In der Kölner Dombauhütte werden derzeit vier Fenster von Notre-Dame restauriert. Foto: Dombauhütte/J. Rumbach

Köln | In der Kölner Dombauhütte werden vier Kirchenfenster der französischen Kathedrale Notre-Dame restauriert.

Der Kölner Dombaumeister Peter Füssenich erinnert sich noch genau an den 15. April 2019. „Ich saß am Schreibtisch, als die Nachricht vom Brand in Notre-Dame kam. Ich war gleichermaßen entsetzt und berührt. Das Geschehen habe ich bis in die Nacht am Fernseher verfolgt. Man hat in Paris gesehen, wie empfindlich solche Baudenkmäler sind und wie schnell das Werk vieler Generationen zerstört werden kann.“

Die Kathedrale habe einen hohen historischen und emotionalen Wert. „Notre-Dame war Vorbild für viele gotische Kathedralen in Europa. Auch Meister Gerhard hat sich bei seinen Plänen für den Kölner Dom sicher von Paris inspirieren lassen.“

2024 soll es in Notre-Dame wieder Gottesdienste geben

Inzwischen laufen die Arbeit zum Wiederaufbau von Notre-Dame auf Hochtour. Bereits 2024 sollen dort Gottesdienste und Besichtigungen wieder stattfinden können. Möglich ist dies dadurch, dass Menschen weltweit das Projekt unterstützen. Bereits einen Tag nach der Brandkatastrophe rief der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet als deutsch-französischer Kulturbeauftragter gemeinsam mit der deutschen Unesco-Kommission zur Spendenaktion „NRW für Notre-Dame“ auf.

Bislang sind so eine halbe Million Euro zusammengekommen. Auch der Zentral-Dombau-Verein sammelte in einer eigenen Aktion 200.000 Euro für das Pariser Gotteshaus. Der Schwerpunkt der Hilfe konzentriert sich auf die in Mitleidenschaft gezogenen Fenster der Kathedrale, die für die Sicherungsarbeiten am Gebäude ausgebaut werden mussten.

Ministerpräsident Hendrik Wüst, die Präsidentin der deutschen Unesco-Kommission Maria Böhmer, Armin Laschet und der französische Botschafter Francois Delattre (v.l.) auf der Domplatte. Foto: Bopp

Vier Obergadenfenster wurden von Paris zur Dombauhütte nach Köln transportiert, wo diese derzeit gereinigt und restauriert werden. Vom Stand der Arbeiten überzeugten sich am Montagvormittag NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, sein Vorgänger Armin Laschet, der französische Botschafter Francois Delattre und die Präsidentin der deutschen Unesco-Kommission Prof. Maria Böhmer. Dombaumeister Peter Füssenich führte die Delegation durch die Glaswerkstatt.

100 Quadratmeter Fensterfläche werden restauriert

„Bei den vier Fenstern haben wir es mit einer Gesamtfläche von etwa 100 Quadratmetern zu tun. Die Fenster wurden nach ihrem Eintreffen bei uns zunächst in einer extra eingerichteten Dekontaminationskammer behutsam vom beim Brand des Daches entstandenen Bleistaub befreit. Anschließend folgte eine genaue Dokumentation der Schäden und der Maßnahmen, um diese zu beheben.“

Diese Arbeiten sind inzwischen komplett abgeschlossen. „Bei der eigentlichen Restaurierung werden derzeit die Oberflächen schonend vom Schmutz gereinigt, Sprünge im Glas geklebt, Brüche im Bleinetz gelötet und dort, wo es nötig ist, die Randbleie erneuert. Zum Abschluss der Restaurierung werden die Fensterpaneele an der Außenseite neu verkittet. Das sind alles Arbeiten, die wir von den Kölner Domfenstern kennen und die bei den Fenstern aus den 1960er Jahren auch routinemäßig angestanden hätten“, erläutert Füssenich.

Hohen Besuch bekamen die Glasrestauratoren der Dombauhütte am Montagvormittag. Foto: Dombauhütte/J. Rumbach

Der Wiedereinbau der vier Fenster in Paris wird vor Ort durch die Kölner Dombauhütte mit Unterstützung von französischer Seite im kommenden Frühjahr erfolgen. Insgesamt sechs Mitarbeiter der Dombauhütte sowie vier externe Experten, darunter auch ein Glasmaler, sind bei den Fenstern im Einsatz.

Zum Team gehört auch die Französin Elodie Schneider, für die im Rahmen des Projektes extra eine neue Stelle in der Dombauhütte geschaffen wurde. Die Anreise von Frankreich nach Köln unternahm die Glasrestauratorin übrigens mit dem Fahrrad. Die Brandkatastrophe in Paris hatte sie damals noch als Praktikantin der Dombauhütte von Köln aus erlebt.

Die Fenster sind Kunstwerke von Jacques Le Chevallier aus dem Jahr 1965

Die vier Obergadenfenster sind Kunstwerke des französischen Glasmalers, Grafikers und Kupferstechers Jacques Le Chevallier aus dem Jahr 1965. Sie zeigen abstrakte Formen, in denen neben hellen Gläsern Blau- und Rottöne dominierten. Die mittelalterlichen Farben wurden von dem Glaskünstler modern interpretiert. Für die Restaurierung der gesamten Fenster von Notre-Dame sind insgesamt acht spezialisierte Werkstätten zuständig.

„Der Brand der Kathedrale hat uns alle tief getroffen. Eines der bedeutendsten Wahrzeichen der französischen Hauptstadt und Europas in Flammen zu sehen, war schmerzhaft und erschütternd. Umso wichtiger war das unmittelbare Signal aus Nordrhein-Westfalen: Beim Wiederaufbau kann sich Frankreich auf die Unterstützung unseres Landes verlassen. Die Spendenaktion war gelebte europäische Solidarität und steht symbolhaft für die tiefe deutsch-französische Freundschaft“, erklärt Ministerpräsident Wüst.

Vor 180 Jahren unterstützten Pariser Bürger die Vollendung des Kölner Doms

Für die Koordination der deutschen Hilfen für Notre-Dame war die frühere Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner zuständig. „Wir hatten schon am Tag nach der Katastrophe das erste Treffen in der Dombauhütte und waren dann auch mehrfach vor Ort in Paris. Feststand von Anfang an, dass wir das gespendete Geld nicht nur überweisen, sondern etwas Konkretes damit verbinden wollen. So fiel der Fokus auf die Restaurierung der vier Fenster in Köln.“

Die aktuelle Hilfsaktion in NRW für den Wiederaufbau der Kathedrale Notre-Dame hat übrigens ein historisches Pendant: Vor gut 180 Jahren gründeten in Paris Bürger einen Verein, der Geld für die Vollendung des Kölner Doms gesammelt hat. Den Vorsitz hatte der gebürtige Düsseldorfer Heinrich Heine.