Ein Binnenschiff auf dem Rhein bei Köln. | Foto: Bopp

Köln | Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker sorgte vor dem dritten Dieselgipfel in Berlin im Dezember 2018 für bundesweite Furore. Die parteilose OB forderte ein Tempolimit für Binnenschiffe und behauptete, dass der Schiffsverkehr erheblich zur Luftverschmutzung in Köln beitrage. Das LANUV widerlegt jetzt Rekers Behauptung.

Reker damals wörtlich: „Deshalb ist ein Tempolimit unumgänglich, sowohl für die Personen – als auch für die Frachtschifffahrt“.  Es war die Zeit als Dieselfahrverbote in Köln drohten. Heute veröffentlichte die Fachbehörde Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) zum Abschluss des „EU-Life-Projekts CLINSH – Clean Inland Shipping“ die Ergebnisse der Studie mit folgendem Ergebnis: „Einfluss der Binnenschifffahrt auf die Luftqualität am Rhein geringer als vermutet.“ Diese Ergebnisse werfen die Frage auf, warum Politiker dazu neigen Behauptungen aufzustellen ohne wissenschaftliche Erkenntnis. Vor allem stellt sich die Frage, wie Reker und ihr Büro eine solche Behauptung aufstellten, obwohl das LANUV zu dieser Zeit schon seit 2 Jahren an der Untersuchung arbeitete. Fragt die Stadt Köln nicht bei Landesbehörden nach welche Erkenntnisse zu solchen Themen vorliegen oder Untersuchungen laufen, bevor ein solches Statement öffentlich mit einer derartigen Wirkung gemacht wird?

Das „EU-Life-Projekt CLINSH – Clean Inland Shipping”

Der Untersuchungszeitraum ist lang: Von September 2016 bis Februar 2022 untersuchte das LANUV mit Partnern aus vier europäischen Ländern den Einfluss der Binnenschifffahrt auf die Luftqualität am Rhein. Die öffentlich aufgestellte These in den rheinnahen Großstädten verursache der Schiffsverkehr einen dominierenden Anteil an der Belastungssituation bestätigte sich nicht.

Das LANUV untersuchte in stark befahrenen Rheinabschnitten wie Bimmen/Lobith und in Bad Honnef und in den Häfen Duisburg und Neuss/Düsseldorf. Bei den Stickoxiden ergibt sich, dass die Belastung mit zunehmendem Abstand vom Rhein schnell geringer werde. Schon in 100 bis 150 Metern Abstand zum Rhein wurden „signifikante Belastungsanteile aus anderen Quellen ermittelt“. So würden Messstellen in den Städten am Rhein ein deutlich anderes Belastungsprofil zeigen, als die Ergebnisse aus den Messstellen die direkt am Rhein liegen. Das LANUV: „An den Verkehrshotspots dominiert mit Anteilen von meist mehr als 50 Prozent der motorisierte Straßenverkehr als Quelle. Die Belastungsanteile der Schiffe liegen dort in der Regel unter zehn Prozent. Das gilt selbst für die unmittelbar neben dem Hafengebiet liegenden Verkehrsmessstellen in Neuss.“

Hafen- und Straße-Vergleich

In den Hafengebieten liege die Stickoxid-Belastung unter denen einer stark befahrenen Straße. Die Wissenschaftler richteten in den untersuchten Häfen ein sehr dichtes Messtellennetz ein, deutlich über den amtlichen Vorgaben. Damit sei es möglich gewesen ein genaues Bild über die gesamte Fläche eines Hafens zu bekommen. Die Schadstoffe aus den Abgasrohren der Binnenschiffe würden sich schnell verteilen und damit verdünnen. Die ausgestoßenen Mengen seien vergleichbar mit stark befahrenen Autobahnabschnitten. Das LANUV fordert daher weitere Verbesserungsmaßnahmen und eine Reduktion der Emissionen von Binnenschiffen. Etwa dem Einbau moderner Abgastechnologie.

In NRW rüstete das LANUV sein Laborschiff „Max Prüss“ mit einem SCRT-Katalysator nach. Stickstoffoxid wird so reduziert und ein Dieselpartikelfilter soll die Feinstäube mindern. In unterschiedlichen Fahrsituation wurde gemessen. Dabei ergab sich laut LANUV eine Reduktion bei allen limitierten Schadstoffen. Je nach Fahrmodus konnte der Ausstoß von Stickstoffoxid um 66 bis 96 Prozent gesenkt werden. Die Feinstaubemissionen konnten auf der „Max Prüss“ um 77,8 bis 96,7 Prozent reduziert werden.

red01