“Fair use“ wird hier groß geschrieben – sei es bei den Getränken, dem Gebrauch des Druckers oder des Fax-Gerätes. Jeder nimmt, was er braucht und spendet, was er kann, heißt das Prinzip am neuen Coworking Space in Köln-Mülheim. In der alten Gasmotorenfabrik auf der Deutz-Mülheimer Straße haben die Coworker ihren ersten Standort gefunden. 150 Quadratmetern haben sie hier angemietet. Raffinierter Weise liegen die in einem Raum verteilt, der ein gutes Stück größer ist. Entlang der hinteren Wand und in Nähe des Eingans haben sie selbst gebaute Arbeitsplätze, Spinds und eine Getränketheke aufgestellt. Die Mitte des Raumes ist dagegen vollkommen leer und wurde im ursprünglichen Zustand gelassen – inklusive dreckiger Fenster und altem Teppich.


Foto: Die Mitte des Raumes ist leer – sie wurde von den Coworker aus Kostengründen nicht angemietet.

Coworking ist mehr als ein Schreibtisch
Darum herum entwickelt sich eine entspannte, kreative Arbeitsatmosphäre. Zwar ist derzeit noch vieles improvisiert, doch wie so häufig entstanden gerade daraus kreative Ideen. So liegen die selbst designten Tischplatten im Moment noch auf Getränkekästen, weil das Geld für die Tischbeine fehlte. Morgens füllen die Coworker ihre Kästen nun mit Getränken auf. Jeder Arbeitsplatz erhält dadurch seine eigene Getränke-Mini-Bar. Wer es gerade bei heißen Temperaturen lieber gekühlt mag, der schlendert über den nicht angemieteten Bereich zur Theke hinüber. Dort steht immer jemand, der gerade Lust auf ein kurzes Schwätzchen hat. Der Coworking Space versteht sich nicht als bloßer Dienstleister, der einen Arbeitsplatz mit Stromversorgung, Internetzugang, Drucker und Fax bietet. Das ist zwar alles vorhanden, doch Coworking will mehr sein – kreativer Austausch und strittige Diskussionen um neueste Blogs, News und Arbeitsformate sind durchaus erwünscht, erzählt heute Peter Schreck, einer der Gründer. Viele kommen daher nicht täglich, suchen den Coworking Space aber regelmäßig jede Woche auf. Auch Peter kommt nur zwei Mal in der Woche. „Daneben arbeite ich Zuhause, im Cafe oder bei Kunden“, berichtet der Freiberufler.


Foto: Theke im Coworking Space – die lila Linie markiert die Bereiche, die angemietet worden. Dort, wo Teppich liegt, dürfen die Coworker ihre Tische nicht afstellen.


Mülheim ist erst der Anfang
Gegründet wurde der Coworking Space von „Coworking Cologne“, einer Gruppe von Kölner Freiberuflern und Selbstständigen, die sich im Internet zusammengeschlossen haben, um gemeinsam den Coworking-Trend nach Köln zu holen. Im September 2009 trafen sie sich erstmals beim ersten Kölner Coworking-Day. Der erste angemietete Raum in Köln-Mülheim soll nun der Anfang für eine Coworking-Initiative in ganz Köln sein. Weltweit verbreitet sich das Coworking immer mehr. Denn es bietet Antwort auf das zunehmende Bedürfnis von Freiberuflern und Selbständigen nach einer größtmöglichen Flexibilität bei der täglichen Arbeitsort-Auswahl. Im Vergleich zu Bürogemeinschaften sind Coworking-Spaces meist wesentlich größer, offener und vor allem kosteneffizienter, da flexibler in den Mietkonditionen.

Neben reinen Arbeitsplätzen ist der Rau auch für Events buchbar. Die Coworker selber laden immer wieder zu einzelnen Meetings ein – etwa zu den Themen social innovation oder wie gelingt ein Start-up? Jeder Teilnehmer ist dabei eingeladen, seine eigenen Ideen und Präsentationen vorzustellen. Sollte das Konzept in Köln nun gut aufgenommen werden, wollen die Coworker sich nach weiteren Arbeitsorten umsehen. Dabei wollen sie sich so breit wie möglich aufstellen und etwa auch Fotostudios oder Ateliere in ihre Vermietungen mit aufnehmen – möglichst über das gesamte Stadtgebiet verteilt, um eine möglichst große Flexibilität zu bieten. „Möglich ist es dann auch, Coworking Spaces in Bonn und Düsseldorf dazu zu holen“, betonte heute Peter Schreck.

Erster Gast aus Übersee
 In der Pilotphase im Mai und Juni haben sich bereits viele gemeldet. Täglich arbeiten nun schon bis zu 16 Freiberufler und Selbstständige in Köln-Mülheim. Mittags gehen sie dann, wenn es der Tagesplan des Einzelnen gerade zulässt, gemeinsam in einem kleinen Restaurant gegenüber essen. Mitten in der heutigen Eröffnung kam dann plötzlich Paul durch die Tür – Paul aus New York. Er hat „in irgendeinem Blog“, erzählt er, von dem Coworking Space gelesen. Und weil er gerade drei Tage in Köln ist, wollte er einfach mal ein paar neue Coworker kennen lernen, Kontakte knüpfen und ein bisschen arbeiten.


Foto: So wie diesen Spind haben die Coworker die gesamte Einrichtung selbst gebaut.


Infobox
Coworking Space
Deutz-Mülheimer Str. 129
51063 Köln

Das Tagesticket für den Coworking Space gibt es für 12 Euro, eine Fünfer-Tageskarte kostet 50 Euro. Wer für einen ganzen Monat bucht, muss 120 Euro bezahlen. Interssenten können einfach zwischen 9 und 19 Uhr vorbei kommen oder sich vorab unter kontakt@coworkingcologne.de melden.

Cornelia Schlößer für report-k.de/ Kölns Internetzeitung