Berlin | aktualisiert| Frank-Walter Steinmeier ist als neuer Bundespräsident gewählt mit 74,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Damit erzielt er das fünftbeste Ergebnis. Frank- Walter Steinmeier nimmt die Wahl an. Der künftige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in einer kurzen Rede nach seiner Wahl vor der versammelten Bundesversammlung zu Mut aufgerufen. „Wir brauchen den Mut zu sagen, was ist und was nicht ist“, so Steinmeier. Dazu gehöre auch der Anspruch, selbst unterscheiden zu können, was Fakt und was Lüge ist. „Mut zuzuhören, das eigene Interesse nicht absolut zu setzen“, ergänzte Steinmeier. Das Fundament der Demokratie sei nicht unverwundbar, aber stark. Die heutige Zeit sei eine schwere Zeit, „aber sie ist unsere Zeit“, so der künftige Bundespräsident.

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Das Ergebnis in der Übersicht:

1253 abgegebene Stimmen
14 ungültige Stimmen
1239 gültige Stimmen
103 Enthaltungen

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Auf die Kandidaten entfielen:

128 Stimmen: Christoph Butterwegge, Linke
42 Stimmen: Albrecht Glaser, AfD
25 Stimmen: Alexander Holt, Freie Wähler
10 Stimmen: Engelbert Sonneborn, Die Partei und Piraten
931 Stimmen: Frank-Walter Steinmeier, SPD

Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten gewählt

Frank-Walter Steinmeier ist zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden. Er erhielt am Sonntag in der Bundesversammlung 931 von 1.239 gültigen Stimmen und damit bereits im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit. Der Linken-Kandidat Christoph Butterwegge erhielt 128 Stimmen, AfD-Kandidat Albrecht Glaser 42 Stimmen, der von den bayerischen Freien Wähler aufgestellte Alexander Hold 25 Stimmen und der von der Satirepartei „Die Partei“ aufgestellte und von den Piraten unterstütze Engelbert Sonneborn zehn Stimmen.

14 Stimmen waren ungültig, 103 Teilnehmer der Bundesversammlung enthielten sich. Der Union können 539 Mitglieder der Bundesversammlung zugeordnet werden, der SPD 384 Mitglieder, Bündnis 90/Die Grünen 147 Mitglieder, der Linken 95 Mitglieder, der FDP 36 Mitglieder, der AfD 35 Mitglieder und den Piraten elf Mitglieder. Hinzu kommen zehn Mitglieder der Freien Wähler aus Bayern, je ein Mitglied der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen (BVB)/Freie Wähler und des Südschleswigschen Wählerverbandes sowie die fraktionslose Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach.

Die Amtszeit von Bundespräsident Gauck endet offiziell am 18. März 2017.

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Steinmeier will Twitter nicht so nutzen wie Trump

Der gewählte künftige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will in seinem künftigen Amt gerade mit den jungen Menschen direkter ins Gespräch kommen. Das wolle er aber von Angesicht zu Angesicht tun und nicht per Kurznachrichtendienst Twitter. „Es hat sich glaube ich jetzt schon bewiesen, dass auch leichtere politische Probleme kaum in 140 Zeichen unterzubringen sind bei den komplexen Themenstellungen“, sagte Steinmeier im ARD-Magazin „Farbe bekennen“.

„Das müssen Politiker den Leuten auch ganz klar sagen. Dieses Schwarz und Weiß, das Gut und Böse, dieses Ja und Nein – das ist wünschenswert, das verstehe ich auch, aber das kann Politik eben nicht immer liefern, sondern die Probleme, mit denen wir umzugehen haben, die wir zu lösen haben, sind eben oft schwieriger.“ Dabei müsse man aber darauf beharren, Fakten und Lügen weiter auseinanderzuhalten.

