Berlin | Die Bundesregierung hat der EU-Kommission schwere Vorwürfe gemacht: Die Brüsseler Behörde dulde Rechtsverstöße von Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung des Fiskalpaktes und schwäche so die gemeinsamen europäischen Haushaltsregeln. Das gehe aus einem internen Bericht der Bundesregierung hervor, berichtet das „Handelsblatt“ (Freitagsausgabe). „Die Kommission ist nicht gewillt, direkte Konflikte mit einzelnen Mitgliedstaaten einzugehen und stellt dementsprechend die strenge Umsetzung gemeinsamer Vereinbarungen hinten an“, heißt es in dem siebenseitigen Papier.

Die Kritik der Bundesregierung bezieht sich darauf, wie die EU-Kommission die Umsetzung des Fiskalpaktes überwacht. Im Fiskalvertrag haben sich 25 EU-Staaten verpflichtet, jeweils eine Schuldenbremse einzuführen. Aus Berliner Sicht erfüllen mit Belgien, Griechenland, Luxemburg und Spanien vier Staaten „zum jetzigen Zeitpunkt die Verpflichtungen aus dem Fiskalvertrag nicht“, heißt es in dem Papier.

Die Analyse stützt sich auf einen Bericht, den die EU-Kommission kürzlich vorgelegt hat. Die Brüsseler Behörde zieht darin allerdings zur Verärgerung der Bundesregierung einen anderen Schluss und bestätigte den vier Ländern die Einhaltung des Fiskalvertrages „vorbehaltlich des Erlasses weiterer Gesetze“. Dieser Vorbehalt bedeutet aus Sicht der Bundesregierung jedoch, dass die Staaten „bis heute ihrer Verpflichtung zur Schaffung ausreichender gesetzlicher Grundlagen nicht nachgekommen sind“.

Die Bewertung der EU-Kommission stimme „nicht mit dem tatsächlichen Inhalt des Berichts überein“. Wenn die EU-Kommission feststellt, dass ein Staat den Fiskalvertrag nicht umgesetzt hat, muss die EU-Ratspräsidentschaft innerhalb von drei Monaten Klagen gegen das betroffene Land vor dem Europäischen Gerichtshof erheben. Aus Berliner Sicht hätte die Kommission diese Schlussfolgerung in Bezug auf Belgien, Griechenland, Luxemburg und Spanien „eindeutig“ in ihrem Abschlussbericht treffen müssen.

„Indem sie es nicht tut, unterläuft sie zumindest bezüglich der genannten Staaten den Klageautomatismus des Fiskalvertrages“, schreibt die Bundesregierung. Wegen der „nicht zufriedenstellenden Erfüllung der Wächterrolle“ beim Fiskalpakt ist die Bundesregierung skeptisch, ob die EU-Kommission in Zukunft neue Kompetenzen erhalten sollte. Berlin spricht von einem „problematischen Präjudiz“, auch mit Blick auf mögliche weitere Reformen der Währungsunion. Alles, was eine Stärkung Brüssels vorsieht, müsse nach den Erfahrungen beim Fiskalpakt infrage gestellt werden. „Dies wäre auch gegenüber der Kommission zu verdeutlichen“, heißt es in dem Regierungspapier.

Autor: dts | Foto: Schmuttel/ www.pixelio.de