Das Archivfoto zeigt Claus Wesselsky. | Foto: via dts nachrichtenagentur

Köln, Berlin | 136 Stunden dauert der aktuelle Bahnstreik, so kündigte es die Gewerkschaft GDL an. Dafür gibt es viel Kritik und die Rufe nach einer Schlichtung, Moderator oder Vermittlerrolle werden lauter.

Weselsky weist Kritik an Streik zurück

Der Chef der Bahngewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat Kritik an der Länge des Bahnstreiks zurückgewiesen. „Das ist verhältnismäßig, das ist zulässig, das ist rechtmäßig“, sagte Weselsky dem „Stern“ am Mittwoch. „Das hat das Gericht so entschieden.“

Die Verantwortung für die Situation und den Streik sieht er bei der Leitung der Deutschen Bahn. Nicht die Eisenbahner würden verantworten, „dass das System am Boden liegt“, so Weselsky. „Das verantwortet das Management.“

Auch das neue Angebot der Bahn lehnt der Gewerkschaftschef ab. „Man kommt uns wenige Millimeter entgegnen. Wir sehen, dass man die 37 Wochenstunden zwar anbietet, aber gleichermaßen einschränkt: Nämlich dann, wenn nicht genügend Personal da ist“, sagte Weselsky. „So verhandeln wir nicht.“ Außerdem enthalte das Angebot eine ganze Reihe von Gegenforderungen, „die das derzeitige Tarifsystem verschlechtern, weil sie die Menschen flexibilisieren“.

Mit der Kritik an seiner Person hat der GDL-Chef eigenen Angaben zufolge kein Problem. „Es ist nicht so, dass der Weselsky streikt.“ Zehntausende Eisenbahner streikten in diesen sechs Tagen, sagte er.

Seit Mittwochmorgen läuft der längste Streik im Personenverkehr der Deutschen Bahn. Er soll bis Montagabend 18 Uhr andauern. Es gibt zwar wieder einen „Notfahrplan“, dieser sichere aber „nur ein sehr begrenztes Zugangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr“, wie die Deutsche Bahn mitteilte.

Der Konzern hat allen Fahrgäste angeboten, ihre für Mittwoch bis Montag geplante Reise zu verschieben. Die Zugbindung bei den Sparpreis-Tickets ist aufgehoben, die Fahrkarten können zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt genutzt werden, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.

Union will de Maizière als Vermittler im Bahnstreik

Im festgefahrenen Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL bringt die Union jetzt den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) als Vermittler ins Gespräch. „Thomas de Maizière brächte alle Qualitäten mit, um auch den Knoten zwischen Bahn und GDL zu lösen“, sagte Ulrich Lange (CSU) der „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe).

Lange erinnerte daran, dass der ehemalige Innenminister im letzten Jahr erfolgreich zwischen der Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geschlichtet habe. Zugleich sagte der CSU-Politiker: „Verkehrsminister Wissing darf sich nicht länger wegducken und muss jetzt aktiv dafür sorgen, dass es zu einem Schlichtungsverfahren kommt.“

Gefordert sei auch Bahnchef Richard Lutz, schließlich habe die GDL mit anderen Bahnverkehrsunternehmen bereits eine Einigung gefunden. „Es ist immer unverständlicher, warum das mit dem Konzern von Herrn Lutz nicht gelingt“, sagte Lange.

Zuvor hatte sich der Fahrgastverband Pro Bahn für den früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) als Schlichter ausgesprochen. Er hat schon mehrfach zwischen Bahn und GDL vermittelt. „Matthias Platzeck wäre sicherlich geeignet, um eine Schlichtung durchzuführen“, sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß der „Rheinischen Post“.

Pro Bahn: Platzeck soll wieder zwischen Bahn und GDL vermitteln

Der Fahrgastverband Pro Bahn bringt den früheren brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) als möglichen Vermittler im Tarifkonflikt zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn ins Spiel. „Matthias Platzeck wäre sicherlich geeignet, um eine Schlichtung durchzuführen“, sagte der Bundesvorsitzende Detlef Neuß der „Rheinischen Post“ (Donnerstagsausgabe).

Platzeck verfüge über die notwendige Erfahrung im Umgang mit Tarif-Auseinandersetzungen, ergänzte er. „Eine Schlichtung ist jetzt ausgesprochen notwendig. Die Konfliktparteien müssen endlich zusammenkommen.“

Man unterstütze daher auch die Aufforderung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) an beide Seiten, ein Schlichtungsverfahren nicht länger auszuschließen, sagte Neuß.

Platzeck hatte bereits mehrfach zwischen Deutscher Bahn und GDL vermittelt, zuletzt im Jahr 2020. Auch fungierte der SPD-Politiker im Tarifstreit zwischen der Lufthansa und der Flugbegleiter-Gewerkschaft als Schlichter. Die Lokführergewerkschaft bestreikt noch bis einschließlich Montag die Deutsche Bahn.

Habeck ruft zu Kompromissbereitschaft im Bahnstreik auf   

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat zu Beginn des sechstägigen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL vor „massiven Folgen“ für die Wirtschaft gewarnt. „Das Streikrecht ist ein hohes Gut, aber ein so langer Streik hat massive Folgen für den Güterverkehr und die Wirtschaft und ist für Bahnfahrer eine Zumutung“, sagte Habeck den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

„Ich würde mir da dringend Kompromissbereitschaft wünschen“, fügte er hinzu. Die Mitglieder der GDL haben im Tarifstreit mit der Deutschen Bahn bis einschließlich Montag ihre Arbeit niedergelegt. Zuletzt hatten beide Parteien gegenseitige Angebote ohne weitere Verhandlungen abgelehnt.

Forsa: Verständnis der Bürger für GDL-Streik gleichbleibend   

Auch wenn der laufende Streik der Lokführergewerkschaft GDL der bislang längste in der Geschichte der Bahn ist, bleibt das Verständnis der Bürger für den Arbeitskampf auf stabilem Niveau. 41 Prozent von ihnen haben Verständnis für den Streik der Lokführer, wie aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für das „Trendbarometer“ der Sender RTL und ntv hervorgeht. Zu Beginn des Tarifkonflikts im November 2023 waren es noch 40 Prozent.

58 Prozent haben aktuell kein Verständnis für den Ausstand, im Vergleich zu 56 Prozent im November. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen hat gar eine Mehrheit von 66 Prozent Verständnis für den Streik.

13 Prozent der Bundesbürger halten es für angemessen, dass die Lokführergewerkschaft das jüngste Angebot der Bahn abgelehnt hat und nicht in weitere Tarifverhandlungen eingestiegen war. 82 Prozent fordern die Gewerkschaft dazu auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Das Streikrecht für bestimmte Berufsgruppen wie Lokführer oder Piloten einzuschränken, halten allerdings 28 Prozent der Befragten für richtig, 70 Prozent sind dagegen.

Ein knappes Drittel der Befragten (31 Prozent) musste wegen der GDL-Streiks auf eine geplante Zugfahrt verzichten oder auf ein anderes Verkehrsmittel umsteigen. Besonders betroffen waren Bewohner von Städten mit mindestens einer halben Million Einwohnern (43 Prozent), am wenigsten die Bewohner von Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern (24 Prozent).

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat für die Umfrage 1.005 Bürger befragt. Die Erhebung fand am 22. und 23. Januar statt.