Gunter Demnig mit dem Stolperstein für Hans Steinbrück bei der Verlegung in der Ehrenfelder Schönsteinstraße am 18. Oktober 2023. | Foto: Bopp

Köln | Der Kölner Künstler und Träger der alternativen Ehrenbürgerschaft Gunter Demnig verlegt heute und am morgigen 19. Oktober 2023 insgesamt 63 neue Stolpersteine in Köln. Steine die an die Menschen erinnern, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden.

Neu hinzugekommen: Der Stolperstein für Hans Steinbrück. | Foto: Bopp

Die jetzt in den beiden Oktobertagen 2023 verlegten Stolpersteine – 60 an der Zahl – erinnern vor allem an jüdische Kölnerinnen und Kölner, die verfolgt wurden, geflohen sind oder in der Shoa von den Deutschen ermordet wurden. Die Stolpersteine ermahnen die Kölnerinnen und Kölner in ihrer direkten Umgebung, in ihrem Veedel an die menschenverachtenden Taten die Deutsche in der Zeit des Nationalsozialismus begingen. Drei Stolpersteine erinnern an Personen, die in der Zeit des Nationalsozialismus zu Verbrechern abgestempelt wurden, weil sie sich dem verbrecherischen Regime widersetzten. Das Regime verfolgte und ermordete auch sie.

Insgesamt verlegt der Künstler Gunter Demnig 63 neue Stolpersteine am 18. und 19. Oktober 2023 in Köln. | Foto: Bopp

Zwei Verlegungen seien herausgegriffen

Der Stolperstein ist verlegt. | Foto: Bopp

Der Stolperstein für Hans Steinbrück

An der Schönsteinstraße 7 wurde heute Morgen ein Stein verlegt. Er ist Hans Steinbrück gewidmet, der während der Zeit des Dritten Reichs den Spitznamen „Bomben Hans“ trug. Er ist einer der Männer, die am 10. November 1944 in der Hüttenstraße in Köln Ehrenfeld erhängt wurde, unweit seines letzten Wohnortes in der Schönsteinstraße.

Geboren wurde Steinbrück im Harz. Er verlor früh seine Eltern und wuchs in einem Waisenhaus auf. Nachdem der Zweite Weltkrieg begann war er Hafenarbeiter in Düsseldorf. Anfang 1942 wurde er ins KZ Buchenwald gebracht und von dort ins Messelager Köln, eine Außenstelle des KZ Buchenwald. Hier wurde er für Aufräumarbeiten nach Bombenangriffen eingesetzt und da er so furchtlos Bomben entschärfte erhielt er seinen Spitznamen. Nach einem Diebstahl floh Steinbrück. Er kehrte illegal nach Köln zurück, da seine Partnerin Cäcilie „Cilly“ Serve ein Kind von ihm erwartete. Ausgebombt richtete er für seine Familie eine Unterkunft in der Schönsteinstraße 7 ein. Um diese zu ernähren arbeitete Steinbrück schwarz oder ging auf Diebestour. Daneben fing er an Widerstand zu organisieren. Er beschaffte Waffen und organisierte eine lose zusammenhängende Gruppe von Vorbestraften und Deserteuren. Mehrere unangepasste Jugendliche und Juden versteckten er und seine Lebensgefährtin. Das Waffenlager wurde entdeckt. „Cilly“ kam in Gestapohaft, die Kinder ins Waisenhaus. Steinbrück versteckte sich in einer Gartenlaube im Blücherpark. Er wollte seine Familie in der Schönsteinstraße retten. Es kam zur Schießerei, ein SA-Mann und ein Angehöriger der Hitlerjugend wurden getötet. Am 11. Oktober 1944 wurde Steinbrück festgenommen und in Brauweiler verhört und gefoltert. Unter Folter gestand Steinbrück. In Ehrenfeld erhängten die Nationalsozialisten Hans Steinbrück am 10. November 1944.

Der Stein für Manuel Manfred Faber

Einen zweiten Stein verlegte Gunter Demnig heute an der Aachener Straße 1. Manuel Manfred Faber ist dieser Stein gewidmet. Einem berühmten Kölner Architekten der 1920er Jahre. Architektur hatte Faber in Karlsruhe studiert und 1914 zog er nach Köln. Neben privaten Bauherrn arbeitete Faber auch für die 1913 gegründete Gemeinnützige Aktiengesellschaft für Wohnungsbau GAG. Unter anderem plante er die Märchensiedlung in Köln-Dellbrück. Als Jude wurde Faber aus der Reichskammer der Bildenden Künste und aus dem Architekten- und Ingenieurverein Köln ausgeschlossen. 1942 musste er ins Ghettohaus in der Cäcilienstraße umziehen und war später im Deportationslager in Müngersdorf interniert. Von dort deportierten ihn die Nationalsozialisten ins Ghetto Theresienstadt. Im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau soll er vermutlich im Juli 1944 ermordet worden sein. Köln vergaß ihn. Erst in jüngster Zeit wird die Erinnerung an diesen bedeutenden Kölner Architekten wieder durch das Engagement von Anwohner Initiativen belebt.

Der Künstler Gunter Demnig auf dem Weg zur nächsten Verlegung. | Foto: Bopp

Morgen am 19. Oktober 2023 wird Gunter Demnig gegen 10.45 Uhr mehrere Stolpersteine vor dem Haus Volksgartenstraße 58 einlassen. Sie erinnern an Gerhard L. Tietz und Bella Tietz, geb. Schuty. Gerhard war der Sohn des Warenhausgründers Leonhard Tietz, dessen Warenhaus sich in der Hohe Straße 45 befand. Tietz war ein Warenhaus-Großkonzern mit mehr als 40 Filialen und 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Warenhauskonzern Tietz wurde „arisiert“ und firmierte fortan unter dem Namen „Westdeutsche Kaufhof AG“. Gerhard Tietz gelang mit seiner Familie die Flucht nach England wo er und seine Frau Ende der 1970er Jahre verstarben.

ag