Köln | Am Donnerstag entscheidet der Kölner Rat über den Umgang mit Grundstücken im Eigentum der Stadt Köln. Werden Grundstücke für den Geschosswohnungsbau, also Mehrfamilienhäuser nur noch im Erbbaurecht vergeben?
Die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung sieht dies vor und spicht davon, dass der Verkauf städtischer Grundstücke für den Geschosswohnungsbau vorrangig im Verfahren Erbbaurecht erfolgen solle. Ob damit die 6.000 Wohnungen, die in Köln jährlich gebaut werden müssten, entstehen bleibt fraglich. Dazu kommt seit 20 Tagen der Krieg in der Ukraine und eine Welle von Flüchtlingen, die Migrationsforscher als sehr groß einschätzen. Diese Menschen benötigen Wohnraum.
Das steht in der Vorlage der Stadtverwaltung
Erbbaurechte für Grundstücke, auf denen Mehrfamilienhäuser gebaut werden können, müssen, wenn der Rat am Donnerstag einen entsprechenden Beschluss fasst, diese Kriterien erfüllen:
Die Vorhaben müssen 30 Prozent geförderten und 20 Prozent preisgedämpften Wohnungsbau realisieren. Dann gilt für 60 Jahre ein Erbbauzinssatz von 1,5 Prozent und ab dem 61. Jahr ein Zinssatz von 4 Prozent. Nach Auslaufen der Förderung bei geförderten Wohnungen darf bis 60 Jahre nach Start des Erbbaurechts die Miete nur gemäß der Wohnraumförderbestimmungen angehoben werden.
Eigentümer dürfen im preisgedämpften Wohnraum maximal eine Kaltmiete von 10 Euro pro Quadratmeter verlangen. 60 Jahre lang sind mögliche Mieterhöhungen an den Verbraucherpreisindex gebunden. Immerhin macht die Stadt den Bauherren und Eigentümern keine Vorgaben für Mieten bei den freifinanzierten Wohnungen, allerdings unterliegen diese den gesetzlichen Regelungen und damit etwa der Mietpreisbremse. Die Auflagen werden in Vertragsform im Grundbuch eingetragen.
Die Laufzeit legt die Stadt auf 80 Jahre fest. Die Stadt schließt eine Verlängerung nicht aus, schränkt diese aber ein. Die Wertanpassung des Erbbauzinses erfolgt am Verbraucherpreisindex. Die Erbbaurechte können bis maximal 70 Prozent beliehen werden. Die Aufbauten auf dem Grundstück werden zu 80 Prozent nach ihrem Verkehrswert nach Ablauf der zeitlichen Bindung entschädigt. Auf den Grundstücken, die per Erbbaurecht vergeben werden, darf kein Wohneigentum gebildet werden.
Ist das Erbbaurecht wirklich die Lösung?
Die Frage, die sich stellt ist, wird das Erbbaurecht für Geschosswohnungsbau dazu führen, dass die dringend benötigten Wohnungen in Köln entstehen? Und es stellt sich die Frage welche Ziele die Stadt und der Rat damit erreichen wollen. Sollen Menschen Eigentum schaffen können oder Mieter bleiben. Es wäre nicht das erste Mal, dass die kommunale Politik und Verwaltung Weichen stellt, die gerade im Wohnungsbau nicht dazu führt, dass dieser in Köln, wie in anderen Städten, etwa in Hamburg, gefördert wird.