„Wenn wir das aufgeben, dann wird das Fundament unserer Demokratie zerbröseln“, mahnte Steinmeier. Zur Kritik, dass er ein Kandidat der Großen Koalition und damit Teil des Establishments sei, sagte Steinmeier: „Das muss ja kein Nachteil sein, dass jemand seine Erfahrungen in der Politik gesammelt hat. Politiker zu sein ist nicht die Voraussetzung für das Amt, aber ich plädiere schon dafür, dass wir in der aufgeklärten Republik, in der wir leben, auch Politiker nicht ausschließen sollten als Kandidat für das Bundespräsidentenamt.“

Er verwies dabei indirekt auch auf den neuen US-Präsidenten Trump, der ja für sich reklamiert, Politik gegen die Alteingesessenen zu betreiben: „Schauen sie sich an, wo der Kampf gegen das Establishment geführt wird. Meistens auch noch von Etablierten geführt wird. Ob das in der Tat zu besseren Antworten führt, ich glaube da darf man jetzt schon seine berechtigten Zweifel haben.“

Frank-Walter Steinmeier war im Zuge seiner Kandidatur immer wieder auch für die sozialpolitischen Reformen der Agenda 2010 kritisiert worden, gerade von der Linken. Deren Kandidat, der Armutsforscher Christoph Butterwegge, hatte heute in der Bundesversammlung überraschend 128 Stimmen bekommen – und damit wohl auch Stimmen von den Sozialdemokraten. „Auch in der SPD ist das ja eine Debatte, die ja nach wie vor – vielleicht nicht mehr mit derselben Hitzigkeit – aber nach wie vor geführt wird“, sagte Steinmeier im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio. „Man muss Entscheidungen aus dem zeitlichen Horizont beurteilen, in dem sie getroffen worden sind“, sagte er und räumte ein, dass auch Fehler gemacht worden seien: „Insofern behaupte ich nicht und gehöre ich nicht zu denjenigen, die sagen dass wir immer alles richtig gemacht haben. Sicherlich auch damals nicht. Nur: Heute zu sagen, dass Stillstand und Nichtentscheidung die bessere Alternative gewesen wäre – der schließe ich mich nicht an.“ Der russische Präsident Putin hat Steinmeier bereits zur Wahl gratuliert und Steinmeier eingeladen nach Moskau zu reisen, wann immer es passe. Steinmeier will sich aber noch nicht festlegen, wohin seine erste Auslandsreise gehen soll.

„Die Welt hat sich verändert. Die Zahl der schwierigen Partner ist eher größer geworden“, meint er. Aber der designierte Bundespräsident sagte auch:“Selbstverständlich darf man den Gesprächsmöglichkeiten, wo sie sich bieten, nicht entziehen.“

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Stimmen zur Wahl von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiner:

 
Zur Wahl von Dr. Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten erklärt der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Dr. Peter Tauber, schriftlich: „Die CDU Deutschlands gratuliert Frank-Walter Steinmeier zu seiner Wahl zum zwölften Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Wir wünschen ihm für seine Amtsausübung gutes Gelingen, viel Erfolg und Gottes Segen. Er hat sich in unterschiedlichsten politischen Funktionen durch seine verlässliche und bodenständige Art Respekt und Achtung über alle Parteigrenzen hinweg erworben. Gemeinsam mit ihm wollen wir daran arbeiten, dass Deutschland weiter erfolgreich bleibt und unsere Gesellschaft zusammenhält.“

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Zur Wahl von Frank-Walter Steinmeier zum neuen Bundespräsidenten erklären Simone Peter und Cem Özdemir, Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sowie Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Wir gratulieren dem neuen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier herzlich zur Wahl. Wir wünschen ihm Kraft und Ausdauer für die Übernahme des höchsten Staatsamtes in diesen herausfordernden Zeiten. Als oberster Diplomat war er zuletzt Brückenbauer zwischen den Nationen. Nun gilt es, die Gräben in der Gesellschaft zu überwinden, damit unser Land wieder zusammenwachsen kann. Denn Europas Krisen, der Brexit, Trump und die Kriege in der Ukraine und in Syrien stellen auch uns vor große Herausforderungen. Wir erleben zudem den aufsteigenden Hass der Rechtsnationalisten gegen die liberale Demokratie.

