Bonn | aktualisiert 15:45 Uhr | Nach den neuen Ausschreitungen durch radikalislamische Salafisten in Bonn ist gegen einen mutmaßlichen Islamisten wegen dreifachen versuchten Mordes an Polizisten Haftbefehl erlassen worden. Der 25-jährige Türke aus Hessen räume den Angriff auf zwei Polizeibeamte ein, sagte der Bonner Oberstaatsanwalt Robin Faßbender am Montag der Nachrichtenagentur dapd. Eine Tötungsabsicht bestreite er aber. Der Mann sei wegen gefährlicher Körperverletzung polizeibekannt.

15:45 Uhr > Karikaturen-Verbot gescheitert

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft forderte heute ein Verbot der islamkritischen Karikaturen. Hierbei musste die Landesregierung jedoch einen Dämpfer einstecken. Das Verwaltungsgericht Minden hob ein gegen Pro NRW verhängtes Verbot, die Karikaturen zu zeigen, kurz vor Beginn der Kundgebung in Bielefeld auf. Es sei nicht genügend erkennbar, „dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch das Zeigen dieser Karikaturen mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet wäre“, entschieden die Richter. Laut Polizei verlief eine Gegendemonstration in Bielefeld mit etwa 800 Teilnehmern friedlich, obwohl erneut Mohammed-Karikaturen gezeigt worden wären.

Die Union sprach sich dafür aus, das Demonstrationsrecht sowohl für gewaltbereite Salafisten als auch für provozierende Pro-NRW-Anhänger zu beschränken. Gewalttätige Salafisten müssten in die Schranken gewiesen werden, damit sich die Situation nicht immer weiter hochschaukele, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagesfraktion, Günter Krings. Auch die Linke zeigte sich empört. „Pro NRW provoziert im laufenden Landtagswahlkampf in unerträglicher Weise mit muslimfeindlichen Kundgebungen vor Moscheen“, sagte die Innenexpertin der Linke-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke. Durch ihre Reaktion hätten die Salafisten der Masse der Muslime einen Bärendienst erwiesen. Kay Wegermann, stellvertretender Landesvorsitzende des Bund Deutscher Kriminalbeamter, erklärte: „Es müssen Konsequenzen folgen. Einerseits gilt es, gewalttätige muslimische Extremisten zu fassen und deren Handeln zu beenden. Andererseits sind die Gerichte aufgefordert, nun endlich die Anordnungen zu billigen, wonach das provozierende Zeigen von “Mohammed-Karikaturen“ unter Anderem durch Vertreter von Pro NRW untersagt wird.“

12:41 Uhr > Kraft will Druck „maximal erhöhen“

Bei der Eskalation am Samstag vor einer saudi-arabischen Schule soll er zwei Polizisten per Messerstich schwer verletzt haben. Eine weitere Attacke soll gescheitert sein. Die beiden verletzten Polizisten mussten operiert werden und sind außer Lebensgefahr. Insgesamt waren 29 Polizisten verletzt worden. Mehr als 100 Personen wurden festgenommen. Die Lage war außer Kontrolle geraten, als Anhänger von Pro NRW erneut umstrittene Mohammed-Karikaturen hochgehalten hatten.

Die Staatsanwaltschaft geht sowohl bei der Gewaltaktion in Solingen am Dienstag als auch bei der in Bonn von geplanten Aktionen aus. Dem auf einem Video festgehaltenen Tatgeschehen zufolge handele es sich um gezielte Angriffe auf Polizeibeamte, sagte Faßbender. Am Montag und Dienstag sollte es weitere Kundgebungen von Pro NRW in Nordrhein-Westfalen geben.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kündigte am Montag ein striktes Durchgreifen an. „Wir werden diese Angriffe auf den Rechtsstaat und unsere Polizisten nicht dulden und den Druck sowohl gegen Pro NRW als auch gegen die Salafisten maximal erhöhen“, sagte Kraft der „Bild“-Zeitung (NRW-Ausgaben vom Montag). Dazu gehörten Platzverbote für gewalttätige Salafisten. Anhänger der rechten Splitterpartei Pro NRW sollten islamkritische Karikaturen nicht mehr zeigen dürfen.

Muslime verurteilen Gewalt

Der Zentralrat der Muslime hält die Einflussmöglichkeiten auf Salafisten für gering. „Der Einfluss auf Extreme und Extremisten ist in der Tat überschaubar“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, dem Radiosender „WDR2“. Die mehrheitlich friedlich lebenden Muslime und die große Mehrheit der Bevölkerung würden deren Verhalten ablehnen. „Wir verurteilen die Gewaltanwendung bei der Gegendemonstration in aller Form und distanzieren uns ausdrücklich von den Extremisten, die meinen, Selbstjustiz anzuwenden oder die Polizei anzugreifen.“

Autor: Fabian Wahl, dapd | Foto: Hermann J. Knippertz/dapd
Foto: Das Foto zeigt Gegendemonstranten bei der Pro-NRW Karikaturenaktion