Da ist zunächst einmal die Ermittlung des sogennanten nutzungsorientierten Verkehrswertes, der die Basis zur Ermittlung zu entrichtenden Erbbauzinses darstellt. Oft verkauft die Stadt, so Immobilienexperten, die Grundstücke über dem Marktwert und auch ein Zins von 1,5 Prozent pro Jahr für das Grundstück mit einer Steigerung auf Basis des Lebenshaltungskostenindex ist nicht gerade günstig. Zudem soll dieser ab dem 61. Jahr spontan auf 4 Prozent pro Jahr steigen. Damit einher geht die Frage, ob das Erbbaurecht sich für große Player im Wohnungsbau rechnen wird, selbst für Genossenschaften oder Big Player wie die städtische GAG. Denn es gibt schon Einschränkungen: 20 Prozent der neuen Wohnungen müssen im preisgedämpften und 30 Prozent im öffentlich geförderten Wohnungsbau bei Neubauvorhaben errichten werden. Was passiert dann mit den restlichen 50 Prozent und wie entwickelt sich hier die Miete und welche Marktmöglichkeiten ergeben sich hier für Investoren?
Der Erbbauzins von 1,5 Prozent, den die Stadt für die Vergabe ihrer Grundstücke fordert, ist an den Lebenshaltungskostenindex gebunden. Bei der aktuellen Inflation steigt dieser. Er steigt auch über den Zeitraum, für den das Grundstück beansprucht wird. Das steht aber in keinem Verhältnis mit der Steigerung der Mietpreise, die nicht an den Lebenshaltungskostenindex gebunden sind, sondern im frei finanzierten Bereich politisch mit einer Mietpreisbremse belegt werden und bei den öffentlich geförderten mit einer Erhöhung von nur 1,5% auf die Ursprungsmiete angepasst werden. Hier geht eine Schere auf, die zudem durch allgemeine politische Ereignisse, wie etwa die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine oder andere Einflussfaktoren bestimmt wird, auf die der Investor keinen Einfluss hat. Diese können zudem schlecht kalkuliert oder vorhergesehen werden. Sind das gute Bedingungen, um Investoren für den Geschosswohnungsbau nach Köln zu locken?
Ein weiterer Faktor ist die niedrigere Beleihungsgrenze in Höhe von 70 Prozent bei Grundstücken, die der Erbpacht unterliegen. Damit wird die Finanzierung teurer. Nach 80 Jahren soll das Erbbaurecht bereits auslaufen, wobei etwa Kirchen oft 99 Jahre vereinbaren. Und nach Zeitablauf will die Stadt den Eigentümern des Gebäudes 80 Prozent dessen Wertes ersetzen. Warum nicht 100 Prozent des Verkehrswertes? Die Stadt nennt hierfür keine Begründung. Und welche Auswirkungen hat dies auf Pflege und Instandhaltung des Gebäudebestandes in den Jahren vor Auslaufen der Erbpachtbindung?
Die Stadt Köln und der Rat der Stadt Köln wollen sich diese Woche zur Erbpacht bekennen. Aber was ist mit Menschen, die Eigentum – vor allem eine Eigentumswohnung im Geschosswohnungsbau – erwerben wollen und sich so absichern möchten? Wird die Stadt Köln dies noch auf ihren Grundstücken ermöglichen?
In Deutschland ist die Wohneigentumsquote innerhalb der OECD am zweitniedrigsten. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Wohnungspolitik, die hierzulande Anreize für das Mieten schafft. In einem Fazit einer Studie, die sich auch auf der Seite der Deutschen Bundesbank befindet, schreiben die Wissenschaftler Leo Kaas, Georgi Kocharkov, Edgar Preugschat, Nawid Siassi: „Wohnungspolitik verfolgt typischerweise eine ganze Reihe von Zielen, und sie hat sowohl Wohlfahrts- als auch Verteilungseffekte. Unsere Analyse zeigt, dass die Wohnungspolitik die Wohneigentumsquote und damit mittelbar auch die Vermögensungleichheit erheblich beeinflussen kann. Ein gewichtiger Teil der im Ländervergleich niedrigen Wohneigentumsquote in Deutschland kann durch eine relativ hohe Grunderwerbssteuer, die fehlende steuerliche Abzugsmöglichkeit von Hypothekenzinsen für Eigennutzer und den sozialen Wohnungsbau erklärt werden.“