Köln | Am zweiten Tag ihres Parteitages in Leipzig traf die CDU vor allem inhaltliche Richtungsentscheidungen.

CDU-Parteitag lehnt Kanzlerkandidaten-Urwahl ab

Der CDU-Bundesparteitag in Leipzig hat den Antrag der Jungen Union nach einer Urwahl des nächsten Kanzlerkandidaten klar abgelehnt. Rund 79 Prozent der Delegierten folgten am Samstag in geheimer Abstimmung dem Vorschlag der Antragskommission. Dabei wurden mehrere ähnlich lautende Anträge gemeinsam behandelt.
Die JU hatte gefordert, im Vorfeld der nächsten Bundestagswahl eine Urabstimmung zur Findung des Kanzlerkandidaten durchzuführen, soweit sich mehr als nur ein Kandidat zur Kandidatur bereit erklärt. Dabei sollte jede abgegebene gültige Stimme, egal ob von einem CDU- oder von einem CSU-Mitglied, den gleichen Wert für das Gesamtergebnis haben. Die CDU-Spitze hatte dies abgelehnt. Auch vonseiten der CSU war im Vorfeld deutlich gemacht worden, dass der Vorschlag dort keine Mehrheit finden würde.

CDU-Parteitag gegen Abbruch der EU-Türkei-Beitrittsverhandlungen

Der CDU-Bundesparteitag in Leipzig hat gegen den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gestimmt. 500 Mitglieder der sogenannten Werte-Union hatten einen entsprechenden Antrag gestellt. Beschlossen wurde stattdessen, dass es mit der CDU keine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU geben solle – so stand es auch schon im Europawahlprogramm.
Weiterverhandelt werden soll demnach offenbar trotzdem, dies führe „in keiner Weise zu einem automatischen EU-Beitritt des jeweiligen Landes“, wie es im Beschluss nun heißt. Nicht durchsetzen konnte sich die Werte-Union auch mit der Ablehnung einer pauschalen Aufnahmequote für Bootsflüchtlinge. Beschlossen wurde lediglich eine Feststellung, dass die „eng begrenzte Aufnahme weniger hundert Flüchtlinge im Rahmen des europäischen vorübergehenden ad-hoc-Notfallmechanismus für akute Seenot-Rettungsfälle“ keine Zusage zu einem pauschalen Verteilmechanismus sei.

5G-Netzausbau

Auch der dritte Antrag aus den Reihen der Werte-Union, in dem es um eine Ablehnung des chinesischen Unternehmens Huawei am 5G-Netzausbau ging, wurde wie die beiden anderen Anträge zwar formal angenommen, allerdings ebenfalls stark geändert, wobei das Wort Huawei nicht mehr vorkommt. Stattdessen wird die Bundesregierung aufgefordert, „zügig zu handeln“ und einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, der klarstellen soll, „welche Anforderungen an Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit Telekommunikations-Ausrüster erfüllen müssen, um sich am 5G-Netzausbau in Deutschland beteiligen zu dürfen“. Vertrauenswürdig könnten in diesem Zusammenhang nur solche Ausrüster sein, „die einen klar definierten Sicherheitskatalog nachprüfbar erfüllen, der auch beinhaltet, dass eine Einflussnahme durch einen fremden Staat auf unsere 5G-Infrastruktur ausgeschlossen ist“, heißt es weiter.

Altmaier: Europa muss bei 5G „Herr im eigenen Laden bleiben“

Nachdem der CDU-Bundesparteitag beschlossen hat, den umstrittenen chinesischen Konzern Huawei nicht generell vom Ausbau des 5G-Mobilfunks in Deutschland auszuschließen, die letzte Entscheidung über Sicherheitsstandards aber der Bundestag haben soll, hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) deutlich gemacht, dass seines Erachtens künftig europäische Sicherheitsstandards die entscheidende Rolle spielen müssten. „Bei 5G geht es darum, dafür zu sorgen, dass die Europäer Herr im eigenen Laden bleiben“, sagte Altmaier am Samstag am Rande des Parteitags dem Fernsehsender Phoenix. Das Heft des Handelns dürfe sich Europa in dieser Frage nicht aus der Hand nehmen lassen.
„Wir brauchen Souveränität, eine absolute Zuständigkeit der europäischen Institutionen für die europäischen Daten“, so der Wirtschaftsminister, der hinzufügte: „Wir wollen erreichen, dass deutsche und europäische Daten nicht in den USA und nicht in China gespeichert werden, sondern dass es Angebote in Europa und Deutschland gibt.“

Die Rolle der Werte-Union

Letztes Jahr hatte die Werte-Union auf dem CDU-Parteitag sechs Anträge gestellt. Ein Antrag für mehr CDU-Mitgliederbeteiligung wurde damals an den Bundesvorstand überwiesen, ein Antrag zur Doppelpass-Beschränkung in einer veränderten Fassung angenommen, die anderen Anträge lehnte der Parteitag ab. In diesem wie auch im letzten Jahr war der Verein mit einem Info-Stand auf dem Bundesparteitag vertreten.
Die Werte-Union ist zwar keine offizielle Gliederung der CDU, hat aber nach eigenen Angaben mehrere tausend Mitglieder. 500 Unterschriften reichen, damit sich der Parteitag mit einem Antrag beschäftigen muss.

AKK verteidigt „Vertrauensfrage“ vom ersten Parteitagstag

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat die von ihr gestellte „Vertrauensfrage“ auf dem Parteitag in Leipzig verteidigt. Dass die Partei ihre Frage „beantwortet“ habe sei für sie „eine gute Grundlage für die nächsten Wochen und Monate“, sagte Kramp-Karrenbauer dem ARD-Magazin „Bericht vom Parteitag der CDU“, das am Samstagabend ausgestrahlt wird. Der von ARD-Moderatorin Tina Hassel gestellten Frage, ob sie damit ihre Macht gefestigt oder Ohnmacht demonstriert habe, wich die CDU-Chefin aus.
Kramp-Karrenbauer hatte am Freitag am Ende ihrer knapp 90-minütigen Rede gesagt: „Wenn ihr der Meinung seid, dass dieser Weg, den ich gemeinsam mit euch gehen möchte, nicht der Weg ist, den ihr für den richtigen haltet, dann lasst es uns heute aussprechen und dann lasst es uns heute auch beenden, hier und jetzt und heute.“ Dafür erntete sie minutenlangen Applaus. „Wir sind loyal, zu unserer Vorsitzenden, zu unserer Parteiführung und zur Bundesregierung“, antwortete später Friedrich Merz darauf, dem nachgesagt wird, AKK die Kanzlerkandidatur streitig machen zu wollen.

Autor: dts