Hermann von Weinsberg, im Jahr 1539 als Kölner Ratsherr im Alter von 22 Jahren. Die Zeichnung stammt von Meister Johann aus der Werkstatt Bartholomäus Bruyn dem Älteren (Zeughaus Köln). Zeichnung: gemeinfrei

Köln | Die Chronisten aus dem Jahr 1540 berichten, dass praktisch 11 Monate lang in Mitteleuropa kein Regen fiel, die Temperaturen über 40 Grad kletterten und die Flüsse wie der Rhein auf ein Rekordtief fielen. Der Wein in diesem Jahr 1540 hatte Ausnahmequalitäten.

Der Kölner Ratsherr und Chronist Hermann von Weinsberg berichtet in seinem Liber Juventutis über das Jahr 1540 und was damals in Köln passierte.

Dank Hermann von Weinsberg und seinen – heute würde er wahrscheinlich einen Blog schreiben – Büchern, wissen wir viel über den Alltag in dieser Zeit in Köln. Für das Jahr 1540, in dem sich eine Megadürre durch eine Omega-Wetterlage über Mitteleuropa ausbreitete, berichtet Weinsberg aus Köln. Auch die aktuelle Hitzewelle ist einer Omega-Wetterlage geschuldet, da die dicken Regenwolken vom Atlantik her Kontinentaleuropa nicht erreichen können. Sie werden durch die Omega-Wetterlage sozusagen blockiert.

Das berichtet Weinsberg aus Köln im Jahr 1540

Weinsberg schreibt in seinen Chroniken: „Anno 1540 ist ein uberaus hitziger somer gewesen, als in manicher zit nehe gehort ader gesehen war. Das grass verdorret allenthalben, das vil beisten storben, die stein schinen den leuten uff der gassen under ougen, als weren sei fol feurs, die leute zerriben die angesichte, Bd.1, S.150 [104] das sei wie uissetzige sahen, die putzen worden gemeinlich druge, alle wasser worden klein, das die nachparn vur dem brande eigne wacht anstalten, der Rhein wart so klein, das einer bei Mulhem under Coln dardurch reit. Ich hab auch einen van den mullen vur Coln sehen abstigen und ein glass vol weins an das droge wert Die Insel unterhalb des Bayenthurms bis zur Holzmarktpforte, welche auf dem Prospekte der Stadt Köln von Anton Woensam von Worms von 1531 zu sehen ist.sehen brengen ungeletzt des wassers. Das gemois im felde verdarf insgemein vur drogden;“

Weinsberg berichtet über die ungewöhnliche Hitze, die bisher so nicht gekannt war. Das Gras verdorrt, die Steine in den Gassen so heiß wie Feuer und die Nachbarn hielten Brandwache. Der Rhein hatte so wenig Wasser, dass einer bei Köln-Mülheim durch den Fluss ritt. Die Insel unterhalb des Bayenthurms verlandet und das Gemüse auf den Feldern verdarb vor Trockenheit.

Weiter schreibt Weinsberg: „Es hat auch diss jar van pinsten bis in den augst nit geregent. Und disse hitzige zit hat nit wenich geholfen zu der sterbden, dan die gassen stonken van dem uisgeschotten unflat uis den spoilsteinen und anderswahe“

Hier berichtet Weinsberg davon, dass es von Pfingsten bis in den August hinein nicht regnete und die Stadt wegen des Unrats stank.

Die Menschen betranken sich mit Wein und lagen in der Gosse wie „Schweine“

Zum Alkoholkonsum der Kölner:innen im Jahr 1540 schreibt Weinsberg: „Anno 1540, als der wein diss jars von wegen des hitzigen somers und herbst uberaus stark, seus, gut und fil gewassen und gutten kauf wolfeil worden, hat sich das folk zu dem drinken und swelgen begeben, das folk hat sich also seir uberschutt mit wein, das sei uff der straissen, hin und widder an den hecken gelegen haben wie die swein, und disse gutte wolfeile wein haben fil geselschaft gemagt, auch under uns studenten, das mir dermassen samen drunken, das einer nach dem andern moist tasten. Ich quam auch umb disse zit an das drinken, weinte mich drin, und wiewol ich fast fil weins drank und zemlich fil vermogt und vertragen mogt, das ich mich zemlich im drunk halten kunt, das ich nehe fil so drunken gewesen, ich bin bei verstant pliben, noch dannest hab“

Was Weinsberg hier beschreibt ist, dass das Jahr 1540 einen besonderen Wein hervorbrachte und die Kölner:innen sich damit wild betranken und im Weingenuss schwelgten. Die Kölner:innen sprachen dem Wein so stark zu, dass sie in den Straßen und an den Hecken lagen, wie „Schweine“. Weinsberg schreibt, dass auch er in diesem Jahr mit seinen Kommilitonen stark dem Wein zusprach, aber bei Verstand blieb.

Ausfälle, wie sie Weinsberg beschreibt, sind in diesem Sommer in der aktuellen Hitzewelle 2022 in Köln noch nicht beobachtet worden.

Hinweis der Redaktion – Die Abschriften Weinsbergs sind entnommen: Die autobiographischen Aufzeichnungen Hermann Weinsbergs — Digitale Gesamtausgabe verfügbar unter http://www.weinsberg.uni-bonn.de