichen Bereich zum Jahresende 2015 mit 2.022,6 Milliarden Euro verschuldet gewesen: Damit hat sich der Schuldenstand gegenüber den revidierten Ergebnissen zum 31. Dezember 2014 um 1,0 Prozent beziehungsweise 21,4 Milliarden Euro verringert, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) nach endgültigen Ergebnissen am Montag mit. Zum nicht-öffentlichen Bereich zählen dabei Kreditinstitute sowie der sonstige inländische (zum Beispiel private Unternehmen) und sonstige ausländische Bereich. Aufgrund europäischer Vorgaben werden ab 2015 die Schulden aller Holdinggesellschaften des Sektors Staat in die Schuldenstände einbezogen.

Den stärksten absoluten Rückgang der Verschuldung gegenüber Ende 2014 gab es beim Bund mit minus 24,9 Milliarden Euro beziehungsweise minus 1,9 Prozent auf 1.265,0 Milliarden Euro. Die Sozialversicherung verzeichnete die prozentual stärkste Verringerung des Schuldenstandes mit minus 12,9 Prozent beziehungsweise minus 72 Millionen Euro auf 489 Millionen Euro. Die Länder waren zum Ende des Jahres 2015 mit 612,9 Milliarden Euro verschuldet, dies war ein Rückgang um 0,2 Prozent beziehungsweise 1,1 Milliarden Euro gegenüber dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.

Prozentual besonders hoch waren die Rückgänge in Sachsen (– 27,0 Prozent) und Bayern (– 10,0 Prozent). Die prozentual höchsten Zuwächse gab es in Niedersachsen (+ 6,4 Prozent, ohne neu berücksichtigte Holdinggesellschaften: + 1,5 Prozent) und Bremen (+ 5,5 Prozent). Im Gegensatz zu den anderen Ebenen des Öffentlichen Gesamthaushalts stieg der Schuldenstand der Gemeinden und Gemeindeverbände um 3,4 Prozent beziehungsweise 4,7 Milliarden Euro auf 144,2 Milliarden Euro.

Die prozentual höchsten Zuwächse wurden in Baden-Württemberg (+ 18,9 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (+ 5,9 Prozent) ermittelt; ohne die neu berücksichtigten Holdinggesellschaften hätte der Zuwachs in Baden-Württemberg 3,1 Prozent und in Nordrhein-Westfalen 3,6 Prozent betragen. Die prozentualen Rückgänge der Schuldenstände waren in Thüringen (– 4,5 Prozent) und Sachsen-Anhalt (– 2,7 Prozent) besonders hoch.

Autor: dts