Das Foto zeigt eine der Kunstsäulen der Stadt Köln. | Foto: Stadt Köln

Köln | Der ein oder andere ist in letzter Zeit in Köln an einer etwas ausfallenden Litfaßsäule vorbeigelaufen, die so aussieht, als sei sie in dicke weiße Wolle eingewickelt. In Köln sehen insgesamt 25 Litfaßsäulen derzeit so aus – dabei handelt es sich um die „Kunstsäulen der Stadt Köln“. Derzeit zeigen sie das Motiv „Interwoven“ von der in Hamburg und Köln lebenden Künstlerin Vera Drebusch und dem Kölner Künstler Florian Egermann. Das Motiv ist noch bis Ende August auf den Säulen zu sehen.

Die Idee des „weiße Rauschen von Desinformationen“

Das Motiv von Drebusch und Egermann zeigt, wie Online-Desinformationen – Fake News – in die reale Welt, bis in die eigene Familie dringen. Dazu haben sie eine ungewöhnliche Art und Weise der Visualisierung gewählt, nämlich die Form gestrickter Wolldecken. Diese bestehen nicht ohne Grund aus schwarzen und weißen Wollfäden. Wobei viele weiße Fäden große Schlaufen werfen, und den Eindruck erwecken, als ob sich das ganze gewebte Netz in Auflösung befände. Drebusch und Egermann sagen dazu: „Wir fanden es erschreckend, wie das weit entfernt geglaubte weiße Rauschen von Desinformationen online plötzlich in unserem engsten Familien- und Freundeskreis zu vergifteten Beziehungen führte. Die Objekte verkörpern beides: Maschinelle Präzision und heimelige Stofflichkeit – eingewickelt, zugedeckt in Informationen, die die Welt ein wenig ordnen.“

„Interwoven“

Drebusch und Egermann arbeiten neben ihrer individuellen künstlerischen Arbeit seit mehr als zehn Jahren wiederholt in gemeinsamen Projekten zusammen. In ihrer Arbeit „Interwoven“ haben sie Twitter-Daten per „computational knitting“ in alltäglich anmutende und zugleich „verzaubernde“ Strickwerke übersetzt. Sie reflektieren den ambivalenten Umgang mit den zunehmenden Informationsströmen, die unseren Alltag prägen.

Die Serie „Interwoven“ umfasst insgesamt sechs gestrickte Wolldecken. Jede Decke verkörpert eine „Fieberkurve an Tweets“, die als (falsche) Informationen aus der Zeit der Corona-Pandemie stammen. Information und Fehlinformation werden auf diese Weise untrennbar in scheinbar trivialen Objekten miteinander verwoben. Doch setzte sich die Arbeit nicht mit dem Wahrheitsgehalt der verarbeiteten Aussagen auseinander, sondern befasse sich mit den emotionalen Landschaften der „verwickelten“ Menschen.

Drebusch und Egermann setzen sich kritisch mit schwierigen Themen auseinander

DrebuschundEgermann kooperieren für verschiedene Projekte, bei denen sie sich kritisch mit schwierigen Themen und Fragestellungen auseinandersetzen. Einzelne Werke ihrer Zusammenarbeit waren bereits unter anderen im Kunsthaus NRW (2023), im Contemporary Art Centre in Vilnius (2022), im Zeppelin Museum Friedrichshafen (2021), im „Hartware MedienKunstVerein Dortmund“ (2019) und in der Kunsthalle Wilhelmshaven (2019) ausgestellt. 2023 erhielten sie das Recherchestipendium der Stadt Köln.

Seit 2019 zeigt die Stadt Köln Kunst im öffentlichen Raum – mit der Aktion „Kunst an Kölner Litfaßsäulen“. Verschiedenste Akteur:innen, Ämter, Gremien und die Freie Szene sowie Bürger:innen hatten sich im Zuge einer Petition für die Fortsetzung der Kunst im öffentlichen Raum eingesetzt. Von den 200 Werbesäulen, die abgerissen werden sollten, blieben 25 „Kunstsäulen der Stadt Köln“ bestehen.

rs