Dagegen braucht es einen klaren Wertekompass, das Werben für Zuversicht und eine neue politische Kultur des Respekts, insbesondere für die großen Herausforderungen der kommenden Jahre – die gelungene Integration der Geflüchteten, die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit und den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Steinmeiers Beliebtheit in der Bevölkerung sowie die parteiübergreifende Anerkennung seiner Person werden ihm dabei sicherlich eine Stütze sein. Es ist zu erwarten, dass mit Frank-Walter Steinmeier ein Bundespräsident ins Schloss Bellevue einzieht, der als Internationalist das große Ganze nicht aus den Augen verliert. Sein Stil war bis hierher geprägt von Besonnenheit und Konsensfreudigkeit. Nun muss er beweisen, dass er – wie angekündigt – auch Mutmacher sein kann. Dafür wünschen wir ihm alles Gute.

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Merkel: Steinmeier wird Bundespräsident in schwierigen Zeiten

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem künftigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier gratuliert. „Er wird Bundespräsident in schwierigen Zeiten sein“, sagte Merkel kurz nach seiner Wahl in der Bundesversammlung. Sie sei sich aber sicher, dass Steinmeier das Land in seiner neuen Funktion sehr gut durch diese schwierigen Zeiten begleiten werde.

Er werde auch von einem großen Teil der Bevölkerung getragen und sei zudem ein Politiker, der die Sorgen und Nöten der Menschen kenne. Als Politiker habe er immer wieder gezeigt, dass er auch über Parteigrenzen hinweg Kompromisse schmieden könne. Steinmeier hatte in der Bundesversammlung am Sonntag bereits im ersten Wahlgang 931 von 1.239 abgegebenen gültigen Stimmen erhalten und damit weit mehr als die erforderliche absolute Mehrheit.

 

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Vor der Wahl

Die Bundesversammlung ist zusammengetreten

Am Sonntagmittag tritt die 16. Bundesversammlung zur Wahl des Nachfolgers von Joachim Gauck zusammen. Aussichtsreichster Kandidat ist der ehemalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er kann mit Stimmen der Sozialdemokraten und der Union rechnen.

Auch FDP und Linke verzichteten auf eigene Kandidaten und unterstützen Steinmeier. Weitere Kandidaten sind der von der Linkspartei nominierte Armutsforscher Christoph Butterwegge, der stellvertretende Bundesvorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Albrecht Glaser und der Richter Alexander Hold (Freie Wähler). Die Piraten und die Spaß-Partei „Die Partei“ nominierten Engelbert Sonneborn.

Zur Bundesversammlung zählen alle Abgeordneten des Bundestages und in gleicher Zahl Vertreter der Länderparlamente. Der erste Wahlgang soll gegen 12.15 Uhr beginnen.

59 Prozent glauben an „guten“ Bundespräsidenten Steinmeier

59 Prozent der Deutschen erwarten, dass Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein guter Bundespräsident sein wird. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für „Bild am Sonntag“. 19 Prozent glauben demnach nicht, dass Steinmeier ein guter Bundespräsident wird (weiß nicht, keine Angabe: 22 Prozent).

Dass der Sieger fürs Schloss Bellevue schon vor der Wahl an diesem Sonntag feststeht, halten 59 Prozent für „unproblematisch“, 32 Prozent halten es für „problematisch“ (weiß nicht, keine Angabe: 8 Prozent). Bis zu seinem Amtsantritt am 18. März will Steinmeier nach Informationen der „Bild am Sonntag“ ein paar Tage Urlaub mit seiner Tochter machen. Seine Frau arbeite bis dahin weiter als Verwaltungsrichterin in Berlin.

Als First Lady lasse sie sich dann beurlauben. Elke Büdenbender wolle sich laut BamS in Bellevue vor allem dem Thema Bildung und Aufstieg annehmen. Sie selbst machte Abitur und Jurastudium auf dem zweiten Bildungsweg.

Zweimal hat sich das Ehepaar Steinmeier/Büdenbender bislang mit Amtsvorgänger Joachim Gauck und First Lady Daniela Schadt getroffen.

Autor: dts, ag
Foto: Der neue Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier