Heiner Kockerbeck, Fraktionsvorsitzender der Linken im Kölner Rat bei einem Interview im Studio von report-K zur Kommunalwahl 2020.

Köln | Die städtische Verwaltung wollte die Kurt-Tucholsky-Hauptschule in eine Gesamtschule umwandeln. Dem machte das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt einen Strich durch die Rechnung, die die Hauptschule erhalten werden und später eine Umwandlung prüfen wollten. Der Fraktionsvorsitzende Heiner Kockerbeck argumentiert sachlich, kritisiert aber auch scharf.

Der Schulausschuss hat es jetzt so beschlossen, die Gesamtschule in Neubrück wird zunächst nicht aus der Kurt-Tucholsky-Hauptschule entstehen. Das Ratsbündnis begründet seine Entscheidung unter anderem mit dem Votum der Schulkonferenz und der Bezirksregierung. Die Erziehungsgewerkschaft GEW hatte vor dem Wochenende noch einmal eindringlich für die Umwandlung geworben, gerade vor dem Hintergrund, dass 980 Schüler:innen vergangenes Jahr bei ihrem Wechsel auf eine weiterführende Schule in Köln an Gesamtschulen abgewiesen wurden.

Die Linke stellt heraus, dass sich im vergangenen Jahr von sich aus 35 Schüler:innen durch ihre Eltern an der Kurt-Tucholsky-Hauptschule angemeldet haben. Im Jahr davor nur 29. Diese Zahlen sprechen nicht unbedingt für eine große Beliebtheit der Schulform Hauptschule bei Kindern und Eltern. Und jetzt kommt der Dreh warum die Neubrücker Hauptschule am Ende doch auf akzeptable Schüler:innen-Zahlen kommt. Sie muss die Kinder aufnehmen, die vom Gymnasium fliegen. Erst dann erreicht sie Sollstärke. Nun ist nicht bekannt wie viele dieser Kinder von Anfang an lieber auf eine Gesamtschule gehen wollten, aber es ist davon auszugehen, dass es doch einige sein könnten.

Um es auf den Punkt zu bringen: Das ist dreigliedriges Schulsystem. Die Kinder sind gerade einmal 12 Jahre alt, niemand kann vorhersagen wie sich diese Kinder einmal entwickeln. Anstatt ihnen alle Chancen offen zu halten, werden sie abgewickelt auf die unterste Schulform. Denn da sind ja Plätze frei. Und vergessen werden darf nicht: Was für einer psychologischen Belastung werden diese Kinder ausgesetzt?

Jetzt bleibt die Kurt-Tucholsky-Hauptschule also bestehen. Das Ratsbündnis will lediglich prüfen lassen, ob eine neue Gesamtschule am Herkenrathweg möglich ist. Heiner Kockerbeck, Sprecher der Fraktion, erklärt hierzu in einer schriftlichen Erklärung: „Das Regierungsbündnis von Grünen, CDU, Volt kann jetzt nicht mehr behaupten, es würde alles für den Ausbau von Gesamtschulen tun. Stattdessen sagen sie in ihrem Antrag, die Hauptschule sei Erfolgsmodell in Sachen Bildungsgerechtigkeit. Das widerspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Immer mehr Eltern und Kinder bewerben sich in Köln und NRW in den letzten Jahren an Gesamtschulen. Sie wissen, dass ihrem Kind im System Gesamtschule mehr Möglichkeiten offen stehen.“

Dann rechnet die Linke im Rat vor: Die Gesamtschule, die aus der Kurt-Tucholsky-Hauptschule entstanden wäre, hätte in der Sekundarstufe I 216 Plätze und der Oberstufe 234 Plätze zusätzlich bedeutet: Summa summarum: 450 zusätzliche Plätze.

Noch einmal Heiner Kockerbeck: Die Kurt-Tucholsky-Hauptschule kommt erst auf die notwendigen Schülerzahlen, weil im Laufe der Jahre hauptsächlich Gymnasien bis zu ein Zehntel ihrer Schüler*innen von der Schule werfen. Und das, obwohl Nordrhein-Westfalen seine Schulen eigentlich zu einer Kultur des Behaltens aufruft! Deswegen liegt der Verdacht nahe, dass es dem Regierungsbündnis eher darum geht, es Gymnasien weiterhin zu ermöglichen unbequeme Schüler loszuwerden. Die jährlich über 3.300 Eltern, die für ihr Kind bessere Startchancen in einer Gesamtschule sehen, haben dagegen das Nachsehen. Denn eine umgewandelte Gesamtschule würde 2023 starten. Wann hingegen eine neue Gesamtschule geplant und fertig gebaut sein könnte, steht in den Sternen. Schulpolitik gegen Bildungsbenachteiligung sieht anders aus!“

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